Die Fragen der jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer brachten die politischen Verantwortlichen auf der LCYO-Bühne manchmal gehörig ins Schwitzen. Münchens damalige Zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden erzählte bei der Eröffnungsrede von der drohenden Klimakatastrophe, den Auswirkungen auf die Landeshauptstadt und den Erfolgen der Rathauspolitik – beispielsweise durch neue Radwege, die Elektrifizierung von Bussen und Dachbegrünung. „Aber warum gibt es noch keine grüne Welle für Radfahrende“, fragte eine Teilnehmerin. „Die Straßenverkehrsordnung ist weiterhin auf eine autogerechte Stadt ausgelegt“, antwortete Habenschaden. „Führt die Politik der Grünen in der Bundesregierung manchmal zu persönlichem Widerspruch?“, hakte ein anderer Teilnehmer nach. „Relativ oft“, räumte die Bürgermeisterin ein. Viele Entscheidungen würden nicht bis zur kommunalen Ebene gedacht.
Auch bei der Diskussionsrunde zum aktuellen Stand der deutschen Klimapolitik nahm das Publikum die Vertreterinnen und Vertreter der Bundestagsfraktionen ordentlich in die Mangel. Nachdem diese lange erklärt hatten, warum umweltschädliche Subventionen wie die Pendlerpauschale aus sozialen Aspekten nicht einfach abgeschafft werden können, zeigten ihnen die jungen Menschen eine Alternative auf. Kerosin und Flugreisen müssen momentan nämlich nicht versteuert werden. „Wenn das geändert würde, ständen sofort zehn Milliarden Euro zur Verfügung, die in den Ausbau der Schiene und eine bessere Subventionierung des öffentlichen Personennahverkehrs investiert werden könnten“, so die einhellige Meinung. Die Parteien verwiesen auf europäische Zuständigkeiten, mächtige Lobbys und mögliche Ausweichrouten der Fluggesellschaften zulasten der Steuereinnahmen und der Umwelt.
Verkrustete Strukturen aufbrechen
Es sind genau solche verkrusteten Strukturen, die LCOY mit ihrer bereits sechsten Klimakonferenz durch die frischen Ideen junger Menschen aufbrechen möchte. „Sie können die treibende Kraft für politische Veränderung sein“, erklärt LMU-Physikstudent Julian Hirschmann. Er ist einer der rund 60 Organisatorinnen und Organisatoren. Nach Konferenzen in Kassel, Heidelberg und Lüneburg sollte es dieses Mal in den Süden Deutschlands gehen. „Wir haben deshalb die LMU angesprochen und freuen uns sehr, dass die Kooperation mit dem BMC zustande gekommen ist.“ Dadurch waren dieses Jahr auch viele Dozierende von der LMU als Speaker dabei. Beispielsweise sprach Didaktikerin Professorin Sabine Anselm über nachhaltige Bildung, Geograf Professor Ralf Ludwig über Klimamodellierung, Biologe Professor Jochen Wolf über Biodiversität, Kommunikationswissenschaftler Bernhard Goodwin über Umweltkommunikation und Soziologin Svenja Spyra über Umweltaktivismus.
„Uns war es wichtig, alle Bereiche des Klimawandels auf der Konferenz abzubilden“, berichtet Maya Bukowski, die im zweiten Mastersemester Interkulturelle Kommunikation an der LMU studiert. Von neuen Entwicklungen aus der Forschung zu CO2-Reduktion über Kompetenzen in der Bildung und welche Hebel junge Menschen in der Hand haben, um die Zukunft zu ändern bis Klimawandel in der Kunst sei bei den 250 Beiträgen so ziemlich alles dabei gewesen. Entsprechend vielfältig waren auch die Gäste jenseits der LMU, beispielsweise Comedian Moritz Neumeier, der Wissenschaftler Niko Paech, Ex-Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, der baden-württembergische Finanzminister Danyal Bayaz, verschiedene Bundestagsabgeordnete und über 300 weitere Gäste. Neben den Vorträgen, Lesungen und Kamingesprächen gab es für die 1.200 Teilnehmenden auch ein entspanntes Programm mit „Meet&Speed“ zum Kennenlernen, Live-Musik, Karaoke-, Spiele- und Filmabenden. „Wer will, konnte sich auch dafür entscheiden, einfach mal Party zu machen“, unterstreicht Lukas Nanos, der im siebten Semester Gymnasiallehramt an der LMU studiert. Man dürfe auch bei einem ernsten Thema Spaß haben.
Ergebnisse gehen an die UN-Klimakonferenz
Hirschmann, der sich schon seit 2019 bei LCOY und zusätzlich bei weiteren Klima-Organisationen engagiert, feiert die diesjährige Konferenz als Erfolg. „Das wichtigste Ergebnis ist zweifellos, dass viele junge Menschen neue Ideen und Kontakte gewonnen haben und sich damit weiter für das Klima einsetzen oder erstmalig damit beginnen.“ Aber auch die vielen Speaker nähmen Anregungen und Begegnungen mit, die sie sonst nicht gehabt hätten. Die Ergebnisse sollen jetzt an deutsche Entscheidungsträgerinnen und -träger verschickt werden. Da LCOY offiziell von der YOUNGO, der globalen Kinder- und Jugendorganisation in der Klimarahmenkonvention, anerkannt ist, werden Ergebnisse auch an die globalen Conference of Youth und UN-Klimakonferenz weitergegeben – wo sie hoffentlich von vielen älteren Menschen gelesen und gehört werden.