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So funktioniert moderne Wissenschaft

20.02.2019

Seit 2017 kooperiert die LMU in Forschung und Lehre mit der Tel Aviv University, kurz TAU, in Israel. Obwohl im Bereich der Physik gestartet, ist die Kooperation, die finanziell von beiden Universitäten getragen wird, fächerübergreifend. Und sie ist s...

In der Workshop-Pause hat Professor Saharon Rosset nur für ein kurzes Interview Zeit, denn er will die verbleibende Zeit nutzen, um zwischen den Vorträgen mit einem LMU-Kollegen über mögliche gemeinsame Forschungsansätze zu sprechen. Schließlich ist für den Workshop nur ein Tag anberaumt, und es gibt viel Diskussionsbedarf. Ja, er findet die Kooperation wichtig, München sei klasse, die Kollegen seien großartig – und schon ist er fort und im Gespräch mit dem LMU-Kollegen. Genau das ist Sinn des Workshops: gemeinsame Themen finden, das Know-how von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zweier hervorragender Universitäten nutzen und die Forschung voranbringen.

Um Datenanalyse mit modernen statistischen und informatischen Methoden geht es in dem von Professor Göran Kauermann vom Institut für Statistik der LMU initiierten Workshop im Oktober 2018. Dessen Ziel: eine enge Verzahnung der beiden Fächer. Denn aufgrund der schieren Datenfülle, die sich in den vergangenen Jahren angesammelt hat, ist ein Umdenken in der Analyse gefragt. Statistiker interessiert hierbei, was konkret passiert, welche Inputgrößen welche Outputgrößen generieren, während die Informatiker im Sinne eines „what happens next?“ nach Lösungen suchen, wie die Analyse verbessert werden kann, etwa durch maschinelles Lernen oder durch künstliche neuronale Netzwerke. „Genau diese beiden Ansätze zu kombinieren bietet ein großes Potenzial“, ist sich Göran Kauermann sicher. Initiales Ereignis bei der Bündelung statistischer und informatischer Methoden war die Einrichtung des Elitestudiengangs Data Science, der genau diese Verzahnung im Rahmen eines ausschließlich englischsprachigen Masterprogamms forcierte. Und die Kooperation mit der TAU unterstützt dies hervorragend, da beide Universitäten sowohl im Bereich der Statistik als auch in den Computerwissenschaften über sich sehr gut ergänzende Forschungsprofile verfügten, so Göran Kauermann. Er sieht in dieser Hinsicht den Vorteil, auch Randbereiche zum Thema Data Science stärker zu akzentuieren. So etwa, indem ethische oder juristische Fragestellungen berücksichtigt werden und das ganze Thema in Bezug auf angewandte Forschung positioniert wird. Denn nicht nur die Statistik ist sehr anwendungsorientiert, sondern etwa auch die Sozial- oder Geisteswissenschaften – Stichwort „Digital Humanities“. Gerade hier passen auch die Profile beider Universitäten als klassische Volluniversitäten perfekt zueinander. „In dieser Hinsicht sehen wir den Workshop auch als Kick-off-Veranstaltung für den Ausbau der gemeinsamen Aktivitäten.“

Kooperation für die LMU Genau das sieht die Kooperation vor, denn die Workshops und die daraus resultierenden Forschungsthemen sind zwei ihrer wichtigen Bausteine. Der dritte sind Visiting Professorships, in deren Rahmen TAU-Wissenschaftler für ein Jahr an der LMU forschen können. „Die Visiting Professors müssen auch Vorlesungen anbieten“, betont der Physiker Professor Dieter Lüst, der die Kooperation LMU-seitig koordiniert, denn die Lehre sowie die Nachwuchsförderung sind fester Bestandteil. Die ersten beiden Visiting Professors der TAU stehen bereits fest: Professor Haim Wolfson, ein Computerwissenschaftler mit dem Schwerpunkt Structural Bioinformatics, wird an die Lehr- und Forschungseinheit Bioinformatik von Professor Ralf Zimmer kommen. Und der Historiker und Philosoph Professor Yossi Schwartz wird bei Professor Michael Brenner und Professorin Eva Haverkamp im Bereich Jüdische Geschichte zur Entstehung des mittelalterlichen philosophischen und wissenschaftlichen Vokabulars im Hebräischen forschen.

Strategische Bedeutung „Eine verstärkte internationale Ausrichtung in Forschung, Lehre, Nachwuchsförderung und Governance ist die Basis der langfristigen Entwicklungsplanung der LMU“, sagt Professor Hans van Ess, Vizepräsident für Internationales an der LMU. „Ein wichtiges Instrument sind dabei unsere strategischen Kooperationen mit ausgewählten Partnern weltweit, zu denen neben der TAU unter anderen auch Harvard, Berkeley, Cambridge, Tokio oder unser Netzwerk mit den führenden Universitäten in China zählen. Mit diesen hochrangigen Partnern wollen wir nachhaltige Forschungszusammenarbeit fördern und institutionalisieren“, so van Ess. Und sein Kollege im Präsidium der LMU, Dr. Sigmund Stintzing, ergänzt: „Die Schlüsselkooperation mit der TAU baut nicht nur die erfolgreiche Zusammenarbeit beider Universitäten in allen Fachbereichen aus. Sie ist auch ein wichtiger Bestandteil der Internationalisierungsstrategie der LMU im Rahmen des Zukunftskonzeptes LMUexcellent“, sagt der Vizepräsident.

Und außerdem: „Moderne Wissenschaft funktioniert am besten im Rahmen internationaler Kooperationen“, bringt es Daniel Nevo auf den Punkt, der seit Kurzem als Professor an der TAU zur Analyse hochdimensionaler Daten forscht. Er ist begeistert von der Kooperation im Allgemeinen und dem Workshop zu Data Science im Besonderen und sieht seine Erwartungen mehr als erfüllt. „Wir haben unterschiedliche Hintergründe. Und nur durch Zusammenarbeit können wir unser Wissen effizient nutzen. Wir müssen voneinander lernen.“

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