News

Deutschlandstipendiat Jakob Sturm: Trotz Einschränkungen zu Bestleistungen

28.12.2022

Jakob Xaver Sturm hat eine Seh- und Hörbehinderung. Er wollte beweisen, dass Menschen mit körperlichen Einschränkungen exzellente Leistungen zeigen können – mit Erfolg. Jetzt hilft der Deutschlandstipendiat dabei, für die Krankheit zu sensibilisieren.

Jakob Sturm

Deutschlandstipendiat Jakob Xaver Sturm

engagiert sich für andere, gibt zum Beispiel Nachhilfe für Kinder mit Migrationshintergrund. | © Jan Greune / LMU

Jakob Sturm wurde von der 5. bis zur 13. Klasse Jahrgangsstufenbester, beendete sein Abitur mit 1,0 und wurde von seiner Fachoberschule (FOS) für die beste Leistung in der Ausbildungsrichtung Wirtschaft und Verwaltung 2021 aller bayerischen FOS-Schülerinnen und -Schüler ausgezeichnet. Das schaffen nicht viele Menschen, erst recht nicht aus einem Nichtakademikerhaushalt. Hinzu kommt: Der 20-Jährigen, der inzwischen im dritten Semester Wirtschaftspädagogik an der LMU studiert, kämpft zusätzlich mit dem Usher-Syndrom. Dabei handelt es sich um eine Kombination aus Seh- und Hörbehinderung, die nicht behandelbar ist.

Jakob Sturm war von Geburt an schwerhörig und auf Hörgeräte angewiesen. Seine Probleme mit den Augen begannen als Teenager. Wenn die Sehzellen weiter absterben, wird aus dem aktuellen Tunnelblick, dem schwachen Kontrastsehen und der Nachtblindheit völlige Blindheit. Ob und wann das der Fall sein wird, lässt sich nicht sagen: Jeder Fall verläuft unterschiedlich anders. „Manchmal wäre es schon schön, zumindest Gewissheit zu haben“, sagt Sturm.

Im Hörsaal trägt der gebürtige Münchner eine Brille. Schon vor der Energiekrise hoffe er zusätzlich immer auf gute Lichtverhältnisse, um möglichst viel zu erkennen.

Jakob Sturm ist zwar froh, wieder in Präsenz studieren zu können. Während Corona habe er sich mit Motivation und Disziplin oft schwergetan. „Aber einen Vorteil gab es“, sagt er. Beim Digitalunterricht konnte er die Schriftarten vergrößern, kontrastreichere Farben wählen und Onlinevorlesungen zurückspulen oder heranzoomen. Er hofft daher, dass der Hybridunterricht beibehalten wird.

Deutschlandstipendiaten wie Jakob Sturm engagieren sich für andere

Jakob Sturm ist froh, dass er beweisen kann, dass auch Menschen mit körperlichen Einschränkungen exzellente Leistungen zeigen können. Angespornt hatten ihn seine Eltern, daraufhin entwickelte er einen inneren Ehrgeiz. Geholfen hat ihm auch das schulische Umfeld: Mit 12 Jahren wechselte er auf eine spezielle Schule für Hörgeschädigte. „Außerdem stand ich immer in Konkurrenz zu meiner Schwester, die trotz des Usher-Syndroms auch studieren wollte“, sagt Sturm und lacht. Der permanente Druck, es allen zu beweisen, habe ihm in schwierigen Lebenssituationen allerdings auch ziemlich zu schaffen gemacht

Trotzdem engagiert sich der 20-Jährige zusätzlich auch im sozialen Bereich. Aktuell hilft er zum Beispiel bei einem Nachbarschaftstreff, wo er Grundschulkinder mit Migrationshintergrund bei den Hausaufgaben unterstützt. „Ich weiß einfach, wie es ist, auf Hilfe angewiesen zu sein“, begründet er sein Engagement. Außerdem könne er so schon einmal etwas üben. Durch sein Nebenfach Englisch hat Jakob Sturm die Möglichkeit, nach seinem Master auch an der Berufsoberschule zu unterrichten.

Des Weiteren gibt er gemeinsam mit seiner Schwester Online-Fortbildung für Lehrkräfte zum Thema Digitalisierung und Inklusion an Schulen und Universitäten. „Dort können wir über unsere Krankheit und die Beeinträchtigungen in Schul- und Studienalltag aufzuklären“, erklärt Jakob Sturm. Beispielsweise bräuchte es für eine bessere Akustik schalldichte Wände, Hörschleifen in jedem Raum und allgemein mehr Inklusionstutorien. Sollte er die Lehrerlaufbahn wählen, will er dazu an Schulen verstärkt Seminare anbieten.

Das Deutschlandstipendium an der LMU unterstützt den Studenten auf seinem Lebensweg. „Es ist ein finanzieller Beitrag, der meine und die Eigenständigkeit anderer Menschen mit Behinderung fördert“, betont er. Er sei sehr dankbar, dass es solche Stipendien gebe. Jetzt hofft der angehende Wirtschaftspädagoge, dass er nächstes Jahr weiter gefördert wird. Grund: „2023 will ich bei meinen Eltern ausziehen, um ein Stück neue Selbstständigkeit zu gewinnen“, sagt der 20-Jährige.

Wonach suchen Sie?