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Medizin: Suche nach molekularen Mustern

08.08.2022

Wie pathogene Genmutationen zur Herzinsuffizienz führen – eine internationale Studie bringt neue Erkenntnisse über die Mechanismen dahinter

Die Kardiomyopathie ist keine einheitliche Erkrankung des Herzmuskels – vielmehr führen Gendefekte auf unterschiedliche Weise zur Herzinsuffizienz. Diese neuen Erkenntnisse veröffentlichte jetzt ein internationales Wissenschaftskonsortium in „Science“. Die Forschungsergebnisse basieren auf der ersten umfassenden Einzelzellanalyse von Zellen gesunder und erkrankter Herzen und zeigen, dass die zellulären und molekularen Mechanismen, die bei Menschen mit einer Kardiomyopathie zur Herzinsuffizienz führen, sich je nach Gendefekt unterscheiden.

Genetische Mutationen identifiziert

Ein internationales Team unter Beteiligung von LMU-Mediziner Daniel Reichart, einem der drei Erstautoren der Studie, untersuchte die Genexpression von 880.000 Einzelzellen, gewonnen aus 61 erkrankten und 18 gesunden Herzen. Allein die Entnahme der Proben war ein komplexes Unterfangen, das ein interdisziplinäres, weltweit agierendes Team erforderte. Bei ihren Genanalysen konzentrierten sich die Mediziner zunächst auf die dilatative Kardiomyopathie (DCM), die eine der häufigsten Ursachen der Herzinsuffizienz mit in der Folge notwendiger Herztransplantation darstellt. Es handelt sich dabei um eine Erweiterung der linken Herzkammer, der Hauptpumpkammer des Herzens. Das Team identifizierte dabei genetische Mutationen, die überproportional häufig zu Kardiomyopathien führen. Die Forscher charakterisierten dann das molekulare Abbild der verschiedenen Mutationen jedes Herzens und verglichen sie sowohl mit gesunden Herzen als auch mit Herzen, bei denen die Ursachen für Dilatation und Dysfunktion unbekannt waren.

Ziel: Therapien für Herzmuskelerkrankungen

Als ultimatives Ziel nennen die Forscher die Entwicklung von individualisierten (auf den Patienten zugeschnittenen) Therapien für Herzmuskelerkrankungen, da eine genotypspezifische Behandlung wirksamer und mit weniger Nebenwirkungen assoziiert sei. Die jetzt veröffentlichte Studie werde dabei helfen, diese zielgerichtete Medizin im kardiovaskulären Bereich voranzutreiben. „Die Herzgewebe, die wir untersucht haben, stammen von Menschen im Endstadium dieser Herzmuskelerkrankung“, sagt Daniel Reichart. „Wir sind gespannt, welche Veränderungen wir in früheren Krankheitsstadien entdecken, beispielsweise anhand von Endomyokardbiopsien.“

Daniel Reichart, Eric L. Lindberg, Henrike Maatz et al.: Pathogenic variants damage cell compositions and single cell transcription in cardiomyopathies. Science, 2022.
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