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Recht geschrieben

13.05.2018

Gesetzestexte auslegen und deuten gehört zum Grundhandwerk von Juristen – doch wie sie selbst Gesetze schreiben, lernen LMU-Studierende in einem tückenreichen Planspiel, bei dem auch eine Trillerpfeife nicht fehlen darf.

Ratssitzung im Münchner Rathaus, auf der Tagesordnung stehen heute die Abstimmung über eine Satzung für ein studentisches Festival und die Verordnung für eine Sportveranstaltung. Die Abgeordneten diskutieren lebhaft, als plötzlich die Saaltür auffliegt und ein junger Mann mit einer Trillerpfeife in den Saal bis vorn zum Tisch des Bürgermeisters stürmt. Sein Pfeifen übertönt die Debatte und er nutzt die Überraschung der Abgeordneten um lautstark in den Raum zu schreien, was er von der Veranstaltung hält: nämlich gar nichts.

Tatsächlich sind Störer im Rathaus keine Seltenheit, dieser jedoch ist eigentlich wissenschaftlicher Mitarbeiter an der juristischen Fakultät der LMU und hat zuvor genaue Anweisungen von seinem Chef, Professor Martin Burgi bekommen. Die Ratssitzung war nämlich Teil des Planspiels der Gesetzgebungswerkstatt, welche Burgi seit vergangenem Jahr gemeinsam mit Professorin Ann-Kathrin Kaufhold anbietet und im Rahmen von Lehre@LMU sogar schon mit dem LMU Lehrinnovationspreis ausgezeichnet wurde."

„Die Studierenden lernen in Vorbereitung auf das Staatsexamen hauptsächlich, wie man Gesetze auslegt und anwendet“, sagt Burgi. Dabei sei es gar nicht mal so unwahrscheinlich, dass sie später auch selbst Gesetze schreiben müssen: „Alleine an der LMU verabschieden wir jährlich Satzungen in knapp dreistelliger Höhe, auf kommunaler Ebene sind es nochmal wesentlich mehr.“ Deshalb sei es notwendig, dass die angehenden Juristen bereits im Studium die Möglichkeit hätten, das Verfassen von Normtexten zu lernen, in diesem Fall für ein studentisches Festival und eine Sportveranstaltung.

Wort für Wort auf der Goldwaage Das kam auch bei den Studierenden gut an: „Wir durften endlich mal selbst kreativ werden“, erzählt Jura-Studentin Lisa Hagen. Nach einer Theoriephase und einem Besuch im Bayerischen Landtag stiegen die Teilnehmenden direkt in das Planspiel ein und machte sich in Gruppen an das Verfassen der einzelnen Punkte. Dabei hat die juristische Sprache ihre Tücken: Die Texte müssen zum Beispiel geschlechtergerecht formuliert sein und jedes Wort auf die Goldwaage gelegt werden. So hat „unverzüglich“ bei Juristen eine andere Bedeutung als „sofort“. „Das war gar nicht so leicht“, sagt Lisa, „wir haben Wort für Wort und Satz für Satz diskutiert.“

Außerdem ließen Burgi und Kaufhold es sich nicht nehmen, besondere Schwierigkeiten einzubauen: So erhielten die Teilnehmer plötzlich eine E-Mail mit Extra-Wünschen von Interessensgruppen, die sie noch kurz vor Schluss berücksichtigen mussten. Die Professoren wollten das Spiel so möglichst realitätsnah gestalten: „Damit muss man immer rechnen bei der Gesetzgebung, dass sich hier und da noch jemand einmischt.“ Schließlich mussten die Studierenden noch die Ratssitzung vorbereiten, in der sie ihre Entwürfe gegen die Opposition, bestehend aus den beiden Professoren, und gegen unliebsame Störer verteidigen musste. „Aber da haben die Studierenden direkt streng durchgegriffen“, erzählt Burgi, der seine Studenten außerdem für ihre Fantasie lobt. Auch für dieses Semester ist der Sitzungssaal im Münchner Rathaus bereits gebucht – neue Überraschungen inklusive.

Lehre@LMU ist das Programm der LMU im Rahmen des "Qualitätspakts Lehre" von Bund und Ländern. Das Konzept bündelt Maßnahmen von der Förderung studentischer Forschungsprojekte und der Auszeichnung innovativer Lehrkonzepte über den Ausbau von Mentoringprogrammen bis hin zur Unterstützung Studierender in besonderen Lebenslagen.

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