Die Deutsche Forschungsgemeinschaft richtet an der LMU zwei neue Forschergruppen ein: „Artificial Gauge Fields and Interacting Topological Phases in Ultracold Atoms“ unter der Leitung von Immanuel Bloch, Inhaber des Lehrstuhls für Experimentalphysik - Quantenoptik an der LMU, sowie Leiter der Abteilung Quanten-Vielteilchensysteme und Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik, und die Gruppe „Förderung von Diagnosekompetenzen in simulationsbasierten Lernumgebungen an der Hochschule“ unter der Leitung von Frank Fischer, Professor für Empirische Pädagogik und Pädagogische Psychologie an der LMU, an der auch die Technische Universität München beteiligt ist.
Dynamik von Vielteilchensystem verstehen
Eichfelder sind von der Hochenergiephysik bis hin zur Festkörperphysik ein essenzielles Hilfsmittel für die Beschreibung fundamentaler physikalischer Phänomene. Die Einstrahlung von Laserfeldern in ultrakalte atomare Gase erzeugt künstliche Eichfelder, in denen sich die ultrakalten Atome bewegen. Aufgrund ihrer Flexibilität und Abstimmbarkeit eignen sich künstliche Eichfelder insbesondere, um die kollektive Dynamik von Vielteilchensystemen zu analysieren.
„Im Rahmen unserer neuen Forschergruppe ‘Artificial Gauge Fields and Interacting Topological Phases in Ultracold Atoms’‚ wollen wir neue topologische Vielteilchenphasen – also bestimmte strukturelle Zustände dieser Vielteilchensysteme – anhand solch künstlicher Eichfelder sowohl theoretisch untersuchen als auch experimentell erzeugen“, sagt Immanuel Bloch. Die Forscher werden neueste experimentelle, analytische und numerische Methoden verwenden, um zum Beispiel topologische Isolatoren und Superflüssigkeiten zu erzeugen und zu charakterisieren. Geplant ist unter anderem, neue Verfahren zu entwickeln, um die exotischen Transporteigenschaften und die besonderen Anregungen in diesen Systemen sowie die Wechselwirkungen zwischen den Atomen und den künstlichen Eichfeldern zu untersuchen. Die Wissenschaftler sind überzeugt, dass die enge Kooperation zwischen experimentell und theoretisch arbeitenden Gruppen dazu führen wird, das Wissen über topologische Materiezustände entscheidend zu erweitern und mögliche Anwendungen in der Quanteninformationsverarbeitung oder der Spintronik aufzeigen zu können.
Diagnosekompetenzen in Simulationen trainieren
Das Team der neuen Forschergruppe unter der Leitung von Frank Fischer untersucht, wie Simulationen im Studium gestaltet und eingesetzt werden können, so dass sie den Erwerb von Diagnosekompetenzen bei angehenden Medizinern und Lehrkräften fördern. Zwar ist es etwas anderes, ob ein Arzt bei einem Patienten eine Krankheit diagnostiziert oder eine Lehrkraft Fehlkonzepte bei einem Schüler einschätzt. Es gibt aber auch Parallelen: In beiden Feldern werden zielgerichtet Informationen zur Unsicherheitsreduktion gesammelt um medizinische beziehungswiese pädagogische Entscheidungen zu treffen. „Das Hochschulstudium bietet bislang wenig Möglichkeiten für eigenes Handeln in praktischen Diagnosesituationen und bereitet Studierende noch nicht optimal auf die tatsächlichen Anforderungen bei Diagnoseproblemen der Praxis vor“, sagt Frank Fischer.
Simulationen ermöglichen eigenes Handeln, allerdings hängt die Lerneffektivität davon ab, ob die Studierenden während der Bearbeitung in angemessener Weise unterstützt werden. „Bisher mangelt es an experimentellen Studien über die kausalen Zusammenhänge zwischen der Gestaltung von Simulationen (zum Beispiel Reduzieren des Zeitdrucks für das eigene Handeln durch die Integration von Reflexionsphasen), dem Diagnoseprozess und Diagnosekompetenzen. Zusätzlich ist unklar, inwiefern diese Zusammenhänge und Effekte von individuellen Basisfähigkeiten wie dem Arbeitsgedächtnis oder kontextuellen Rahmenbedingungen abhängen.“ Eine kontextuelle Rahmenbedingung wäre beispielsweise ob eine Diagnose alleine oder gemeinsam mit anderen gestellt wird. Die Forschergruppe plant daher mehrere Studien mit mehr als 3000 Teilnehmenden.
Die Forschergruppe und die geplanten Studien sind interdisziplinär angelegt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Biologie, der Physik, der Mathematik, der Psychologie und der Medizin arbeiten zusammen, um auch die Übertragbarkeit der Befunde zwischen den Bereichen ausloten zu können.
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