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Sechs neue ERC-Grants an der LMU

03.09.2020

Sechs Nachwuchsforscherinnen und -forscher haben mit der LMU prestigeträchtige Starting-Grants des Europäischen Forschungsrats eingeworben.

Logo des erc (Europäischer Forschungsrat)

Sechs Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler verschiedener Disziplinen haben gemeinsam mit der LMU je einen Starting-Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) für ihre Forschung eingeworben. Die Projektförderung beträgt jeweils etwa 1,5 Millionen Euro. Sie wird anhand der wissenschaftlichen Exzellenz der Antragsteller sowie des beantragten Projekts vergeben und zählt zu den angesehensten Forschungsförderungen in Europa.

Zu den in dieser Runde erfolgreichen Wissenschaftlern, die bereits an der LMU forschen, zählen Professor Lena Daumann, Fakultät für Chemie und Pharmazie, Dr. Fabian Grusdt, Fakultät für Physik (Lehrstuhl für Theoretische Physik, Professor Ulrich Schollwöck), und Dr. med. Konstantin Stark, Medizinische Fakultät (Medizinische Klinik und Poliklinik I, Direktor Professor Steffen Massberg).Zudem haben Professor Lena Burbulla (bislang Northwestern University Chicago, USA) und Dr. Christoph Weber (Max-Planck-Institut für Physik komplexer Systeme, Dresden) einen Starting-Grant mit der LMU eingeworben. Dies gilt auch für Dr. Tomer Czaczkes (Universität Regensburg), der allerdings nicht an die LMU kommen wird.

Die neuen Projekte im Überblick:

Professor Lena Burbulla ist Research Assistant Professor of Neurology an der Northwestern University, Chicago, USA, und ausgewiesene Parkinson-Spezialistin. Sie erforscht, welche Rolle oxidativer Stress bei der neurodegenerativen Erkrankung spielt.

Bei der Parkinson-Krankheit, an der allein in Deutschland über 200.000 Menschen leiden, sterben die Zellen im Gehirn ab, die den Botenstoff Dopamin produzieren. Ohne Dopamin bleiben die Nervenimpulse aus, mit denen Bewegungen kontrolliert werden. An dopaminbildenden Nervenzellen, die sie mit einer speziellen Technologie aus Bindegewebszellen von Patienten zunächst zu induzierten pluripotenten Stammzellen reprogrammiert und dann zu Nervenzellen differenziert hatte, zeigte Burbulla, dass oxidativer Stress eine pathologische Kaskade in Gang setzt. Darunter leiden besonders die Mitochondrien, die Energieversorger der Zellen, und die Lysosomen, die normalerweise die Abfallentsorgung in den Zellen übernehmen. Es kommt verstärkt zu Ablagerungen von oxidiertem Dopamin, einem Hauptverursacher dieser Kaskade.

In ihrem ERC-Projekt „oxDOPAMINE“ (Unraveling the mystery of preferential degeneration of midbrain neurons in neurodegerative diseases) will Lena Burbulla nun untersuchen, was vor allem die Zellen im Mittelhirn anfällig für oxidiertes Dopamin und damit für den Untergang macht. Burbulla vermutet, dass vor allem ein defekter Dopamin-Stoffwechsel an den Synapsen und ein Ungleichgewicht im Eisen-Stoffwechsel dabei eine kritische Rolle spielen. Darum will die Forscherin auch andere noch seltenere neurodegenerative Erkrankungen in den Blick nehmen, an denen ebenfalls Störungen des Eisen-Haushaltes beteiligt sind.

Lena Burbulla studierte Biologie an der LMU und wurde an der Universität Tübingen promoviert. Sie forschte als Postdoktorandin an der Harvard Medical School, in der Neurologie des Massachusetts General Hospital, Boston, USA, und in der Neurologie der Feinberg School of Medicine der Northwestern University, Chicago, USA, wo sie derzeit als Assistant Professor arbeitet. Lena Burbulla wurde erst kürzlich von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit einer Heisenberg-Förderung ausgezeichnet und wird zukünftig an der LMU im Rahmen des SyNergy-Exzellenzclusters tätig sein.

Professor Lena Daumann ist Professorin für Bioanorganische Chemie und Koordinationschemie am Department Chemie der LMU. Sie erforscht unter anderem die biologische Rolle Seltener Erden, vor allem der Lanthanoide.Lanthanoide (Ln) sind technologisch unverzichtbare Rohstoffe, für die nachhaltige und effiziente Recyclingstrategien dringend benötigt werden. In ihrem ERC-Projekt LANTHANOPHOR („Innovative bioinspired strategies towards selective lanthanide complexation and separation: From bacterial chelators to applications“) untersucht Daumann, welche Strategien die Natur dafür entwickelt hat, denn es hat sich gezeigt, dass Bakterien Lanthanoide sehr effektiv mobilisieren und aufnehmen können. Die Ln-Aufnahmemechanismen dieser Bakterien sind noch weitgehend unerforscht, jedoch wurde vor kurzem die Beteiligung von mehrzähnigen Liganden zur Bindung von Lanthanoiden – sogenannte Lanthanophore (Lanthanoid-Träger) - nachgewiesen. Daumanns Ziel ist es, solche Lanthanophore umfassend zu charakterisieren und mit den gewonnenen Erkenntnissen die Entwicklung nachhaltiger Anwendungen für umweltfreundliche und schnelle Lanthanoid-Trennungs- und Recyclingtechnologien voranzutreiben.Lena Daumann studierte von 2003-2009 Chemie an der Universität Heidelberg. Von 2010 bis 2013 forschte sie an der University of Queensland in Australien, wo sie 2013 im Fach Bioanorganische Chemie promoviert wurde. Nach Stationen an der University of California, Berkeley, USA, und an der Universität Heidelberg ist sie seit 2016 Professorin am Department Chemie und Pharmazie der LMU.

