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Ein Protein als Weichensteller

20.02.2019

Münchner Wissenschaftler klären Mechanismen der Regulation von Nervenstammzellen auf.

Der Einsatz von Stammzellen zur Reparatur von Organen ist eines der übergeordneten Ziele moderner regenerativer Medizin. Forscher der LMU und des Helmholtz Zentrums München haben herausgefunden, dass das Protein Akna dabei eine entscheidende Rolle spielen könnte. Es steuert beispielsweise das Verhalten von neuralen Stammzellen über einen Mechanismus, der auch für die Bildung von Metastasen bedeutsam sein könnte. Die Studie wurde nun im renommierten Fachjournal Nature vorgestellt.

Das Forscherteam um Professor Magdalena Götz, Lehrstuhlinhaberin für Physiologische Genomik am Biomedizinischen Centrum der LMU und Direktorin des Instituts für Stammzellforschung (ISF) am Helmholtz Zentrum München, wollte die Faktoren identifizieren, die den Erhalt oder die Entwicklung von Nervenstammzellen regulieren. Dafür isolierten die Wissenschaftler solche Zellen, die sich entweder selbst erneuern und weitere neurale Stammzellen bilden, oder sich ausdifferenzieren und Nervenzellen bilden. „Dabei haben wir festgestellt, dass in den sich zu Nervenzellen entwickelnden Stammzellen das Protein Akna, ein spezieller Transkriptionsfaktor, in deutlich höheren Konzentrationen vorkommt“, erklärt Germán Camargo Ortega, gemeinsam mit Dr. Sven Falk Erstautor der Studie und Mitarbeiter am ISF. „In allen Versuchen hat sich gezeigt, dass die Verringerung des Akna-Proteins den Verbleib der Stammzellen in der Stammzellnische fördert, wohingegen die stärkere Anwesenheit des Proteins die Ablösung aus der Nische verstärkt und damit die Ausdifferenzierung fördert“, so der Autor weiter.

Besonders überraschend für die Forscher war die Position des Proteins – nämlich am Zentrosom, einem kleinen Organ im Zellinneren, das als eine Art Chefarchitekt für die Organisation des Zellskeletts und die Zellteilung zuständig ist. „Es zeigte sich, dass in der Erstveröffentlichung zu diesem Protein eine falsche Sequenz hinterlegt war“, berichtet Sven Falk. „Erst durch unsere Arbeit wurde nun klar: Akna sitzt direkt am Zentrosom.“ Die Forscher konnten zeigen, dass Akna von dort aus das Zellgerüst in Form sogenannter Mikrotubuli verankert. So kann es die Verbindungen zu den Nachbarzellen schwächen und eine Ablösung und Wanderung aus der Stammzellnische heraus fördern.

„Unsere Versuche zeigen, dass diese Funktion auch von genereller Bedeutung für einen Prozess ist, den wir als EMT – epitheliale zu mesenchymale Transition – bezeichnen“, erklärt Studienleiterin Magdalena Götz. „Hierbei lösen sich Zellen aus einem Verband, teilen sich vermehrt und beginnen zu wandern. Das kann sowohl im Guten geschehen – beispielsweise wenn Stammzellen auswandern, um neue Nervenzellen zu bilden – aber auch im Schlechten – etwa wenn Krebszellen den Tumor verlassen und anderswo im Körper Metastasen bilden. Daher scheint der von uns identifizierte Mechanismus über Akna eine zentrale Rolle bei verschiedensten medizinisch relevanten Prozessen zu spielen.“ Im nächsten Schritt wird das Forscherteam die Bedeutung von Akna in anderen Stammzellen und die Rolle innerhalb des Immunsystems untersuchen. (Helmholtz Zentrum München/LMU)Nature 2019

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