551. Stiftungsfest der LMU: Promovenden und Habilitanden ausgezeichnet
30.06.2023
In diesem Jahr bekommen acht Nachwuchsforscherinnen und -forscher Förderpreise der Münchener Universitätsgesellschaft verliehen.
30.06.2023
In diesem Jahr bekommen acht Nachwuchsforscherinnen und -forscher Förderpreise der Münchener Universitätsgesellschaft verliehen.
Das Stiftungsfest gibt Gästen der Universität auch einen Einblick in das breite Spektrum der Forschung an der LMU. Alljährlich steht beim Stiftungsfest der LMU insbesondere die Nachwuchsförderung im Mittelpunkt. Einige herausragende Promotionen und Habilitationen werden daher mit dem Förderpreis der Münchener Universitätsgesellschaft ausgezeichnet
Dr. Camila Back, Fakultät für Betriebswirtschaft, wird für ihre Arbeit „The Behavioral Economics of Digital Customer-Firm Interactions“ ausgezeichnet.
In ihrer Dissertation untersucht Camila Back, wie sich die Digitalisierung der Interaktionen zwischen Kunden und Unternehmen auf das Verhalten der Kunden auswirkt. Im Fokus stehen dabei automatisierte digitale Interaktionsformen wie Chatbots oder Empfehlungssysteme, die es Kunden erleichtern, sich kaufrelevante Informationen zu besorgen. Back beschäftigte sich mit der Frage, inwieweit diese digitalen Interaktionsformen die Qualität der Konsumentenentscheidungen verbessern und wie sie letztlich die Kundenzufriedenheit beeinflussen. Den theoretischen Rahmen bildete die Verhaltensökonomie, ein an der Schnittstelle zwischen Psychologie und Ökonomie angesiedelter Bereich.
Camila Back arbeitet derzeit als Managerin im Bereich Business to Partners (B2P) bei der Telefónica Germany GmbH & Co. OHG.
Dr. Angelo Caravano, Fakultät für Physik, wird für seine Arbeit „Simulating the inflationary Universe: from single-field to the axion U(1) model“ ausgezeichnet.
Auf den riesigen Skalen, die sich über das beobachtbare Universum erstrecken, fügen sich Galaxien zusammen und bilden die so genannte großräumige Struktur. Wie aber ist diese Struktur entstanden? Nach der derzeitigen Theorie sind mikroskopische Quantenfluktuationen unmittelbar nach dem Urknall, die sich während der sogenannten Inflationsphase im ersten winzigen Sekundenbruchteil auf makroskopische Skalen ausdehnten, für diese Struktur verantwortlich. Lange Zeit ließ sich diese frühe Phase nur mit analytischen, mathematischen Näherungsmethoden beschreiben. In seiner Dissertation hat Angelo Caravano nun erstmals die statistische Verteilung der Anfangsfluktuationen mithilfe umfangreicher Computersimulationen präzise berechnet. Sein neuartiger Ansatz überträgt erfolgreich Methoden aus der Teilchenphysik, sogenannte Gittersimulationen, auf das frühe Universum. Caravanos Simulationen liefern präzise Vorhersagen, die sich auch mit astrophysikalischen Beobachtungen abgleichen lassen und bereits zur Interpretation von Daten aus Satellitenmissionen verwendet werden.
Angelo Caravano arbeitet derzeit als Postdoc in der Gruppe von Prof. Jochen Weller an der LMU und parallel in der Arbeitsgruppe von Eiichiro Komatsu am Max-Planck-Institut für Astrophysik.
Dr. Carola Focke, Medizinische Fakultät, erhält einen Promotionsförderpreis der Münchener Universitätsgesellschaft (MUG) für ihre Arbeit „Neuroinflammation und ihr prädiktiver Einfluss auf die kognitive Leistung im Alzheimer-Mausmodell“.