Dr. Fabian Grusdt ist Quantenphysiker und forscht als DFG-Projektleiter am LMU-Lehrstuhl für Theoretische Nanophysik von Ulrich Schollwöck. Seine Forschung beschäftigt sich mit der Theorie stark korrelierter Quantensysteme und deren Quantensimulation. Grusdt untersucht das komplexe physikalische Verhalten derartiger Systeme, dessen mikroskopischer Ursprung nur unzureichend verstanden ist. Ein Beispiel dafür ist die Hochtemperatur-Supraleitfähigkeit. So wie die Entdeckung von Atomen und ihrer inneren Struktur die Vielfalt unserer Materie weitgehend erklären konnte, will Grusdt nun in seinem ERC-Projekt „SimUcQuam“ (Simulating ultracold correlated quantum matter: New microscopic paradigms) mikroskopische Bestandteile untersuchen, die das Verhalten stark korrelierter Quantensysteme erklären könnten. Dazu arbeitet der Physiker mit experimentellen Gruppen an der LMU zusammen, die Quantensimulatoren verwenden, um mit deren neuartigen Messmethoden die innere Struktur der mikroskopischen Bestandteile stark korrelierter Materie zu entschlüsseln. Anstelle der Absorptionslinien, welche die atomare Struktur unserer Materie offenlegten, sucht Grusdt nach ähnlichen Fingerabdrücken der mikroskopischen Bestandteile von stark wechselwirkenden Elektronen.

Fabian Grusdt studierte Physik an der TU Kaiserslautern und wurde dort im April 2015 promoviert. Nach drei Jahren als Postdoktorand am Physik-Department der Harvard University, Cambridge, USA, und einem weiteren an der Technischen Universität München begann er Anfang 2020 mit den Arbeiten zu seiner Habilitation an der LMU München.

Dr. Konstantin Stark leitet eine Forschungsgruppe an der Medizinischen Klinik und Poliklinik I des Klinikums der Universität München. Er untersucht, wie entzündliche Prozesse zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitragen. Die sterile Entzündung ist an der Entstehung von Erkrankungen wie Thrombose und Atherosklerose beteiligt und wird durch aktuelle Therapien nicht abgedeckt.

In seinem ERC-Projekt T-MEMORE (“Thrombotic Memory-Linking a break in tolerance to platelets to Rethrombosis”) wird der Mediziner einen Ansatz untersuchen, nach dem venöse Thrombosen eine chronische Entzündungsreaktion auslösen, die durch eine Immunantwort auf Blutplättchen verursacht wird. Patienten, die eine Thrombose erleiden, haben ein hohes Risiko für erneute Thrombosen, was bisher nur durch eine Blutverdünnung verhindert werden kann. Daher untersucht Stark in diesem Projekt, ob eine lokale Thrombose einen Gedächtniseffekt verursacht, der die Entstehung weiterer Thrombosen fördert. Diesen Gedächtniseffekt will Stark mithilfe innovativer in vivo Bildgebung in Knochenmark, Milz und Leber nachweisen und entschlüsseln. Anhand klinisch relevanter Modelle will er zudem das Potenzial für die gezielte Prävention und die Entwicklung neuer, personalisierter Therapien untersuchen, die erneute thrombotische Ereignisse verhindern sollen.

Konstantin Stark studierte Medizin an der TU München, wo er 2012 auch promovierte. Anschließend wechselte er an die Medizinischen Klinik und Poliklinik I des Klinikums der Universität München (Kardiologie). Dort leitet er seit 2019 die Forschungsgruppe „Mechanisms of sterile inflammation in cardiovascular diseases“.

Dr. Christoph Weber arbeitet bislang als Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Physik komplexer Systeme in Dresden. Er erforscht, welche physikalischen und chemischen Prinzipien der raum-zeitlichen Organisation in lebenden Zellen zugrunde liegen. Insbesondere konzentriert sich Weber auf die biologische Bedeutung von Phasenübergängen wie die Phasentrennung und die Aggregatbildung. In seinem ERC-Projekt „FuelledLife“ (Selection and Regulation of Compartments by Fuel-driven Phase Separation) will er eine Theorie entwickeln, die erklären soll, wie aus unbelebter Materie phasengetrennte Kompartimente mit lebensähnlichen Eigenschaften wie etwa der Selektion und der Vervielfältigung von Biomolekülen entstehen können. Eine solche Theorie würde es erlauben, die chemisch-physikalischen Mechanismen zu verstehen, wie phasengetrennte Proteinkondensate auch heute noch biochemische Prozesse regulieren. Diese Theorie würde zudem die Bedeutung von Phasentrennung am Ursprung des Lebens beleuchten. Insbesondere gilt es zu verstehen, wie sich frühzeitliche Zellen am Ursprung des Lebens vermehrten und warum sich nur bestimmte Gruppen lebensähnlicher Kompartimente durchsetzten.

Christoph Weber studierte Physik an der LMU, wo er 2013 auch promoviert wurde. Danach wechselte er als Postdoktorand zunächst ans Max-Planck-Institut für die Physik komplexer Systeme in Dresden. Im Anschluss forschte er an die Harvard University, Cambridge, USA. Anfang 2018 kehrte er als Leiter der Arbeitsgruppe „Mesoscopic Physics of Life“ ans Max-Planck-Institut für Physik komplexer Systeme sowie an das Zentrum für Systembiologie zurück.

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