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Flechtenstoff erstmals chemisch synthetisiert

11.11.2015

LMU-Forscher bauen erstmals biomimetisch den Flechten-Inhaltsstoff Portentol im Labor nach. Die Synthese bestätigt eine neue Hypothese zur Bildung des Naturstoffs.

Flechten sind symbiontische Lebensgemeinschaften von Pilzen und Photosynthese betreibenden Algen oder Bakterien. Wegen dieser äußerlich nicht sichtbaren Doppelnatur sind Untersuchungen zur Biosynthese von Flechtenstoffen besonders herausfordernd. Dirk Trauner, Professor für Chemische Biologie und Genetik an der LMU, ist mit seinem Mitarbeiter Dr. Bichu Cheng nun erstmals die biomimetische Synthese des Naturstoffes Portentol gelungen, der in verschiedenen Flechten vorkommt. Damit konnten die Forscher ihre Hypothese bestätigen, dass Portentol durch eine Kaskadenreaktion entsteht. Über ihre Ergebnisse berichten die Forscher im Journal of the American Chemical Society (JACS).

Portentol wurde erstmals 1967 aus der Flechte Roccella portentosa isoliert. Es gehört zu den Polyketiden, hat aber eine für diese Verbindungsklasse extrem ungewöhnliche und komplizierte Struktur: Das Molekül besteht aus drei miteinander verwobenen Ringen, von denen zwei Ringe über ein einziges Atom miteinander verbunden sind, das sich beide Ringe teilen. „Wegen dieses komplizierten Skeletts hat sich jahrzehntelang niemand mit der Biosynthese von Portentol beschäftigt – bis wir das Molekül nun wieder in den Fokus gerückt haben“, sagt Trauner.

Kaskadenreaktion formt zyklische Struktur

Bisher war unklar, wie Portentol entsteht. „Es existierten zwar verschiedene Hypothesen, aber soweit wir wissen, konnten Portentol oder verwandte Polyketide noch nie im Labor synthetisiert werden“, sagt Cheng. Deshalb verwarfen die Wissenschaftler alle bisherigen Annahmen zur Bildung von Portentol und stellten die Hypothese auf, dass der Naturstoff über eine sogenannte Kaskadenreaktion mithilfe von Säure gebildet wird.

Diese Annahme konnten Trauner und Cheng nun bestätigen: Es gelang den Forschern, zunächst aus vier gleich großen Molekülbausteinen ein lineares Vorläufermolekül von Portentol zu synthetisieren. Die Zugabe einer bestimmten Säure löst dann die Kaskadenreaktion aus, bei der in mehreren, spontan nacheinander folgenden Schritten die Ringstruktur des fertigen Portentol ausgebildet wird. „Ist die Reaktion erst einmal angestoßen, läuft sie von selbst weiter, wie es etwa bei umfallenden Dominosteinen der Fall ist, und benötigt keine weiteren Zutaten mehr“, sagt Trauner. „Unsere Erkenntnisse könnten nun den Grundstein legen, um die molekularen Grundlagen dieses Biosynthesewegs weiter zu untersuchen und die entsprechenden Gene zu identifizieren“.JACS 2015

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