Die Masseverteilung der Dunklen Materie in einem Ausschnitt am Südhimmel, die Karte zeigt Bereiche größerer (rot und gelb) und geringerer Dichte (blau). Quelle: V. Vikram/DES Collaboration
Die geheimnisvolle Dunkle Materie macht ungefähr ein Viertel des Energieinhalts unseres Universums aus, ist aber selbst für die empfindlichsten astronomischen Geräte unsichtbar, weil sie Licht weder aussendet noch absorbiert. Ihre Wirkung kann jedoch mit Hilfe des Gravitationslinseneffekts beobachtet werden, also der Ablenkung von Licht durch schwere Massen, wie sie rund um entfernte Galaxien auftritt. Die Rolle der Dunklen Materie besser zu verstehen, ist Teil des Forschungsprogramms des Dark Energy Surveys (DES), dessen oberstes Ziel es ist, die Auswirkungen der Dunklen Energie zu quantifizieren. Der DES ist eine internationale Kollaboration mit mehr als 300 Wissenschaftlern aus 25 Instituten in sechs Ländern.
Die neuen Karten wurden mit Hilfe einer der weltweit leistungsfähigsten Kameras erzeugt und stellen auf diesem Detailniveau die größte zusammenhängende Kartierung der Dunklen Materie in unserem Kosmos dar. Forscher wollen damit besser verstehen, welche Rolle die Dunkle Materie bei der Entstehung von Galaxien spielt. Eine Untersuchung der Häufung Dunkler Materie ermöglicht es den Wissenschaftlern außerdem, die Natur der Dunklen Energie zu erforschen, von der sie annehmen, dass sie die Ursache für die beschleunigte Expansion des Universums ist.
Die Wissenschaftler arbeiteten mehr als ein Jahr an der Kartierung des Gravitationslinseneffekts. „Wir haben dafür die kaum wahrnehmbaren Verzerrungen der Form von rund zwei Millionen Galaxien gemessen“, sagt Professor Jochen Weller von der Universitätssternwarte der LMU und Mitglied der DES-Kollaboration. Die Daten lieferte das DES-Hauptinstrument, die Dark Energy Camera, eine 570-Megapixel-Kamera, die auf dem 4-Meter-Teleskop Victor M. Blanco auf dem Cerro Tololo Inter-American Observatory in Chile montiert ist. „Unser Karten machen damit nicht nur die Empfindlichkeit der Kamera deutlich; das Ergebnis zeigt auch, wie gut die Wissenschaftler diese Genauigkeit verstanden haben.“
Der Ort der Galaxien
Die Karten basieren auf frühen DES-Beobachtungen und erfassen nur drei Prozent des Himmels, den der DES im Rahmen seiner Fünfjahreskampagne untersuchen wird. Gerade ging das zweite Jahr der Kampagne zu Ende. Mit fortschreitender Messdauer werden die Wissenschaftler immer besser in der Lage sein, moderne kosmologische Theorien zu testen, indem sie die Mengen Dunkler und sichtbarer Materie vergleichen.
Da es sehr viel mehr Dunkle Materie als sichtbare Materie gibt, schlagen diese Theorien vor, dass Galaxien dort entstehen, wo große Konzentrationen von Dunkler Materie vorhanden sind. Bisher unterstützt der DES diese Theorien: Die Karten zeigen große Filamente von Materie entlang derer sich sichtbare Galaxien und Galaxien-Clustern angeordnet haben, sowie Leerräume, in denen sich sehr wenige Galaxien befinden. Nachfolgeuntersuchungen einiger großer Filamente und Leerräume, sowie die enorme Menge an Daten, die im Laufe des Surveys noch erhoben werden wird, werden mehr über das Zusammenspiel von Licht und Materie enthüllen.
„Unsere bisherige Analyse steht im Einklang mit den gegenwärtigen Vorhersagen über unser Universum“, sagt Jochen Weller, der auch Mitglied des Exzellenzclusters Universe ist. „Wir haben gemessen, wie Dunkle Materie die verschiedenen Arten von Galaxien umhüllt und wie diese sich über kosmische Zeitskalen entwickeln. Wir sind gespannt auf neue Daten, um die theoretischen Modelle einer noch strengeren Prüfung zu unterziehen.“
Cluster Universe/LMU