Die Online-Kurse der Virtuellen Hochschule Bayern boomen nicht erst seit Beginn der Pandemie. Simone Cramer vom Referat eUniversity zu den Vorteilen digitaler Lehrangebote und worauf bei der Antragstellung zu achten ist.
E-Learning ist beliebt: „Das ist so cool, weil ich nicht an eine feste Zeit oder einen festen Ort gebunden bin“, erzählt Michael Seidel. Obwohl bereits seit 2012 Online-Kurse existieren, für die es ECTS-Punkte gibt, war der damalige Masterstudent selbst im Sommersemester 2018 an der LMU noch einer unter wenigen, der das nutzte. So konnte er das Pendeln zwischen Augsburg und München im Zug mit dem Nachweis von „biomolekularen Interaktionen“ nutzen, statt nur auf dem Smartphone rumzudaddeln. Drei Jahre und eine Pandemie später sind Online-Kurse aus der Lehre nicht mehr wegzudenken. Die Vorteile liegen auf der Hand: Neben der Flexibilität können abstrakte Inhalte durch Audio, Videos oder Bilder anschaulich und abwechslungsreich dargestellt werden. Durch Quizze kann geprüft werden, ob der Stoff auch verstanden wurde. Zusätzlich gibt es auch ein Forum, in dem Fragen gestellt werden können.
Das umfangreichste E-Learning-Angebot im Freistaat kommt von der Virtuellen Hochschule Bayern (vhb), an die 32 bayerische Hochschulen angeschlossen sind. Seit ihrer Gründung im Jahr 2000 wurden 1,8 Millionen Plätze in einem der zahlreichen Online-Kurse belegt. Die Nutzungszahlen stiegen schon vor Corona steil an, durch die Pandemie sind sie nochmal um bis zu 83 Prozent in die Höhe geschnellt. An der LMU sind aktuell rund 8300 Studierende registriert, die durchschnittlich 2,5 der insgesamt 570 Kurse aus 15 verschiedenen Fächergruppen besuchen. Der bayerische Wissenschaftsminister Bernd Sibler nennt die vhb „das Aushängeschild digitaler Lehre im Freistaat“ und hat im September 2021 den Ausbau hochschulübergreifender digitaler Lernformate mit rund 1,6 Millionen Euro gefördert – davon profitiert auch die LMU. Dieses Jahr erhielt sie eine Förderung für sieben Online-Kurse und 34 Lehreinheiten.
Content-Entwicklung ist zeitintensiv
Online-Kurse für Studierende der LMU - von Archäologie bis Zahnmedizin
Um einen Online-Kurs bei der vhb genehmigt zu bekommen, müssen mindestens zwei bayerische Hochschulen beteiligt sein. An der LMU beraten Corinna Friedl und Simone Cramer vom Referat eUniversity-Konzepte und -Dienste bei der Kurserstellung und helfen bei der Antragstellung. Cramer hat früher selbst E-Learning am Klinikum München entwickelt. Sie weiß: „Content-Entwicklung ist zeitintensiv.“ Allein für zwei Semesterwochenstunden müssen Inhalte für rund 30 Lernstunden entwickelt werden. Die gute Nachricht: „Die vhb ist daran interessiert, dass möglichst viele Anträge erfolgreich eingereicht werden.“ Das sei sonst bei Förderanträgen eher ungewöhnlich. Es gibt auch die Möglichkeit, der Projektleiterin oder dem Projektleiter der vhb vorher Fragen zu stellen. Zusätzlich empfiehlt Cramer, die kostenlosen Workshops oder E-Tutorien der vhb zu besuchen. Anträge für die nächste Förderrunde an der LMU können noch bis 12. Oktober eingereicht werden.
Die vhb bietet drei unterschiedliche Kursarten an. Classic-Kurse müssen als (Wahl-)Pflichtveranstaltung in das Curriculum eines Studiengangs integriert werden. Studierende aus ganz Bayern können dann aus dem gesamten Portfolio Kurse belegen und ECTS-Punkte sammeln. Seit 2012 wurden allein an der LMU 53 Kurse entwickelt – sie ist damit unter den Top Drei der sogenannten konsortialführenden Hochschulen. Der meistbesuchte Kurs der LMU im vergangenen Semester war „Basiswissen Chemie“, danach folgt die Medizin, aber auch Jura und die Pädagogik sind gut vertreten. Die Teilnehmerzahl hängt aber natürlich auch davon ab, ob der Kurs nur von zwei, also dem Minimum, oder zum Beispiel fünf Hochschulen beantragt und somit als (Wahl-)Pflichtveranstaltung geführt wurde. So muss das Basiswissen nicht an jeder Hochschule einzeln unterrichtet werden, und Studierende finden auch an kleinen Hochschulen Kurse für Orchideenfächer. Eine Förderung gibt es übrigens auch für Verbesserungsanträge, um die bisherigen Kurse zu aktualisieren.
Viele Dozierende sind in der Pandemie auf den Geschmack gekommen und haben festgestellt, dass E-Learning gar nicht so unheimlich ist
Simone Cramer, Referat eUniversity-Konzepte und -Dienste an der LMU
Zusätzlich zu den Classic-Kursen gibt es an der vhb seit zwei Jahren auch die Open-Kurse. Diese richten sich nicht ausschließlich an Studierende, sondern die breite Öffentlichkeit. Entsprechend gibt es keine ECTS-Punkte. Manche Open-Kurse sind auch abgespeckte Classic-Kurse, um zum Beispiel Studieninteressierten einen ersten Einblick zu geben. Die Kurse können auch von technikaffinen Seniorenstudierenden, zur beruflichen Weiterbildung oder einfach für die Allgemeinbildung genutzt werden. Die dritte vhb-Förderlinie nennt sich Smart. Dabei handelt es sich um eine 45-minütige Lehreinheit, die Dozierende in die Präsenzlehre einbinden können, beispielsweise bei einem komplizierten Thema. Entsprechend anschaulich und interaktiv muss dieser Kurs sein. In 2020 und 2021 Jahren wurden an der LMU 47 solcher Lerneinheiten gefördert.
„Viele Dozierende sind in der Pandemie auf den Geschmack gekommen und haben festgestellt, dass E-Learning gar nicht so unheimlich ist“, freut sich Cramer. Gerade die kurzen Smart-Kurse seien für den Einstieg ins E-Learning beliebt gewesen. Den öfter mal geäußerten Vorwurf, dass Dozierende nur auf Online-Kurse setzen, um sich bei der Lehre Zeit sparen zu können, weist Cramer zurück: „Der Aufwand ist nicht weniger groß.“ Generell seien Lehrende, die Online-Kurse anbieten, in der Regel besonders engagierte Dozierende. So können Studierende im Selbststudium ganz in ihrem Tempo lernen, damit in Präsenzveranstaltungen gemeinsam über das Erlernte diskutiert werden kann. (dl)
Die Virtuelle Hochschule Bayern (vhb) als Verbundeinrichtung von 32 Hochschulen in Bayern fördert und unterstützt die Entwicklung digitaler Lehreinheiten und setzen sich vor allem für einen Austausch und eine hochschulübergreifende Nutzung ein. Alle Kurse werden von Professorinnen und Professoren der Trägerhochschulen entwickelt und sind über Hochschulgrenzen hinweg nutzbar.