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Messungen erfolgreich gestartet

26.03.2019

Auf der Suche nach der verschwundenen Antimaterie: Seit Kurzem misst der neue Belle-II-Detektor die ersten Teilchenkollisionen, die im SuperKEKB-Beschleuniger in Japan erzeugt werden. An der Entwicklung des Detektors maßgeblich...

Im Belle II-Experiment werden Elektronen und ihre Antiteilchen, die Positronen, zur Kollision gebracht. Dabei entstehen B-Mesonen, Paare aus einem Quark und einem Anti-Quark. In früheren Experimenten (Belle und BaBar) konnten Wissenschaftler beobachten, dass der Zerfall von B-Mesonen und Anti-B-Mesonen unterschiedlich verläuft. Dieses Phänomen bezeichnet man als CP-Verletzung. Sie bietet einen Anhaltspunkt für die Frage, warum das Universum kaum Antimaterie enthält – obwohl nach dem Urknall beide Materieformen zu gleichen Teilen vorhanden gewesen sein müssen.

Findet Belle II neue Physik?

„Allerdings ist die beobachtete Asymmetrie zu klein, um das Fehlen der Antimaterie zu erklären“, sagt Hans-Günther Moser vom Max-Planck-Institut für Physik. „Wir suchen daher nach einem stärkeren, bisher unbekannten Mechanismus, der die Grenzen des heute gültigen ‚Standardmodells der Teilchenphysik‘ sprengen würde. Um diese neue Physik zu finden und statistisch zu belegen, müssen Physiker allerdings viel mehr Daten als bisher erheben und auswerten.“ LMU-Physiker Professor Thomas Kuhr ergänzt: „Bisherige Messungen haben schon Hinweise darauf gegeben, wo wir diese Belege finden könnten. Bald wissen wir, ob sich diese Hinweise bestätigen.“

Um diese Aufgabe zu bewältigen, wurden der frühere KEK-Beschleuniger und Belle – Laufzeit 1999 bis 2010 – komplett modernisiert. Sie firmieren jetzt unter den Namen Belle II und SuperKEKB. Die wesentliche Neuerung ist die 40fach gesteigerte Luminosität, die Rate an Teilchenkollisionen pro Flächeneinheit.

Dafür haben Wissenschaftler und Techniker den Durchmesser des Teilchenstrahls stark verkleinert; zugleich lässt sich künftig die Anzahl der eingeschossenen Teilchenpakete verdoppeln. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Teilchen tatsächlich aufeinandertreffen steigt damit erheblich. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können so künftig die 50fache Datenmenge auswerten.

Hochpräzise Aufzeichnung der Teilchenspuren

Allerdings stellt das Plus an Daten hohe Anforderungen an die Analysequalität des Detektors und die Algorithmen zur Auswertung der Daten. Nach der Teilchenkollision zerfallen die B-Mesonen auf einer mittleren Flugstrecke von nur 0,1 Millimetern – die Detektoren müssen also sehr schnell und präzise arbeiten. Dafür sorgt ein hochsensibler Pixel-Vertex-Detektor, der zu großen Teilen am Max-Planck-Institut für Physik, dem Halbleiterlabor der Max-Planck-Gesellschaft, der Technischen Universität München und der LMU entwickelt und gebaut wurde, insgesamt waren daran elf Einrichtungen beteiligt. Der Detektor hat acht Millionen Pixel und liefert 50.000 Bilder pro Sekunde.

„Im Detektor ist zudem eine spezielle Technologie verbaut, die sicherstellt, dass die Pixel schnell ausgelesen und damit wieder für neue Zerfälle frei werden“, erklärt Moser. „Das ist wichtig, weil neben relevanten Teilchenzerfällen auch viel Ausschuss zu erwarten ist: Pro Sekunde erwarten wir eine Million Teilchen auf einen Quadratzentimeter.“

Durch den Einsatz neuer Technologien und die höhere Luminosität steigt die Menge der Daten, die aufgezeichnet und verarbeitet werden muss, drastisch an. „Wir setzen speziell entwickelte Algorithmen und moderne Big-Data-Analytics-Methoden ein, um die Daten auszuwerten“, sagt Kuhr.

Mit dem Erreichen des Messbetriebs geht ein großes Bauprojekt zu Ende. Neun Jahre lang haben Wissenschaftler und Ingenieure am Umbau und der Modernisierung gearbeitet. Der jetzt gestartete erste Run dauert bis zum 1. Juli 2019. Nach einer kurzen Wartungspause laufen SuperKEKB und Belle II dann im Oktober 2019 wieder an. (Cluster Origins/LMU)

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