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Kampf dem Chikungunya-Virus

18.05.2016

Wissenschaftler haben eine neue Strategie für die Suche nach Therapieoptionen gegen Chikungunya entwickelt. Dabei identifizierten sie sowohl bereits bekannte Wirkstoffe, als auch eine neue Stoffklasse als potenzielle antivirale Medikamente.

Das ursprünglich aus den Tropen stammende Chikungunya-Virus breitet sich in den letzten Jahren zunehmend nach Norden aus und hat bereits den Süden der USA erreicht. Auch in Europa sind einige regionale Ausbrüche dokumentiert. Das von der asiatischen Tigermücke übertragene Virus löst grippeähnliche Symptome aus, die über Monate andauern und in seltenen Fällen zum Tod führen können. Derzeit gibt es weder einen Impfstoff noch ein zugelassenes Medikament gegen Chikungunya. Ein internationales Wissenschaftler-Team, an dem auch der LMU-Pharmazeut Franz Bracher beteiligt war, hat nun in der Fachzeitschrift Nature Communications eine neue Strategie vorgestellt, mit der schneller als bisher neue Behandlungsmöglichkeiten etabliert werden können, und dabei entsprechende Wirkstoffe identifiziert.

Alle Krankheitserreger brauchen für die Vermehrung bestimmte Proteine, die von der Wirtszelle gebildet werden. Deshalb identifizierten Forscher um Thomas F. Meyer (Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie) in einem ersten Schritt mithilfe eines genomweiten Screens die Proteine, die das Virus für seine Vermehrung in befallenen menschlichen Wirtszellen unbedingt benötigt. Hierzu schalteten die Forscher in einem aufwändigen automatisierten Verfahren jedes einzelne Gen der menschlichen Zellen aus, infizierten die so veränderten Zellen und analysierten dann das Ausmaß der Virusvermehrung. Auf diese Weise identifizierten sie mehr als 100 humane Proteine, die für die Vermehrung des Virus essenziell sind. In Kooperation mit Virologen um Marc Lecuit vom Institut Pasteur (Paris) sowie Forschern der Charité und dem Steinbeis Innovation Center in Berlin, dem Institute of Technology in Tartu, Estland, und Brachers Arbeitsgruppe am Department für Pharmazie identifizierten die Wissenschaftler anschließend diejenigen Substanzen, die diese wichtigen humanen Proteine ansteuern und so die Vermehrung des Virus hemmen können. „Dazu gehören sowohl Arzneistoffe, die bereits für die Therapie anderer Krankheiten verwendet werden, aber bisher noch nicht zur Behandlung von Virusinfektionen in Betracht gezogen worden waren, als auch neuartige niedermolekulare Wirkstoffe, wie sogenannte Inhibitoren der Proteinkinase CLK1, die in unserem Labor synthetisiert wurden“, sagt Bracher.

Besonders ermutigend ist, dass dieses Prinzip nach ersten Erkenntnissen der Forscher auch auf andere pathogene Viren übertragbar erscheint. „Mit dieser innovativen Herangehensweise lassen sich für neue therapeutische Herausforderungen bei Infektionskrankheiten einerseits bekannte, gut charakterisierte Wirkstoffe aus anderen Indikationsgebieten identifizieren, die dann relativ schnell als Antiinfektiva auf den Markt gebracht werden könnten“, sagt Bracher, „andererseits können so auch, wie im Fall unserer Kinase-Inhibitoren, völlig neue Stoffklassen als potenzielle Wirkstoffe identifiziert werden.”Nature Communications 2016

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