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Akkordarbeit am Nano-Fließband

18.01.2018

Ein Forscherteam der LMU und TUM stellt im Fachmagazin Science eine neue, elektrische Antriebstechnik für Nano-Roboter vor. Damit lassen sich molekulare Maschinen hunderttausendmal schneller bewegen als mit den bisher genutzten biochemischen Prozessen.

Auf, ab, auf, ab. Im Gleichtakt schwingen die Lichtpunkte hin und her. Erzeugt werden sie von leuchtenden Molekülen, die an der Spitze winziger Roboterarme fixiert sind. Ein Mausklick genügt, um die Lichtpunkte in eine andere Richtung wandern zu lassen. Durch das Anlegen elektrischer Felder lassen sich die Arme beliebig in der Ebene drehen Don Lamb, Professor am Department Chemie der LMU, und Friedrich Simmel, Inhaber des Lehrstuhls für Physik Synthetischer Biologischer Systeme an der TU München, stellen diese neue Antriebstechnik für Nanomaschinen aktuell im Fachmagazin Science vor. Dem Team ist es gelungen, Nano-Roboter elektrisch zu steuern und einen Rekord aufzustellen: Die neue Antriebstechnik ist 100.000-mal schneller ist als alle bisherigen Methoden.

Weltweit arbeiten Wissenschaftler an neuen Technologien für die Nano-Fabriken der Zukunft. Hier sollen eines Tages wie am Fließband biochemische Proben analysiert oder medizinische Wirkstoffe hergestellt werden. Die dafür notwendigen Miniatur-Maschinen lassen sich bereits kostengünstig mit Hilfe der Origami-Technik herstellen. Bislang arbeiten diese molekularen Maschinen jedoch nur sehr langsam. Durch Zugabe von Enzymen, DNA-Strängen oder mithilfe von Licht werden die Bausteine aktiviert und können bestimmte Aufgaben ausführen, beispielsweise Moleküle aufnehmen und transportieren. Dafür benötigen herkömmliche Nano-Roboter allerdings Minuten, manchmal auch Stunden. Eine effiziente molekulare Fließbandarbeit lässt sich mit diesen Methoden kaum realisieren.

Roboterbewegung unterm Mikroskop

„Um nanotechnische Produktionslinien aufzubauen, braucht man eine andere Antriebstechnik. Unsere Idee war es, auf das biochemische Schalten der Nano-Maschinen völlig zu verzichten und stattdessen die Wechselwirkung der DNA-Strukturen mit elektrischen Feldern zu nutzen“, sagt Friedrich Simmel. Das Prinzip hinter der neuen Antriebstechnik ist einfach: DNA-Moleküle enthalten negative Ladungen. Durch Anlegen elektrischer Felder lassen sich die Biomoleküle daher bewegen. Theoretisch ist es damit möglich, Nano-Roboter aus DNA mit Hilfe von Stromimpulsen zu steuern.

Um herauszufinden, ob und wie schnell sich die Roboterarme parallel zu einem elektrischen Feld ausrichten, fixierten die Forscher Nano-Roboterarme auf einem Glasträger und platzierten diesen in einen speziell dafür entwickelten Probenhalter mit elektrischen Kontakten. Jede einzelne der Miniatur-Maschinen besteht aus einer starren Grundplatte von 55 mal 55 Nanometern, auf der sich, verbunden durch ein flexibles Gelenk aus ungepaarten Basen, ein 400 Nanometer langer Arm befindet. Der Aufbau sorgt dafür, dass sich der Arm in der Horizontalen beliebig drehen kann.

Um die Funktion solcher winzigen Maschinen überhaupt sichtbar zu machen, bedarf es modernster Mikroskopie und Analysemethoden. Das gelang in Kooperation mit Fluoreszenz-Spezialisten um LMU-Chemiker Don Lamb. Die Forscher markierten die Spitzen der Roboterarme mit Farbstoffmolekülen und verfolgten deren Bewegung mit einem Fluoreszenz-Mikroskop. Computergesteuert änderten sie die Richtung des elektrischen Feldes. Auf diese Weise konnten die Forscher die Orientierung der Arme beliebig einstellen und Bewegungsvorgänge vorgegeben.

Die neue Steuerungstechnik eignet sich nicht nur, um Farbstoffe oder Nano-Partikel hin und her zu bewegen. Die Arme der Miniatur-Roboter können auch Kräfte auf Moleküle ausüben. Diese Wechselwirkung lässt sich beispielsweise für die Diagnostik und für die Pharmaentwicklung nutzen. Science 2018

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