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Student schießt Marsfoto mit historischem Refraktor

02.03.2021

Lange war der historische Fraunhofer-Refraktor (Baujahr 1835) der Sternwarte in einem Dornröschenschlaf, bis Physikstudent Felix Langgaßner die historische Technik mit einer modernen Kamera kombinierte und ein beeindruckendes Marsbild aufnahm.

Felix Langgaßner am Fraunhofer-Refraktor

Das Teleskop aus dem Jahr 1835 war lange im Dornröschen-Schlaf. Bis dem Physikstudenten | © Daniela Preis

Felix Langgaßner (22) schaut konzentriert durch das Sucherfernrohr des 185 Jahre alten Fraunhofer- Refraktors in der Universitäts-Sternwarte der LMU (USM) im Münchner Stadtteil Bogenhausen. Er richtet das historische Linsenfernrohr auf den Mars aus. Fast 20 Nächte hat der Physikstudent zwischen September und Oktober dieses Jahres in der Sternwarte verbracht, um ein gutes Bild des Mars einzufangen. Er hat dafür nur wenige Versuche, denn oft bleiben die Bedingungen für ein gutes Foto nur einige Minuten so günstig wie jetzt, wo die Luft relativ ruhig und der Himmel fast wolkenlos ist. Felix kontrolliert ein letztes Mal den Fokus und startet die Aufnahme.

„Wir hatten noch nie so ein schönes Bild vom Mars mit diesem historischen Refraktor“, lobt Arno Riffeser (47), Akademischer Oberrat an der USM, seinen Studenten. „Was Felix geschafft hat, ist wirklich sensationell.“ Das finden auch Astronomiekollegen aus Chile, die Felix’ Bild ihren Studierenden und Wissenschaftskollegen zeigen wollen, und Kollegen aus Polen, die sein Bild in einer Astronomiezeitschrift veröffentlichen. Dabei war es ein glücklicher Zufall, dass Felix das Fraunhofer-Teleskop für die Marsbilder verwendet hat. Felix schreibt gerade seine Bachelorarbeit in Physik an der LMU über die Optik von historischen und modernen Teleskopen. Das moderne Teleskop stand leider kurzfristig nicht zur Verfügung, weshalb er das 185 Jahre alte Fraunhofer-Teleskop nutzte. „Es macht mir sogar mehr Spaß, damit zu arbeiten anstatt mit einem modernen, weil man bei dem historischen alles selber einstellen muss“, erzählt Felix.

Vier Jahr lang das beste Teleskop der Welt

Der Fraunhofer-Refraktor wurde von Joseph von Fraunhofer (1787-1826) konstruiert und im Jahre 1835 im Park der Universitäts-Sternwarte München aufgestellt. „Das Linsenfernrohr war damals mit seinem riesigen Linsendurchmesser von 28,5 Zentimetern, einer Brennweite von fünf Metern und wegen seines hohen Auflösungsvermögens vier Jahre lang das beste Teleskop der Welt“, erklärt Riffeser. Es ist dank dieser Eigenschaften auch heute noch sehr gut geeignet für die Planetenfotografie und etwas Besonderes, denn weltweit gibt es nur wenige Linsenfernrohre dieser Größe. Fraunhofer hat sich schon damals einige Tricks überlegt, die noch heute in anderer Form bei Teleskopen eingesetzt werden. So befindet sich unter dem Fernrohr ein großer Keller, der die Raumtemperatur stabilisiert und dadurch Luftschwankungen verringert. Heutzutage nutzt man dafür Klimaanlagen. Außerdem ist das Teleskop entkoppelt vom Boden der Sternwarte, damit keine Vibrationen übertragen werden. Auch bei modernen Teleskopen wendet man diese Technik an.

Für die Marsaufnahmen hat sich Felix Langgaßner eine hochempfindliche Digitalkamera zugelegt, die Farbkamera ZWO ASI 224MC, und dabei modernste Technik mit der historischen Optik des Fraunhofer- Refraktors kombiniert. Diese Kamera nimmt in kurzer Zeit sehr viele Bilder auf, etwa 6.000 Bilder pro Minute, und verwendet dafür sehr kurze Belichtungszeiten von hundertstel Sekunden. Die Bilder sind noch nicht scharf und müssen aufwendig nachbearbeitet werden. „Mit dieser Technik filmt man den Planeten sozusagen und erhält sehr viele Einzelbilder, von denen die Besten später am Computer zu einem Gesamtbild zusammengefügt werden“, erklärt der Student. „Lucky Imaging“ wird das genannt. Ein sogenanntes Stacking-Programm schafft es, durch die Kombination aus mehreren Einzelbildern – Stacking – im Gesamtbild Luftunruhen – das sogenannte „Seeing“ – sowie das Rauschen der Bilder herauszurechnen. Das Rauschen entsteht unter anderem durch den hohen ISO-Wert der Kamera, der für kurze Belichtungszeiten nötig ist. Damit sich die Eigenrotation des Planeten auf den Bildern nicht auswirkt, mussten diese außerdem in einem kurzen Zeitintervall aufgenommen werden. Anschließend schärfte Langgaßner die Bilder mit der Software „Registax 6“ nach und brachte beeindruckende Details zum Vorschein.

Ein Planetenfoto muss sein

Nicht nur in seiner Bachelorarbeit beschäftigt sich der Student mit Astronomie, er ist zudem seit über vier Jahren begeisterter Amateur-Astrofotograf. „Es hat mich geärgert, dass ich die Sonnenfinsternis 2015 nicht richtig fotografieren konnte“, erinnert er sich. „Da habe ich mir gesagt: Nächstes Mal kann ich das auch!“ Felix legte sich also ein Teleskop zu und stellte schnell fest, dass ihm das sehr viel Spaß macht. Den Mars suchte er für seine jetzige Planetenfotografie aus, da dieser sich Mitte Oktober in Opposition zur Erde befand, das heißt der Erde gegenüberstand, und dabei eine beachtliche Höhe am Nachthimmel erreichte. Gerade dann sind die Bedingungen für die Planetenfotografie günstig, da der Planet der Erde sehr nah ist und von der Sonne voll ausgeleuchtet wird. Felix wäre nicht verpflichtet gewesen, ein Planetenfoto für seine Bachelorarbeit zu machen, er wollte aber gerne. „Ich finde, man kann mit dem bloßen Auge die Planeten im Teleskop nie so sehen, wie man sie mit der fotografischen Technik sichtbar machen kann“, schwärmt er. Das rechnet Riffeser ihm hoch an: „Ich habe selten einen Studenten erlebt, der so enthusiastisch ist im Bereich der Astrofotografie.“ Felix hat durch seine beeindruckende Planetenfotografie gezeigt, welche Leistung das historische Fraunhofer-Teleskop noch erbringen kann, und es damit aus seinem Dornröschenschlaf erweckt. Bisher wurde es nur gelegentlich zu Vorführungszwecken genutzt. Riffeser möchte nun für die Sternwarte eine vergleichbare Kamera anschaffen, damit weitere motivierte Studenten die Liebe zur Astronomie entdecken können. Daniela Preis

Der historische Refraktor der Universitätssternwarte in der Scheinerstraße ...

... und das Marsbild, das Felix Langgaßner damit geschossen hat.

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