Im Gehirn von Alzheimer-Patienten können Immunzellen sowohl schützende als auch schädigende Auswirkungen haben. Deshalb ist es wichtig, die Entzündungsreaktion im Gehirn – die sogenannte Neuroinflammation – besser zu verstehen. Dazu hat Carola Focke in ihrer Dissertation mithilfe bildgebender Verfahren wesentlich beigetragen. Im Mausmodell konnte sie einen engen Zusammenhang zwischen Glucosestoffwechsel und der Aktivität von Immunzellen im Gehirn im Rahmen des physiologischen Alterns nachweisen. Zudem zeigte Focke in einer Verlaufsstudie, dass die Neuroinflammation signifikant mit der späteren kognitiven Leistung korrelierte. Diese Erkenntnisse bestätigen die wichtige Rolle der Neuroinflammation in der Pathophysiologie der Alzheimer-Krankheit und eröffnen neue diagnostische und therapeutische Möglichkeiten.
Carola Focke arbeitet aktuell als klinische Wissenschaftlerin in der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie am Universitätsklinikum Freiburg.
Dr. Cornelius Fritz, Fakultät für Mathematik, wird für seine Doktorarbeit „Statistical approaches to dynamic networks in society“, die er mit summa cum laude abgeschlossen hat, mit einem Promotionsförderpreis der MUG ausgezeichnet.
Wenn viele Menschen miteinander interagieren, sind diese Beziehungen nicht unbedingt unabhängig voneinander, sondern häufig hochkomplex. Das macht ihre statistische Untersuchung zu einer besonderen Herausforderung. In seiner Dissertation befasst sich Cornelius Fritz mit der Untersuchung solcher dynamischen Netzwerke im Bereich der Sozialwissenschaften. Im Rahmen dieser Arbeit hat er insgesamt 13 wissenschaftliche Publikationen in den Fachbereichen Statistik, Network Science, Statistiksoftware und Politikwissenschaften veröffentlicht. Er war Mitglied der COVID-19 Data Analysis Group (CODAG @ LMU) und leistete im Zuge dessen wichtige wissenschaftliche Beiträge während der Coronapandemie. Hierbei quantifizierte er zum Beispiel, inwieweit unterschiedliche Mobilitätsmuster zu einer Reduktion der Infektionszahlen geführt haben. Außerdem konnte er im April 2021 empirisch nachweisen, dass Schulen keine Infektionstreiber sind.
Cornelius Fritz arbeitet derzeit als Postdoctoral Fellow am Department for Statistics der Pennsylvania State University.
Dr. Maurice Fürstenberg (geb. Hüttemann), Fakultät für Sprach- und Literaturwissenschaften, wird für seine Arbeit „Kommakompetenzen im Vergleich. Eine empirische Untersuchung zur Kommasetzung in eigenen und fremden Texten“ ausgezeichnet.
Wie gut beherrschen Schülerinnen und Schüler die Kommasetzung? Und macht es einen Unterschied, ob sie die Satzzeichen in eigenen Texten integrieren oder in einen fremden Text einsetzen sollen? Maurice Hüttemann hat das in seiner Dissertation an rund 650 Schülerinnen und Schülern der Gymnasialklassen 8 und 9 untersucht – eine nicht nur akademische Frage. Denn die Fähigkeiten, in eigenen und fremden Texten Kommata zu setzen, korrelieren nur schwach, so fand er heraus. Und das wiederum stellt durchaus die Aussagekraft standardisierter Erhebungsmethoden für Schulleistungstests infrage – zumindest für den Bereich der Kommasetzung. Zu den Ergebnissen der Arbeit gehört auch, dass Schülerinnen und Schüler nicht übermäßig viele Kommata falsch setzten, sondern dass sie sie oft nicht setzten, wo sie notwendig sind.
Maurice Fürstenberg ist derzeit Studienreferendar für die Fächer Deutsch und Sport an einem Gymnasium in Schweinfurt.
Dr. Theresa Steeb, Medizinische Fakultät, wird für ihre Arbeit „Evidenzbasierte und patientenorientierte Therapieentscheidungen bei aktinischer Keratose“ mit einem Promotionsförderpreis der MUG ausgezeichnet.
