News

Krebsvorsorge: Was gibt es und woran wird geforscht?

14.06.2021

Julia Mayerle spricht bei den Health Lectures über die Möglichkeiten und den Stand der Forschung bei der Krebsvorsorge. Das Video ist jetzt auf YouTube verfügbar.

Prof. Dr. Julia Mayerle im LMU Klinikum.

Prof. Dr. med. Julia Mayerle | © Dominik Gierke

Krebsvorsorge kann Leben retten. Regelmäßige Untersuchungen zur Früherkennung von Brust-, Darm-, Gebärmutterhals-, Haut- und Prostatakrebs stehen bereits zur Verfügung. Allerdings nimmt nur ein Bruchteil der Versicherten das Angebot in Anspruch. Dabei ist in Deutschland das Risiko, an Darmkrebs zu sterben, rund zehnmal höher als die Gefahr, im Verkehr tödlich zu verunglücken.

Wie die Krebssterblichkeit durch Vorsorge gesenkt werden kann, erläutert Prof. Dr. med. Julia Mayerle, Direktorin der Medizinischen Klinik II, Interdisziplinäres Zentrum für Diätetik und Ernährungsmedizin, LMU Klinikum, in ihrem Fachvortrag. Welche Methoden zur Früherkennung gibt es bereits? Woran wird derzeit geforscht?

Drei Fragen an Prof. Julia Mayerle

Wie wichtig sind Früherkennungsprogramme in der Krebsbekämpfung?

Krebserkrankungen stellen die zweithäufigste Todesursache weltweit dar. Häufig ist bei Diagnose einer Tumorerkrankung in frühem Stadium eine Heilung möglich. „Den“ Krebs gibt es also nicht. Bekannt sind über 100 verschiedene bösartige Formen. In Deutschland haben sich derzeit die vier Früherkennungsprogramme zu Brustkrebs, Zervixkarzinom, Hautkrebs und Darmkrebs etabliert. Die größten Verbesserungen in den Überlebensraten erwachsener Krebspatienten in den letzten 25 Jahren gab es bei Brustkrebs und Darmkrebs. Das ist vor allem auf die entsprechenden Vorsorgeuntersuchungen zurückzuführen. Beim Gebärmutterhalskrebs dagegen besteht noch Nachholbedarf: Lediglich 31% der unter 15-Jährigen wurde geimpft und nur 43% der 17-Jährigen. Bedenkt man, dass jährlich 4.500 Frauen an einem Zervixkarzinom erkranken und 1.500 daran sterben, sind das ernüchternde Zahlen.

Andere Vorsorgeuntersuchungen, etwa die Früherkennung des Prostatakarzinoms via Bluttest, sind umstritten. Zu recht?

Das Screening auf eine Tumorerkrankung mittels sogenannter Tumormarker im Blut ist gefährlich. Da fast alle Tumorerkrankungen für sich genommen selten sind, ist die Sensitivität und Spezifität für den einzelnen Tumor nicht ausreichend. Es wird buchstäblich die Nadel im Heuhaufen gesucht und dann auch gerne eine „Nadel“ gefunden, die es gar nicht gibt – oder eine übersehen. So entstehen viele falsch positive und falsch negative Diagnosen, die weiter abgeklärt werden müssen, was mit Komplikationen und einer Gefährdung des Patienten verbunden sein kann. Berücksichtigt man, dass Patienten auch an den Folgen der teils auf Überdiagnose beruhenden Behandlung versterben, zeigen zwei große Studien aus den USA und Europa in der Gesamtsterblichkeit für das Prostatakarzinom und dessen Screening mittels PSA (prostata-spezifische Antigen) keine Unterschiede zwischen Screening- und Kontrollgruppe.

Ihr eigener Forschungsschwerpunkt ist der Bauchspeicheldrüsenkrebs. Welche besonderen Probleme stellen sich hier?

Die Inzidenz der Erkrankung ist mit 18 zu 100.000 zwar niedrig, aber die Therapieoptionen sind im Erkrankungsfall äußerst begrenzt. Darum ist die Gesamtmortalität sehr hoch. Entwickelt sich der Therapiefortschritt in ähnlichem Tempo wie in den letzten Jahren, können wir das Pankreaskarzinom erst im Jahr 2190 heilen. Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, Hochrisikogruppen für die Entwicklung eines Pankreaskarzinoms zu definieren, um ihnen eine Überwachungsoption anzubieten. Hierbei sind bildgebende und blutbasierte Verfahren vorstellbar. Wir selbst haben mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung einen Bluttest (Meta-Pac) entwickelt, der ein operables Pankreaskarzinom ausschließen kann und auch kosteneffektiv wäre. Dieser Test wird aktuell validiert und soll 2024 zur Marktreife geführt werden.

Prof. Dr. med. Julia Mayerle ist Direktorin der Medizinischen Klinik II und Leiterin des Interdisziplinären Zentrum für Diätetik und Ernährungsmedizin am LMU Klinikum.

Wenn Sie die Anzeige des Videos aktivieren, werden Ihre personenbezogenen Daten an YouTube übertragen und möglicherweise auch Cookies auf Ihrem Gerät gesetzt. Wir haben keinen Einfluss auf eine etwaige Datenübertragung und deren weitere Verwendung.

Weitere Informationen: Datenschutzerklärung der LMU, Datenschutzinformationen von YouTube / Google

62 Min. | 14.06.2021

Wonach suchen Sie?