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Der Bienensprache auf der Spur

09.10.2017

Der Bienentanz ist ein Klassiker der Verhaltensforschung. Jetzt haben LMU-Wissenschaftler erstmals neuronale Schaltkreise untersucht, mit denen die Insekten die darin codierten Informationen wahrnehmen.

Kehrt eine Honigbiene von nektarreichen Blüten zum Stock zurück, informiert sie dort wartende Sammlerbienen mithilfe des Schwänzeltanzes, wo die Futterquelle liegt. Dabei spielen die Dauer und die Richtung des Tanzes eine wichtige Rolle. Wie ihre Artgenossen diesen Tanz dechiffrieren können, obwohl es im Stock dunkel ist, zeigt eine Studie der LMU-Neurowissenschaftler Thomas Wachtler und Ajayrama Kumaraswamy. In Kooperation mit japanischen Kollegen um Hiroyuki Ai (Universität Fukuoka) haben sie Nervenzellen untersucht, die auf die Vibrationen reagieren, die die Biene beim Schwänzeltanz erzeugt. Ihre Ergebnisse, über die die Wissenschaftler im Fachmagazin Journal of Neuroscience berichten, ermöglichen erstmals einen Einblick in die Art und Weise, wie diese kommunikativen Reize im Bienengehirn verarbeitet werden.

Während des Schwänzeltanzes schlägt die Biene mit ihren Flügeln und verursacht lokale Luftströme. Ihre Artgenossen nehmen diese mit ihren Antennen als Vibrationspulse wahr. Dabei “hören“ sie quasi stereo: Die Vibrationspulse kommen zu leicht unterschiedlichen Zeiten an den beiden Antenne an, sodass die Richtung des Pulses aus dieser Zeitdifferenz bestimmt werden kann. In ihrer Untersuchung konnten die Wissenschaftler nun im auditorischen System der Biene einen bestimmten Typ von Neuronen (DL-dSEG-LP) identifizieren, der Signale von beiden Antennen erhält. Deshalb vermuten sie, dass diese Neuronen für die Wahrnehmung der Richtung zuständig sind.

„Außerdem haben wir zwei weitere Typen von Neuronen im auditorischen System der Biene näher untersucht. Es war grundsätzlich bekannt, dass sie Vibrationen der Antennen wahrnehmen, aber nicht, welche Rolle sie bei der Decodierung des Schwänzeltanzes spielen“, sagt Wachtler. Die Wissenschaftler konnten jetzt zeigen, dass diese Neuronen miteinander in Verbindung stehen und spezifisch die Dauer der Pulsvibration registrieren, die Informationen über die Entfernung zum Futter liefert.

„Mithilfe der experimentellen Daten unserer japanischen Kollegen haben wir an der LMU ein Modell entwickelt, mit dem wir den neuronalen Schaltkreis zum Registrieren der Tanzdauer simulieren konnten“, sagt Kumaraswamy. „Unsere Simulationen spiegeln die experimentellen Ergebnisse gut wider. Das zeigt, dass der neuronale Schaltkreis, den wir aufgrund der Eigenschaften der Nervenzellen vermuten, plausibel ist.“ Die untersuchten Neuronen sind offensichtlich genau auf die Vibrationen des Schwänzeltanzes eingestellt: In den Simulationen zeigten sie nur bei Frequenzen, wie man sie beim Schwänzeltanz findet, ein Verhalten wie in der Natur. „Unsere Arbeit ist ein erster Schritt, um die neuronalen Mechanismen bei der Decodierung des Schwänzeltanzes aufzudecken“, sagt Wachtler. „Die nächste spannende Frage ist nun, wie diese Signale im Gehirn der Biene weiter verarbeitet werden.“Journal of Neuroscience 2017

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