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Forschen for Future

09.09.2019

Magdalena Mittermeier macht sich für einen besseren Klimaschutz stark. Uns bleibe nicht mehr viel Zeit, den globalen Temperaturanstieg aufzuhalten, sagt die 26-Jährige. Die Geographie-Doktorandin befasst sich an der LMU mit der Klimafolgenforschung – ...

Jeden Freitag demonstrieren Tausende Schüler unter dem Motto „Fridays for Future“ für den Klimaschutz. Sie haben es satt, dass Politiker nicht die erforderlichen Entscheidungen treffen um der Erderwärmung entgegenzuwirken. Nicht alle Abgeordneten finden das gut. Man solle Klimapolitik doch lieber den Profis überlassen, meinen manche. Wie gut, dass die 26-jährige Magdalena Mittermeier beides ist: engagierte Umweltschützerin und Expertin für die Klimafolgenforschung. Für ihre Promotion am Department für Geographie der LMU nutzt sie künstliche neuronale Netze an Höchstleistungsrechnern, um die Auswirkungen der Klimaerwärmung zu untersuchen – insbesondere hinsichtlich Hochwasser und Dürren. Wenn sie von ihren Ergebnissen für das Jahr 2100 spricht, klingt das zunächst noch sehr weit weg. „Aber unsere Kinder werden das erleben“, betont sie. Deshalb sei es entscheidend, jetzt zu handeln. Mittermeier kann daher verstehen, dass Kinder und Jugendliche nicht länger warten wollen und sich zunehmend Gehör verschaffen. Und unterstützt sie dabei.

Mittermeier hat sich schon als Kind für Umweltthemen interessiert. Als Jugendliche begann der Klimawandel sie zu „faszinieren“. Also beschloss sie, nach dem Abitur an der LMU Geographie zu studieren. Bereits mit 19 Jahren begann sie parallel dazu am Geographie- Department zu arbeiten. Nach dem Bachelor wechselte sie in den Bereich der Physischen Geographie, weil sie in der Klimafolgenforschung arbeiten wollte. Bisher nicht unbedingt ein Feld, in dem viele Frauen tätig sind. „Aber es werden immer mehr“, sagt Mittermeier und lacht. Es folgte ein Forschungspraktikum am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. 2015 trat sie dem Environmental Studies Certificate Program bei, einem interdisziplinären Aufbaustudium am Rachel Carson Center, und begann den Masterstudiengang „Umweltsysteme und Nachhaltigkeit“. Und mit 24 Jahren reiste sie für einen Forschungsaufenthalt ins kanadische Montréal, wo sie im Rahmen des Projekts ClimEx die Auswirkungen des Klimawandels auf meteorologische und hydrologische Extremereignisse in Bayern und Québec untersuchte. Daraus entstand auch ihre Masterarbeit.

Meeting mit Greta Thunberg Weil Mittermeier nicht nur forschen, sondern auch handeln will, reist sie mit ihren 26 Jahren durch Bayern und hält Vorträge. Außerdem ist sie ehrenamtlich in der „Klimadelegation“ aktiv, einer politisch unabhängigen Gruppe klima- und umweltpolitisch engagierter junger Menschen aus ganz Deutschland. Ziel: Der Stimme der Jugend in Klima- und Umweltfragen Gehör zu verschaffen. Deswegen ist die Klimadelegation letztes Jahr auch zum Klimagipfel der Vereinten Nationen ins polnische Kattowitz gefahren. „Dort haben wir zum Beispiel kurze Redebeiträge geschrieben, die in internationalen Arbeitsgruppen bearbeitet wurden“, berichtet Mittermeier. Bei einem Meeting war die schwedische Klimaschutzaktivistin Greta Thunberg dabei, ein weiteres war mit der deutschen Bundesumweltministerin Svenja Schulze. Zum Schluss konnte Mittermeier gemeinsam mit anderen jungen Menschen aus der ganzen Welt den europäischen Hauptverhandlern eine Stunde lang kritische Fragen stellen. Mit dem Ergebnis des Klimagipfels war Mittermeier mäßig zufrieden. Immerhin hätten die Teilnehmer für mehr Transparenz beim CO2-Ausstoß gesorgt. Wenn Mittermeier für ihre Promotion mit Machine-Learning-Techniken Klimadaten auswertet, zeigt sich vor allem, dass ohne ein entschlossenes Handeln auch in Bayern mit gravierenden Konsequenzen gerechnet werden muss. So könnte der Hitzesommer des letzten Jahres in wenigen Jahrzehnten zum Normalfall werden und neue Extreme zu noch weiterreichenden Schäden führen. Der 1,5-Grad-Sonderbericht des Weltklimarats IPCC zeigt deutlich, dass sich der Klimawandel nur eingrenzen lässt, wenn es gelingt, die globalen Emissionen bis 2030 um 45 Prozent zu reduzieren. „Das sind nur noch elf Jahre“, mahnt die 26-Jährige. Ob es gelingt, den Temperaturanstieg zu stoppen? Mittermeier ist unsicher. „Die Leute, die letztendlich entscheiden, sind in einer Welt mit fossiler Energie aufgewachsen und können sich das im Vergleich zu jungen Menschen gar nicht anders vorstellen“, erklärt sie. Fassungslos wird sie, wenn Menschen den Klimawandel leugnen. „Neulich meinte jemand zu mir, er glaube einfach nicht daran.“ Das traf die Wissenschaftlerin ins Mark. Es reiche doch schon ein Grad mehr, um die negativen Auswirkungen zu spüren. „Und das ist alles wissenschaftlich belegt“, sagt sie mit der Überzeugung einer Expertin. In den sozialen Medien kämpft sie regelmäßig gegen umweltpolitische Fake News.

Sorgen der Jugendlichen ernst nehmen Mittermeier freut sich, dass Klimaschutz durch die Fridays-for-Future- Bewegung wieder Rückenwind bekommen hat. „Dieses Zeitfenster müssen wir nutzen“, mahnt sie eindringlich. Die 26-Jährige fordert von der Politik, künftig zu allen Klimagesprächen auch Jugendliche einzuladen. Die Sorgen jüngerer Menschen vor den Folgen des Klimawandels müssten doch genauso ernst genommen werden wie die der älteren vor zum Beispiel hohen Benzinpreisen durch eine CO2-Steuer. Aber auch jeder einzelne könne etwas tun. Sei es über bewusste Ernährung, weniger Flugreisen oder eine bessere Wohnungsdämmung. „Es wäre außerdem super, wenn mehr Menschen Umweltorganisationen beitreten – egal ob aktiv oder passiv“, sagt sie. Auch müsse Klimaschutz an allen Schultypen gelehrt werden, damit er breite Bevölkerungsschichten erreicht. Am wichtigsten sei aber die Erwachsenenbildung. „Jugendliche“, sagt Mittermeier, „sind in der Regel schon gut informiert.“ Von Erwachsenen könne man das nicht behaupten.

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