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Ein Programm für die Praxis

12.04.2023

Studierende aus 12 Ländern haben dieses Jahr an den internationalen Oncology und Neurology Winter Schools der Medizinischen Fakultät Einblicke in den Klinikalltag gewonnen.

Takumi Fujii und Hana Hozjan kommen gerade von einem Vormittag auf der onkologischen Station – sie haben gemeinsam mit Ärztinnen und Ärzten am Klinikum Großhadern Patientinnen und Patienten besucht, Diagnosen diskutiert und praktische Erfahrungen gesammelt. „Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben jemandem Blut abgenommen,“ erzählt Takumi. Nach einer Mittagspause in der Mensa warten eine Röntgenkonferenz und ein Expertenvortrag.

Takumi und Hana sind Teilnehmende der Oncology Winter School, die die Medizinische Fakultät jedes Jahr für zehn internationale Studierende und zehn Studentinnen und Studenten der LMU ausrichtet. Parallel findet die Neurology Winter School statt, in diesem Jahr mit insgesamt acht Teilnehmenden.

Hana Hozjan (University of Maribor, Slowenien), Linus Claußnitzer (LMU München), Cristian Corrêa Vilches (Universidade Estadual Paulista "Júlio de Mesquita Filho", Brasilien), Takumi Fujii (Yokohama City University, Japan), Hanna Thurisch (LMU) und Avni Singh (Charles University, Tschechien) bei der Winterschool mit PD Dr. med. Claudia Nußbaum (LMU).

© Stephan Hoeck

Ein Leuchtturmprojekt

„Die Winter Schools an der LMU sind für mich ein wirkliches Leuchtturmprojekt,“ sagt Dr. Christian Braun, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Leiter der Max Eder Junior Research Group am Dr. von Haunerschen Kinderspital und seit diesem Jahr neuer Leiter der Medizinischen Austauschprogramme an der LMU. „Der interkulturelle Lernaspekt und das Training in kleinen Gruppen machen das Programm zu etwas Besonderem. Hier werden Studierende aus unterschiedlichen Ländern in direkten Kontakt gebracht mit erfahrenen Ärztinnen und Ärzten. Und sie haben die Möglichkeit, Patientinnen und Patienten direkt in der Klinik zu sehen, aber gleichzeitig auch im Rahmen begleitender Seminare und Falldiskussion ihre theoretischen Kenntnisse zu vertiefen.“

Takumi Fujii studiert Medizin an der Yokohama City University, Japan – und hatte schon seit längerem vor, einmal an einem internationalen Austausch teilzunehmen. „Ich wollte meine Kenntnisse in der Onkologie erweitern, mein Englisch verbessern und internationale Erfahrungen sammeln,“ sagt er. Er bewarb sich an der Oncology Winter School der LMU, weil ihn ein Aspekt besonders überzeugte: Das Study Buddy Progamm, im Rahmen dessen die internationalen Studierenden je einen deutschen Partner oder eine Partnerin an die Seite gestellt bekommen, die sie durch den Alltag auf der Station begleiten.

Anspruchsvoll und abwechslungsreich

Hana Hozjan kommt aus Slowenien, studiert dort an der Universität Maribor und absolviert gemeinsam mit Takumi ebenfalls die Oncology Winter School. Sie freut sich besonders, die Onkologie einmal aus einer anderen Perspektive zu erleben. „Mir gefällt die interdisziplinäre Herangehensweise an die Krebsmedizin hier in München,“ erzählt sie. „Wenn jemand zum Beispiel Brustkrebs hat, findet ein enger Austausch statt zwischen Onkologie, Radiologie und Gynäkologie. Oft beraten sich Ärztinnen und Ärzte aus mehreren verschiedenen Fachrichtungen. Es ist sehr spannend, da dabei zu sein.“

