Wie Städte auch bei Hitze cool bleiben
Julia Schoierer berät Kommunen dabei, ihre Bevölkerung besser vor den Folgen der Klimakrise zu schützen.
Julia Schoierer berät Kommunen dabei, ihre Bevölkerung besser vor den Folgen der Klimakrise zu schützen.
Der Klimawandel setzt uns allen zu – im Sommer spüren wir das inzwischen am eigenen Leib. Gerade in Städten erschwert die Hitze den Alltag und wird nicht selten zum Gesundheitsrisiko. Rekordtemperaturen werden zur Norm, tropische Nächte rauben uns den Schlaf, Hitzewellen fordern tausende Menschenleben.
Dr. Julia Schoierer erforscht an der Poliklinik und am Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin des Klinikums der LMU, wie sich die Klimakrise auf unsere Gesundheit auswirkt. Sie hat den HitzeService mitentwickelt – ein Online-Portal, das Kommunen hilft, sich auf Hitzewellen vorzubereiten und an die Folgen des Klimawandels anzupassen.
„Unser Kreislauf muss an heißen Tagen den Körper herunterkühlen – und das kostet Energie“, erklärt die LMU-Medizinpädagogin. Besonders die Mittags- und Nachmittagsstunden seien nicht die Zeit für körperliche oder geistige Höchstleistungen. In südlicheren Ländern kennt man das schon länger, in Deutschland müssen wir das noch lernen.
Schulen sollten deswegen flexibel sein, den Unterricht zum Beispiel in den Pausenhof verlagern, oder kühle Waschlappen verteilen, wenn es in den Klassenzimmern zu stickig wird. Arbeitgeber können es ihren Angestellten leichter machen, indem sie flexible Arbeitszeiten ermöglichen, Abkühlungsräume schaffen, anstrengende und stressige Aufgaben verschieben und bei extremen Temperaturen auch mal den Betrieb herunterfahren. Das verhindert auch Unfälle und Streit, weil Hitze unsere Kognition vernebelt und die Aggressivität steigert.
Julia Schoierer
Zur Wahrheit gehört aber auch: Das ist nicht überall möglich. Polizei, Pflege und Feuerwehr können bei extremer Hitze nicht einfach die Arbeit niederlegen. Im Gegenteil: Sie werden gerade dann besonders gebraucht. Für Menschen, die in diesen Bereichen des öffentlichen Lebens arbeiten, müssen andere Lösungen gefunden werden – erhöhte Personalschlüssel und kürzere Schichten zum Beispiel.
Wasser wird in Zeiten des Klimawandels zu einer wertvollen Ressource: „Es ist ein wahres Wundermittel im Kampf gegen die Hitze“, weiß Schoierer. Weil wir viel zusätzliches Wasser verlieren, wenn wir schwitzen, ist es sehr wichtig, ausreichend zu trinken. Sonst drohen Dehydrierung, Hitzschlag und Nierenprobleme. Städte können ihre Bevölkerung schützen, indem sie den Zugang zu kostenlosem Trinkwasser erleichtern und beispielsweise öffentliche Trinkwasserbrunnen einrichten.
Julia Schoierer
„Wasser kühlt aber nicht nur unseren Körper, sondern auch ganze Kommunen ab“, so Schoierer. „Ein Fluss, Bach, Stadtsee oder auch ein Springbrunnen ist im Sommer ein Segen für das Stadtklima und eine erfrischende Oase für die Einwohner.“ Auch hier können Gemeinden ansetzen und sich durch aktive Stadtplanung an veränderte Bedingungen anpassen.
Bei Hitze ist es wichtig, sich immer wieder mal an solchen kühlen Orten aufzuhalten – an Gewässern, unter Bäumen, oder dort, wo es künstliche Beschattung gibt. Städte werden lebenswerter und sicherer, wenn sie solche Rückzugsräume schaffen und ausweiten. In öffentlichen Straßen kann man beschattete Sitzgelegenheiten einrichten, Haltestellen und Wartezonen überdachen.
„Mit geschickter Stadtplanung können wir Maßnahmen ergreifen, die das Stadtklima insgesamt verbessern“, sagt die Expertin. Durch das Freihalten von Frischluftschneisen werde zum Beispiel kühle Luft aus dem Umland in die Innenstadtgebiete geleitet und die von Gebäuden und Infrastruktur gespeicherte Wärme abtransportiert. Großflächige Grünbereiche wie Wiesen, Felder, Brachland, Gartenland und Wälder gelten als solche Kaltluft-Generatoren.
Generell sorgt Stadtgrün für Abkühlung: Fassaden und Dächer können begrünt, Bäume gepflanzt und Parks ausgeweitet werden. Die Versiegelung von Flächen hingegen ist Gift für das Stadtklima, sagt Julia Schoierer. „Asphalt oder Steinplatten speichern Hitze. Wo immer möglich sollten wir unsere Städte also entsiegeln.“
Julia Schoierer
Gebäude sollten möglichst clever gebaut und ausgestattet sein, sodass sie sich im Sommer nicht zu sehr aufheizen. Das gilt nicht nur für Wohnhäuser, sondern auch für Schulen, Krankenhäuser, Altenheime, Büros und Behörden. Das richtige Baumaterial, klimafreundliche Kühlsysteme und eine passende Dämmung können einen großen Unterschied machen.
Alle Tricks gegen die Überhitzung bringen nichts, wenn keiner sie kennt. Mit niedrigschwelligen Aufklärungskampagnen, Infoportalen oder Übersichtskarten können Städte ihren Einwohnern dann helfen, indem sie ihnen zeigen, wo in der Stadt die Hitze am unerträglichsten ist, wo es sich am besten aushalten lässt, wo die öffentlichen Trinkbrunnen stehen und Toiletten zu finden sind. Sie können warnen, wenn eine Hitzewelle bevorsteht oder darüber informieren, was an heißen Tagen zu beachten ist. Wichtig hierbei: Die Informationen so aufbereiten, dass sie auch wirklich für jeden zugänglich und verständlich sind – egal wie alt man ist oder welche Sprache man spricht.
Personal, das mit der Hitze oder ihren Folgen zu tun hat, muss geschult werden – zum Beispiel Pflege- und Lehrkräfte oder Betreiber von Sportstätten. Einige Gruppen sind besonders gefährdet: Alte Menschen und Kleinkinder, akut oder chronisch Erkrankte, Schwangere und ihre ungeborenen Kinder. Und Beschäftigte, die der Hitze besonders ausgesetzt sind, oder ihr nicht entkommen können. Wichtig ist auch, an diejenigen zu denken, die kein Dach über dem Kopf haben: Wohnungs- und Obdachlose. Sie sind durch Hitze besonders gefährdet, da sie sich die meiste Zeit im Freien aufhalten und keinen sicheren und geschützten Rückzugsort haben.
Es gibt also einige Möglichkeiten, die man als Kommune hat, um besser mit Hitze umzugehen. Wenn Städte diese Maßnahmen ernst nehmen und befolgen, können sie während Extremwetterlagen die Gesundheit ihrer Bevölkerung schützen und Menschenleben retten. Das wird in Zukunft immer wichtiger – denn die Sommer werden heißer.