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Optische „Obertöne“ für Solarzellen

18.04.2018

NIM-Wissenschaftler der LMU haben einen neuen Effekt bei der optischen Anregung von Ladungsträgern in neuartigen und solar einsetzbaren Halbleitern gefunden. Dadurch könnte in Solarzellen auch Infrarotlicht in elektrische Energie umgesetzt werden.

Heutzutage stellen Halbleiter die wichtigste Materialgruppe für die Umwandlung von Sonnenlicht in elektrische Energie dar. Die International Energy Agency (IEA) berichtet, dass im vergangenen Jahr täglich etwa eine halbe Million Solarmodule installiert wurden. Allerdings zeigen Halbleiter-basierte Solarzellen immer noch relativ geringe Effizienzen bei der Energieumwandlung. Denn bis jetzt können entsprechende Halbleiter nur einen relativ kleinen Ausschnitt des Lichtspektrums mit hoher Effizienz in elektrische Energie umwandeln.

Die Position dieses Fensters im Lichtspektrum hängt dabei von einer charakteristischen Eigenschaft des Halbleiters ab, von seiner Bandlücke. Wenn beispielsweise ein Halbleiter gewählt wird, dessen Bandlücke im gelben Spektralbereich liegt, so passiert das Licht aus dem längeren Wellenlängenbereich, also Rot und Infrarot, diesen Halbleiter ungenutzt. Kürzerwelliges Licht, also grünes, blaues oder UV-Licht, welches eine höhere Energie besitzt als gelbes Licht, verliert dagegen seine überschüssige Energie in Form von Wärme. Höhere Effizienzen bei der Energieumwandlung mittels Halbleitern zu erzielen, ist also immer noch eine große Herausforderung.

Energieumwandlung mit Perovskit-Nanokristallen

Aurora Manzi, Wissenschaftlerin am Lehrstuhl für Photonik und Optoelektronik der LMU, der von Professor Jochen Feldmann geleitet wird, hat sich mit diesen Grenzen der Nutzbarkeit des optischen Spektrums im Rahmen ihrer Doktorarbeit beschäftigt. Hierzu hat sie die Absorption mehrerer Lichtteilchen (Photonen) in Perovskit-Nanokristallen studiert, einem neuartigen und vielversprechenden Materialsystem für die Photovoltaik.

„Normalerweise ist die Absorption mehrerer Photonen aus dem langwelligen Lichtbereich, also mit Energien unterhalb der Bandlücke des Halbleiters, sehr ineffizient“, hebt Aurora Manzi, die Erstautorin der Publikation in Nature Communications und Studentin im Graduiertenprogramm der Nanosystems Initiative Munich, kurz NIM, ist, hervor. „Deswegen war ich sehr überrascht, als ich beobachtete, dass dieser Prozess bei bestimmten Anregungswellenlängen plötzlich sehr viel effizienter wird. Zu Beginn haben wir dieses Phänomen nicht verstanden.“

Licht- und Exziton- „Obertöne“ in Resonanz

Nach intensiven Diskussionen erkannte das Forscherteam, dass diese Resonanzen immer dann auftreten, wenn die Vielfachen zweier bestimmter Frequenzen übereinstimmen, die der primären Lichtschwingung und die der Bandlücke, oder exakter die des Exzitons an der Bandlücke. Man kann dieses Phänomen mit der Resonanz von akustischen Obertönen vergleichen, die in vielen Musikinstrumenten genutzt wird. Wenn intensives rotes Licht auf einen nano-strukturierten Perovskit-Halbleiter gerichtet wird, dann tritt ein Prozess auf, der analog zu der Erzeugung von Obertönen bei einer Gitarrensaite beschrieben werden kann. Die zugrundeliegende Wellenlänge des Lichts erzeugt optische Schwingungen von höherer Ordnung, „Licht-Obertöne“, deren Frequenzen ganzzahlige Vielfache der primären Lichtschwingung sind. Tritt ein solcher „Licht-Oberton“ nun in Resonanz mit einem Oberton der Exziton-Bandlücke, so wird der Energieaustausch erhöht und führt an der Bandlücke zur verstärkten Erzeugung von Ladungsträgern, genauer gesagt von Exzitonen.

Ausgangspunkt für weitere Untersuchungen

„Die Resonanzen, die wir beobachten, ähneln dem physikalischen Phänomen, das zwischen zwei Gitarrensaiten abläuft,“ fährt Manzi fort, „Wenn wir eine erste Saite als Lichtanregung ansehen und eine zweite Saite als Exziton an der Bandlücke des Halbleiters, dann wissen wir aus der Akustik, dass sie in Resonanz treten, sobald ein Oberton der ersten Saite mit einem Oberton der zweiten Saite übereinstimmt.“

„Die Beobachtung dieses neuen Resonanz-Phänomens für die optische Anregung von exzitonischen Halbleitern könnte den Weg ebnen für effizientere Solarzellen, die langwelliges Licht in nutzbare elektrische Energie umwandeln“, fügt Feldmann hinzu. „Das ist eine erstaunliche Entdeckung, die möglicherweise Einfluss auf zukünftige solare Bauelemente nehmen kann. Zusammen mit Kollegen des Forschungsnetzwerks „Solar Technologies Go Hybrid“ (SolTech) werden wir versuchen, durch Spielen mit Obertönen innovative Anwendungen zu entwickeln.“ (NIM/LMU)

Zur Publikation : Manzi A u.a.: Resonantly enhanced multiple exciton generation through below-band-gap multi-photon absorption in perovskite nanocrystals. In: Nature Communications 2018

Mehr zur Forschung von Prof. Feldmann : Neuer Verbund: Grundlagenforschung für das Licht der Zukunft

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