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Anpassung von Pflanzen: Im Netzwerk der Reaktionsräume

09.02.2021

LMU-Pflanzenwissenschaftler Thomas Nägele untersucht die Reaktion von Pflanzen auf erhöhte Kohlendioxid-Konzentrationen auf der Ebene einzelner Zell-Kompartimente.

Modellpflanze Arabidopsis thaliana.

Bildnachweis: IMAGO / Blickwinkel

Pflanzen nutzen Kohlendioxid und Wasser, um durch Photosynthese Biomasse und Sauerstoff zu erzeugen. Da Photosynthese und Stoffwechsel eng verknüpft sind, müssen sie auf Änderungen der Umweltbedingungen sehr schnell reagieren, um Zelltod und Gewebeschädigungen zu vermeiden. Wie diese lebenswichtigen Prozesse in der Zelle gesteuert werden, ist bisher nur bedingt verstanden, weil sie nicht differenziert genug betrachtet werden konnten: Pflanzenzellen sind stark kompartimentiert, das heißt, sie enthalten viele voneinander abgegrenzte Reaktionsräume, in denen Stoffwechselprozesse ablaufen. Zu diesen Kompartimenten gehören etwa die membranumschlossenen Chloroplasten und Mitochondrien, aber auch das Zytoplasma. Im Rahmen des neuen DFG-Projekts „Subzelluläre Analyse der Dynamik metabolischer Netzwerke bei hoher CO2 Konzentration“ will der LMU-Biologe Thomas Nägele in Kooperation mit Kollegen der Universität Stuttgart und des Max-Planck-Instituts für molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam-Golm nun die Stoffwechseldynamik nach Kompartimenten getrennt untersuchen und sich so ein genaueres Bild machen, wie pflanzlicher Stoffwechsel auf erhöhte atmosphärische CO2-Gehalte reagiert.

Im Fokus stehen dabei drei Enzyme, die in unterschiedlichen Kompartimenten lokalisiert sind. Die Wissenschaftler wollen durch eine Kombination verschiedener biochemischer und genetischer Methoden untersuchen, welche Rolle diese Enzyme bei erhöhten CO2-Konzentrationen für den pflanzlichen Stoffwechsel spielen und die Regulation der metabolischen Netzwerke aufklären. Um diese Stoffwechseldynamik zu analysieren, wird Nägele wird mit seinem Team mithilfe von Hochdurchsatzanalysen die Gesamtheit der Stoffwechselprodukte und Proteine in verschiedenen Kompartimenten gleichzeitig bestimmen. Außerdem werden die LMU-Wissenschaftler die im Projekt erhobenen Daten mithilfe von maschinellem Lernen auswerten und statistische Methoden zur Mustererkennung einsetzen. „Unser Ziel ist es, hochdimensionale Daten mit mehreren tausend Variablen biochemisch und physiologisch sinnvoll zu interpretieren“, sagt Nägele. „Dazu verwenden wir Lernalgorithmik, sogenanntes Deep Learning, denn die den Daten zugrundeliegenden biochemischen Netzwerke sind sehr komplex organisiert.“

Wie Pflanzen – und damit auch ganze Ökosysteme – auf steigende CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre reagieren, können Wissenschaftler derzeit noch nicht verlässlich abschätzen. Nägele hat bereits in früheren Arbeiten gezeigt, dass bestimmte molekulare Schalter und Enzyme an der Stoffwechselantwort einer Pflanze auf erhöhte CO2-Konzentration beteiligt sind. „Nun wollen wir die genaue molekulare Funktion dieser Schalter herausfinden“, sagt Nägele. „Damit können wir möglicherweise auch neue Optionen für technische oder züchterische Anwendungen eröffnen, beispielsweise um CO2 effizient aus der Atmosphäre zu entfernen.“

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