Die Teilnehmenden der beiden Winter Schools sind für insgesamt drei Wochen in München. Das Curriculum der Programme ist ebenso anspruchsvoll wie abwechslungsreich: Den ersten Teil des Tages verbringen die angehenden Ärztinnen und Ärzte aus aller Welt auf den onkologischen bzw. neurologischen Stationen und lernen die täglichen Abläufe kennen. Nachmittags besuchen sie Kurse zu den neuesten therapeutischen Ansätzen und diskutieren in Kleingruppen mit Expertinnen und Experten Fallstudien. Daneben werden die Studierenden in die klinische Laborarbeit eingeführt, machen sich mit der Radiologie oder der Hyperthermie vertraut und probieren sich zum Beispiel in der bildgebenden Funktionsdiagnostik aus.

Internationale Freundschaften

An den Wochenenden erkunden die internationalen Studierenden aus den Oncology und Neurology Winter Schools gemeinsam mit ihren deutschen Study Buddies München und die Umgebung – unter anderem stehen eine Stadtrundfahrt und Ausflüge zum Beispiel nach Nürnberg oder Neuschwanstein auf dem Programm. „Wir sind schon bei der Munich City Tour am allerersten Wochenende zu einer Gruppe zusammengewachsen, es gab sofort einen regen Austausch zwischen den Studierenden der verschiedenen Länder und Disziplinen,“ sagt Takumi. Tief beeindruckt hat ihn eine Fahrt nach Dachau, wo die Studierenden die KZ-Gedenkstätte besichtigt und sich anschließend viel über den Umgang mit der Geschichte in ihren Heimatländern ausgetauscht haben.

Linus Claußnitzer studiert im siebten Semester Medizin an der LMU und nimmt als „Study Buddy“ an der Neurology Winter School teil. Auch für ihn waren die Ausflüge in die Umgebung, aber gerade auch die Munich City Tour bereichernde Erlebnisse. „Ich habe so viel Neues über meine Stadt gelernt,“ sagt er lachend. Auch fachlich und sprachlich hat er von dem Programm profitiert. „Besonders gut hat mir die Struktur gefallen,“ sagt er. „Wir haben angefangen mit einem Kurs zum Erlernen der neurologischen Untersuchungstechnik, die konnten wir dann auch im Stationsalltag anwenden.“ Der enge fachliche Austausch, den die Winter School ermögliche, sei im Alltag oft schwieriger. „Wir waren ja nur acht Teilnehmende und hatten wirklich persönlichen Unterricht von den Professorinnen und Professoren. Da gab es ganz andere Möglichkeiten, Fragen zu diskutieren.“

Die Teilnehmenden der Winterschool auf der Dachterrasse des LMU Klinikums.

© Stephan Hoeck

Enger Kontakt zu den Dozierenden

Auch für Hana Hojzan waren diese sogenannten „teaching rounds“ ein Highlight. Lisa Lechner, im International Office der LMU zuständig für die Programme der Medizinischen Fakultät, weiß, wie sehr den Studierenden in den letzten, von der Pandemie geprägten Jahren genau dieser Austausch gefehlt hat. „Es gab wenig internationale Begegnung, und vielen hat die Praxis gefehlt, der direkte Kontakt zwischen Patientinnen und Patienten, Studierenden und Dozierenden,“ sagt sie.

Dr. Christian Braun als neuer Leiter der medizinischen Austauschprogramme, will in Zukunft sowohl die digitalen Möglichkeiten ausbauen als auch den persönlichen Austausch wieder stärken. „Die Covid-Pandemie und der Ukrainekonflikt haben ja unser aller Leben grundlegend verändert,“ sagt er. „Die Pandemie hat dazu geführt, dass die Lehre akut digital abgehalten werden musste. Lang gewachsene, wissenschaftliche wie didaktische Verbindungen wurden dadurch zunächst unterbrochen. Es ist mir ein dringendes Anliegen, diese Verbindungen wieder auferstehen zu lassen.“

Neben den Winter Schools finden an der LMU jedes Jahr zahlreiche Summer Schools in den unterschiedlichsten Fachrichtungen statt. Alle Informationen dazu hier.

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