Die aktinische Keratose ist eine häufig vorkommende Hautveränderung, die als Vorstufe für hellen Hautkrebs gilt. Um die Entstehung von Krebs zu verhindern, wird sie mit unterschiedlichen Methoden behandelt. Diese werden häufig kombiniert, um die Effizienz zu steigern, allerdings existierten bisher nur wenige abgesicherte Erkenntnisse hierzu. Um die Entscheidungsfindung zu verbessern, hat Theresa Steeb in ihrer Dissertation mithilfe systematischer Literaturrecherchen eine Meta-Analyse zur Wirksamkeit der Kombinationstherapien durchgeführt und besonders wirksame Methoden ermittelt. Darüber hinaus hat sie die deutsche S3-Leitlinie zur Behandlung der aktinischen Keratose als die beste Leitlinie weltweit identifiziert und die Motivation sowie Erwartungen an die Therapie aus Patientensicht untersucht. Durch ihre Arbeit liegt nun wissenschaftliche Evidenz für verschiedene Kombinationstherapien vor, die in diese Leitlinie aufgenommen wurden und damit direkte Konsequenz für die dermatologisch-therapeutische Praxis haben.
Theresa Steeb ist derzeit als Medical Advisor bei dem Pharmaunternehmen Exeltis Germany GmbH in Ismaning tätig.
PD Dr. Eva Oberloskamp, Fakultät für Geschichts- und Kunstwissenschaften, bekommt für ihre Arbeit „Energie, Umwelt, Markt. Diskurse und politisches Handeln in der Bundesrepublik Deutschland und im Vereinigten Königreich, 1970er- und 1980er-Jahre“ einen Habilitationsförderpreis.
Die Energiewende ist eine Vokabel der Stunde. Doch ist die Diskussion darum nicht die erste ihrer Art. Und sie hat eine Vorgeschichte, die ihrerseits mit einer Zäsur in den frühen 1970er-Jahren beginnt. Eva Oberloskamp hat in ihrer Habilitation die Energie- und Umweltdebatten zwischen 1970 und 1990 untersucht. Ihr Vergleich von Diskursen und politischem Handeln in der alten Bundesrepublik und im Vereinigten Königreich stellt Ähnlichkeiten, aber auch fundamentale Unterschiede heraus, etwa im Bereich der Kohle- und Atompolitik. Die Autorin zeichnet nach, wie sich in beiden Staaten unterschiedliche Pfadabhängigkeiten bei dem Versuch entwickelten, Ökonomie und Ökologie, Wachstum und Schonung der Ressourcen auszutarieren. Beide Staaten, so zeige sich, wiesen tendenziell ähnliche CO2-Bilanzen der Energiesektoren auf. Insgesamt habe sich – trotz aller Unterschiede – in beiden Staaten ein „ökologisch-marktliberaler Modernisierungskurs“ gegenüber klassisch-wachstumsaffinen oder wachstumskritischen Wegen durchgesetzt.
Eva Oberloskamp ist wissenschaftliche Geschäftsführerin der Forschungsstelle am Institut für Zeitgeschichte München – Berlin zur Aufarbeitung des Anschlags auf die israelische Olympia-Mannschaft von 1972.
PD Dr. Susanne Zöls, Tierärztliche Fakultät, erhält einen Habilitationsförderpreis der Münchener Universitätsgesellschaft (MUG) für ihre Arbeit „Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration“.
Männliche Ferkel ohne Betäubung zu kastrieren ist in Deutschland seit 2021 aus Tierschutzgründen gesetzlich verboten. Daraus haben sich bisher ungeklärte Fragen ergeben, wie Wirtschaft und Politik in Zukunft mit diesem Thema umgehen sollen. Diesen Fragen widmet sich Susanne Zöls in ihrer Arbeit. Sie hat im Rahmen ihrer kumulativen Habilitationsschrift verschiedene Studien durchgeführt, die sich beispielsweise mit der Wahl geeigneter Narkosen beschäftigen, oder der Möglichkeit, ganz auf einen chirurgischen Eingriff zu verzichten. Sie gibt dabei klare Handlungsempfehlungen für anzustrebende politische Umsetzungsmaßnahmen. Damit leistet Zöls einen erheblichen Beitrag zum Tierschutz und verbesserten Haltungsbedingungen bei einem der bedeutsamsten Nutztiere der deutschen Landwirtschaft.
Susanne Zöls arbeitet als Akademische Oberrätin am Lehrstuhl für Innere Medizin des Schweines und ist Fachtierärztin an der Klinik für Schweine der LMU.