News

Programme für die Praxis

10.04.2018

Jedes Jahr veranstaltet die Medizinische Fakultät der LMU drei Winter Schools: Oncology, Neurology und Clinical & Genetic Epidemiology. In kurzer Zeit sammeln die Studenten praktische Erfahrungen. Aber es geht nicht nur um Medizin...

Vorsichtig streift sich Youdong Chen von der chinesischen Tongji University die Untersuchungshandschuhe über. Anschließend legt er den Stauschlauch am Oberarm von LMU-Studentin Leslie Fairchild an und sucht mit der Spritze in der Hand nach der passenden Vene – dann sticht er zu. Es klingt nach einer Routineprozedur, doch im Gegensatz zu Deutschland ist es Medizinstudierenden in China nicht in jedem Krankenhaus erlaubt, Blut abzunehmen. Daher freut sich Youdong sehr, bei der rund vierwöchigen Oncology Winter School der LMU erste Praxiserfahrungen bei der Blutentnahme sammeln zu können. „Auch wenn mir Leslie manchmal leid tut, weil ich es nicht richtig gut mache“, sagt er und lacht. Youdong stapelt tief: Er wurde von seiner Universität für das Programm ausgewählt, weil er einer der besten seines Jahrgangs ist.

Stationsalltag lernen: schlechte Nachrichten überbringen Die Oncology Winter School der LMU gibt es bereits seit 2012. Die jeweils acht deutschen und internationalen Teilnehmer kommen neben China aus Brasilien, Russland und Südkorea. Bei dem Seminar sollen sie in erster Linie lernen, schwierige Gesprächssituationen mit Patienten zu üben. „Der Schwerpunkt liegt auf dem Überbringen schlechter Nachrichten“, erklärt Lisa Lechner vom Auslandsreferat der Medizinischen Fakultät. Sie organisiert die Winter School zusammen mit der Munich International Summer University (MISU) der LMU. Für das Training werden extra Schauspieler angeheuert, die von Ärzten auf eine bestimme Patientenrolle vorbereitet werden. Nach dem Gespräch erhält jeder Studierende ein Feedback, was gut oder schlecht gelaufen ist.

Leslie ist Youdongs Study Buddy. Das heißt, sie übersetzt Fachbegriffe ins Englische, beantwortet Fragen zum Medizinstudium an der LMU und erklärt das Gesundheitssystem in Deutschland. Youdong interessiert sich vor allem für das deutsche Versicherungswesen, die Immuntherapie und die Palliativmedizin. Leslie wiederum kann durch die kostenlose Winter School ihre gelernten klinischen Fähigkeiten als Peer Teacher weitergeben – ein zusätzlicher Übungseffekt. „Die Mischung aus Stationsalltag und Teaching hat mir sehr zugesagt“, erklärt die Medizinstudentin. Aber auch der Austausch mit den internationalen Studierenden und Professor Martin Dreyling vom Klinikum der Universität München sei sehr bereichernd gewesen.

In kurzer Zeit: Expertenseminare, Trainings, Ausflüge Zusätzlich zur Onkologie-Winterschule bietet die LMU seit 2015 noch die rund vierwöchige Neurology Winter School an. Dort stehen Neurowissenschaft, Neurochirurgie, Neuroradiologie und Psychologie im Vordergrund. Inhaltlich ist das Programm ähnlich aufgebaut: Wie die Kommilitonen von der Onkologie nehmen die Teilnehmer am Vormittag an Visiten und sogenannten Teaching Rounds teil, am Nachmittag besuchen sie Expertenseminare und Trainings. „Bei der Neurology Winter School stehen zusätzlich aber noch viele Besuche in verschiedenen Facheinrichtungen an“, erklärt Lechner. Dazu gehören das Deutsche Schwindel- und Gleichgewichtszentrum, das Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung sowie eine Exkursion zur Schön Klinik für Therapeutische Neurologie in Bad Aibling.

Ausflüge sind generell ein wichtiger Teil der Winter Schools. Gemeinsam mit den Kommilitonen aus München besichtigen die internationalen Studierenden neben München zum Beispiel Nürnberg oder das Schloss Neuschwanstein. Youdong hat besonders die KZ-Gedenkstätte in Dachau bewegt. Viele Teilnehmer organisieren auch auf eigene Faust Tagesausflüge nach Salzburg oder zum Skifahren in die Berge. „Es gab auch schon Konzertbesuche, internationale Potluck Dinner und die ein oder andere WG-Party“, erzählt Lechner und lacht. Die Organisatoren begrüßen das. Dadurch eignen sich die LMU-Studierenden interkulturelle Kompetenzen an, verbessern ganz nebenbei ihr Englisch und können den Kontakt zu internationalen Partneruniversitäten intensivieren.

Programme für angehende Profis Nicht zuletzt bietet das Institut für Medizinische Informationsverarbeitung Biometrie und Epidemiologie (IBE) der LMU seit 2013 die Winter School „Clinical & Genetic Epidemiology“ an. Sie dauert rund zwei Wochen und richtet sich an Master-Studierende und Doktoranden. Dieses Jahr waren 15 Teilnehmer aus den Bereichen Biologie, Psychologie, Medizin und Klinik dabei – unter anderem aus den USA, Ägypten, Mazedonien, Ungarn, Kenia und natürlich Deutschland. Hauptthemen der Winter School unter der Schirmherrschaft von Professor Konstantin Strauch und Professor Ulrich Mansmann vom IBE sind unter anderem Krebsgenomik, Metabolomik, Pharmakogenomik, translationale Medizin sowie ethische Aspekte der klinischen und genetischen Epidemiologie.

Ziel der Winter School ist es, den Teilnehmern neue Forschungsergebnisse der klinischen und genetischen Epidemiologie zu lehren. Dadurch sollen komplexe Krankheiten verstanden und neue Behandlungsstrategien gelernt werden. Man merkt: Das Programm richtet sich an angehende Profis. Ausflüge sind daher nicht geplant. „Das Gemeinschaftsgefühl wird aber zum Beispiel durch ein gemeinschaftliches Abendessen gefördert“, sagt IBE-Programmassistentin Monika Darchinger und lacht. Das Feedback der Teilnehmer gibt ihr Recht: Neben dem Wissen über praktische Datenverarbeitung, personalisierten Therapien und der Identifizierung von Biomarkern loben die Teilnehmer vor allem die Praxisnähe des Programms. „Mir wurden zahlreiche Tools zur Verfügung gestellt“, heißt es in der abschließenden Evaluation, „um mit den generierten Daten meine Forschungsergebnisse in klinische Anwendungen zu übersetzen.“ David Lohmann

Bald starten wieder die MISU Summer Schools mit einem breiten Angebot, von dem zum Teil auch LMU-Studenten profitieren können. Weitere Informationen auf der Webseite von MISU.

Wonach suchen Sie?