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Indikatoren für den Impferfolg

15.05.2020

LMU-Wissenschaftler zeigen, dass spezielle Immunzellen, die sich im Blut bestimmen lassen, die Effektivität einer Impfung früher anzeigen können als herkömmliche Tests zum Nachweis neutralisierender Antikörper.

© patriciahofmeester 2007

Die Corona-Pandemie, aber auch Ausbrüche anderer Virusinfektionen, stellen eine zunehmende Bedrohung für die Gesellschaft dar, insbesondere wenn Impfungen nicht oder nur begrenzt zur Verfügung stehen. Deshalb gehören die Prävention und Behandlung von Viruserkrankungen zu den größten medizinischen Herausforderungen. Um neue Impfstoffe und antivirale Behandlungen zu entwickeln, ist ein tiefgreifendes Verständnis der zellulären Immunantwort von entscheidender Bedeutung. Ein wichtiger Fortschritt ist nun einem interdisziplinären Team von Wissenschaftlern am Beispiel der Gelbfieberimpfung gelungen: Wie die Forscher um Dirk Baumjohann, ehemals Biomedizinisches Centrum der LMU und seit Kurzem Professor an der Universität Bonn, und Simon Rothenfußer (Abteilung für Klinische Pharmakologie am Klinikum der Universität München und Helmholtz Zentrum München) im Fachmagazin Clinical & Translational Immunology berichten, kann der Impferfolg mittels Analyse einer bestimmten Untergruppe der weißen Blutzellen vorhergesagt werden.

Die Gelbfieberimpfung ist eine der wirksamsten Impfungen, die es gibt. Es handelt sich um einen Lebendimpfstoff, der aus abgeschwächten Gelbfieberviren besteht. Nach der Impfung vermehren sich die Impfviren im Körper und regen das Immunsystem zur Bildung von Abwehrstoffen an, sogenannten Antikörpern. „Für unsere Studie haben wir diese sich entwickelnde Immunantwort im Blut von gesunden Probanden analysiert“, sagt Baumjohann. „Die Probanden sind Teil einer Kohorte von insgesamt 250 Personen, die gegen Gelbfieber geimpft wurden. Dieses Kollektiv wurde in der Abteilung für Klinische Pharmakologie zusammen mit dem Helmholtz Zentrum München und der Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin aufgebaut.“

Die große Effektivität der Impfung beruht auf der Produktion hoher Titer von Antikörpern, die noch Jahrzehnte nach der Impfung nachgewiesen werden können. Was diese außerordentlich langanhaltende Immunantwort hervorruft, ist noch nicht vollständig verstanden. Damit Antikörper gebildet und ausgeschüttet werden können, sind sogenannte follikuläre T-Helferzellen (Tfh) essenziell. Diese spezielle Untergruppe der weißen Blutzellen findet man hauptsächlich in sekundären lymphatischen Organen wie den Lymphknoten und der Milz. „Dort sind sie allerdings beim Menschen schwer zu analysieren. Sogenannte Tfh-ähnliche Zellen findet man aber auch im Blut, und deren Frequenz spiegelt die Verhältnisse in den sekundären Organen recht gut wider“, sagt Johanna Huber, Doktorandin in Baumjohanns Team und Erstautorin des Papers. „Die Untersuchung dieser Zellen ist daher relevant und gleichzeitig relativ einfach durchzuführen, da eine Blutprobe genügt.“ Trotzdem wurde ihre Rolle nach einer Gelbfieberimpfung bisher nicht im Detail erforscht.

Nun konnten die Wissenschaftler nachweisen, dass sich aus den Eigenschaften und der Dynamik dieser follikulären T-Helferzellen der zu erreichende Impfschutz recht gut vorhersagen lässt – und zwar früher, als es durch Antikörpertests möglich wäre: Die Bildung hochpotenter neutralisierender, also das Pathogen hemmender, Antikörper kann einige Wochen dauern, da die Immunreaktion erst in Gang kommen muss. „Die follikulären T-Helferzellen dagegen kann man schon ab ca. Tag 7 nach der Impfung gut im Blut messen. Und zwei Wochen nach der Immunisierung, so konnten wir zeigen, korreliert die Frequenz einer Subpopulation dieser Zellen mit der Qualität der Antikörper-Antwort, die wir nach vier Wochen im Blut detektieren“, sagt Baumjohann.

Nach Ansicht der Wissenschaftler könnten ihre Erkenntnisse auch für die Entwicklung von Impfungen gegen andere Viruserkrankungen wie etwa Covid19 hilfreich sein. „Wie SARS-Cov-2 eine Immunreaktion hervorruft, ist noch weitestgehend unklar. Da die Gelbfieberimpfung als Paradebeispiel für die Induktion einer lebenslangen Immunität durch ein Virus gilt, wird unser Datensatz auch eine interessante Quelle für den Vergleich mit der Immunreaktion auf diese oder anderen Viren werden, bei denen noch unbekannt ist, ob es eine lang-anhaltende Immunantwort gibt“, sagt Rothenfußer.Clinical & Translational Immunology 2020


Weitere Informationen zur Forschung von Dirk Baumjohann:

Immunologie: Rachenmandeln als Testlabor
Neurodermitis: Salz als Akteur

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