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Mit geballtem Licht auf Diamantatome

06.08.2015

LMU-Physiker modifizieren erstmals Laserpulse mithilfe von Nanoröhrchen. Damit verbessern sie die lichtgetriebene Ionenstrahlung – ihr potenzieller Einsatz für medizinische Anwendungen rückt näher.

Physiker am Exzellenzcluster Munich-Centre for Advanced Photonics der LMU (MAP) haben erstmals hauchdünne Folien aus diamantartigem Kohlenstoff mit Nanoröhrchen bedampft. Die Nanoröhrchen fungieren als Linse und fokussieren den Laser stärker als bisher möglich, wodurch die Ionen in der Folie weitaus höhere Energien aufnehmen. Damit verbessern die Forscher um Professor Jörg Schreiber vom Lehrstuhl Experimentalphysik – Medizinische Physik der LMU und vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik die lichtgetriebene Ionenstrahlung, was ihren Einsatz für medizinische Anwendungen greifbar macht. Über ihre Ergebnisse berichten sie aktuell in der Fachzeitschrift Physical Review Letters.

Deutlich höhere Intensität als bisher

Licht verfügt über enorme Kräfte. Treffen hochintensive Laserpulse auf hauchdünne diamantartige Folien aus Kohlenstoff, lösen sie Ionen heraus und beschleunigen diese auf rund zehn Prozent der Lichtgeschwindigkeit. Es entsteht Ionenstrahlung, getrieben durch den Strahlungsdruck der ultrakurzen Laserpulse. Ionenstrahlung kann zur Behandlung von Tumoren in der Krebstherapie eingesetzt werden, wenn sie über genug Energie verfügt. Aktuell wird diese hochenergetische Strahlung von großen, kostenintensiven Beschleunigern erzeugt. Die Lasertechnologie ist zwar aktuell noch nicht in der Lage, eine ebenbürtige Strahlung zu erzeugen, hat jedoch das Potenzial, die notwendige Technologie für den medizinischen Einsatz der Ionenstrahlung künftig kostengünstiger und platzsparender zur Verfügung zu stellen. Um dies zu erreichen, müssen Laserphysiker zum einen die Intensität der Laserpulse erhöhen. Zum anderen müssen sie die Intensität so kompakt zusammenballen, dass der Puls extrem fokussiert und mit voller Wucht auf die Kohlenstofffolien auftrifft.

Die MAP-Physiker haben nun in ihren Experimenten, die im Rahmen des Laserlab-Europe-Programms am ASTRA-Gemini Laser des Rutherford Appleton Laboratory durchgeführt wurden, diamantartige Kohlenstofffolien mit einer Mikrometer dünnen Schicht aus Nanoröhrchen bedampft. Diese Röhrchen liegen ungeordnet auf der Folie, vergleichbar Strohhalmen in einem Heuhaufen. Durch die Röhrchen wird die Leistung des auftreffenden Laserpulses beim Durchgang so gebündelt, dass seine Kraft augenblicklich auf die dahinter liegende Kohlenstofffolie wirkt. Zudem fokussieren die Nanoröhrchen die Lichtpulse stark auf einen „Brennpunkt“ auf der Folie. Beide Effekte haben zur Folge, dass die aus der Kohlenstofffolie herausgelösten Ionen über eine deutlich höhere Energie verfügen als bisher (rund 200 Megaelektronenvolt).

Ziel: Tumortherapie mit Laserstrahlen

Mit der verbesserten, lichtgetriebenen Ionenstrahlung werden nun erstmals Experimente mit Kohlenstoff-Ionen an Zellen möglich. Um lichtgetriebene Ionenstrahlung zur Bekämpfung von Tumoren im menschlichen Körper einzusetzen, werden jedoch Energien von mindestens einem Gigaelektronenvolt benötigt, also rund fünfmal so viel wie aktuell möglich, da die Strahlung erst gesundes Gewebe durchdringen muss, bevor sie einen Tumor erreicht. Dieses Ziel ist nicht utopisch: Auf dem Forschungscampus in Garching entsteht derzeit das Laserforschungszentrum Centre for Advanced Laser Applications (CALA), das auf der Expertise des MAP gründet und ein neues Kurzpulslasersystem beherbergen wird, den ATLAS 3000. Mit ihm werden erstmals Laserpulse erzeugt, die über eine Leistung von drei Petawatt verfügen. Die so erzeugten Laserpulse in Kombination mit der verbesserten Nanoröhrchen-Kohlenstofffolien-Technologie lassen die Möglichkeit eines medizinischen Einsatzes von lichtgetriebener Ionenstrahlung näher rücken.

(Phys. Rev. Lett. 2015)                                         tn

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