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Neue Wege in der Globalisierungsforschung

19.10.2022

Der LMU-Forschungsverbund „global dis:connect“ untersucht die komplexen und mitunter gegenläufigen Phänomene weltweiter Verflechtung. Jetzt richtet er seine erste Jahreskonferenz aus.

Strapazierte Lieferketten: Containerschiffe warten in der Deutschen Bucht. | © Jonas Walzberg/Picture Alliance/dpa

Vor 15 Jahren noch galt die weltweite Verdichtung und Vernetzung als unangreifbar und unaufhaltsam. Globalisierung – das bedeutete: immer schneller, immer kompakter, immer internationaler. Doch mittlerweile hat das Bild Risse bekommen, die Welt, die angeblich unweigerlich zusammenrückt, ist in Aufruhr. Antiglobalismus und chauvinistischer Nationalismus werden zu immer einflussreicheren politischen Strömungen. Auch in materieller Hinsicht gibt es zunehmend gegenläufige Tendenzen: Protektionismus, Abschottung und strapazierte Lieferketten sind schwer bezwingbare Störgrößen. Die globale Finanzkrise von 2008, Brexit, Pandemie und der Krieg um die Ukraine kennzeichnen diese neue Welt, für die schon die Rede von der De-Globalisierung die Runde macht.

Vor rund einem Jahr hat ein neuer Forschungsverbund an der LMU die Arbeit aufgenommen. Als sogenanntes Käte Hamburger Kolleg vom Bundesministerium für Bildung und Forschung ausgestattet, gehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Zentrums diesen Zeitphänomenen aus unterschiedlichen Perspektiven nach. Das Kolleg hat zum Ziel, das Verständnis von Globalisierungsprozessen zu überdenken. Der Name des Verbundes global dis:connect versinnbildlicht den Forschungsansatz: Zur Globalisierung gehören ebenso gegenläufige oder retardierende Momente von Unterbrechung, Umweg und fehlender Verbindung. Geisteswissenschaften und die Künste, so ein Grundsatz des Kollegs, das Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Bereichen Geschichte, Kunstgeschichte und Theaterwissenschaft sowie Praktizierende aus Kunst, Gestaltung und Architektur zusammenbringt, können einen besonderen heuristischen Zugang zu den Auswirkungen von Globalisierungsprozessen – jenseits fester Strukturen und „objektiven“ Daten – bieten, indem sie die Fluidität und Vergänglichkeit „dis:konnektiver“ Phänomene spiegeln.

Am 20. und 21. Oktober richtet das Kolleg jetzt seine erste Jahrestagung aus. Auf der Konferenz sollen neue Theorien, Methoden und Fallstudien im Mittelpunkt stehen, die den Ansatz der Dis:konnektivität begründen und schärfen: Globalisierungsprozesse waren und sind immer durch eine dynamische und co-konstitutive Beziehung von Verbindung und Trennung gekennzeichnet. Die zweitägige Jahreskonferenz läuft als hybrides Veranstaltungsformat. Bestätigte Sprecherinnen und Sprecher sind Aleksandra Domanović (Berlin), Valeska Huber (Wien), Richard M. Kabiito (Kampala), Gabriele Klein (Hamburg), Anupama Kundoo (Potsdam), Peter W. Marx (Köln), Meha Priyadarshini (Edinburgh), Kerstin Schankweiler (Dresden), Promona Sengupta (Berlin) und Sujit Sivasundaram (Cambridge, Großbritannien).

Weitere Informationen zur Tagung, zum Programm sowie zur Anmeldung auf der Website des Käte Hamburger Kollegs

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