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Teilzeitarbeit ist wichtiger Treiber des Gender Wage Gap

22.02.2022

Teilzeitarbeit befördert die geschlechterspezifische Lohnlücke in Deutschland.


  • LMU-Soziologinnen verfolgen Gender Wage Gap über 30 Jahre von 1985 bis 2014 und zeigen: Die Lohnlücke zwischen Teil- und Vollzeitjobs nimmt zu; zugleich arbeiten zunehmend Frauen in den geringer bezahlten Teilzeitjobs.
  • Unterschiede im Erwerbsumfang von Männern und Frauen sollten in Arbeits- und Familienpolitik stärker berücksichtigt werden, so die Soziologinnen.

Der Begriff Gender Wage Gap bezeichnet die ungleichen Löhne zwischen Männern und Frauen, wobei Frauen im Durchschnitt weniger verdienen. Oberflächlich betrachtet stagniert diese Lohnlücke zwischen Männern und Frauen, obwohl Frauen in den vergangenen Jahrzehnten bei Bildungsabschlüssen und Berufserfahrung gegenüber den Männern deutlich aufgeholt haben. Eine neue Studie zeigt nun gegenläufige Faktoren auf: Insbesondere Teilzeitarbeit befördert den Gender Wage Gap sogar: „Die starke Ausweitung von Teilzeitarbeit in den vergangenen Jahrzehnten speziell bei Frauen ist mit einer deutlichen Ausweitung des Gender Wage Gap einhergegangen“, sagt LMU-Soziologin Katrin Auspurg. „Das liegt an den zunehmenden Lohnunterschieden zwischen Teilzeit- und Vollzeitarbeit und daran, dass vor allem Frauen zunehmend Teilzeit arbeiten.“

Katrin Auspurg, Inhaberin des Lehrstuhls für Quantitative Methoden der Empirischen Sozialforschung an der LMU, und ihre wissenschaftliche Mitarbeiterin Laila Schmitt haben die Entwicklung der Lohnungleichheit bei den Stundenlöhnen zwischen Männern und Frauen in Westdeutschland über den Zeitraum von 30 Jahren untersucht. „Damit zeigen wir eine längere Trendreihe der geschlechtsspezifischen Lohnlücke, als es sie bislang gab“, so Laila Schmitt. Die Studie zeigt auch: Der Abstand in der Bezahlung von Teilzeit- und Vollzeitjobs ist über die Zeit sogar noch größer geworden. Ohne diese Entwicklungen hätte sich der Gender Wage Gap in Westdeutschland nach der Studie in den letzten drei Jahrzehnten um weitere 17 Prozent geschlossen.

Mehr Erwerbsbeteiligung von Frauen, aber zu geringeren Löhnen

In den vergangenen Jahren hat die Erwerbsbeteiligung von Frauen stark zugenommen, doch die Forscherinnen stellen fest: Die Geschlechterungleichheit beim Lohn hat sich vergrößert. „Die Ausweitungen der Möglichkeit, Teilzeit zu arbeiten, hat zwar mehr Frauen in den Arbeitsmarkt gebracht, aber die kürzeren Arbeitszeiten gehen mit geringeren Stunden- und Monatslöhnen unter Beschäftigten einher“, erklärt Laila Schmitt.

Die Forscherinnen plädieren dafür, geschlechtsspezifische Unterschiede im Erwerbsumfang in der Familien- und Arbeitsmarktpolitik stärker zu berücksichtigen. Ausgewogenere Arbeitszeiten und höhere Stundenlöhne könnten zu einer Schließung des Gender Wage Gap führen. Mögliche Ansatzpunkte dafür wären, den Anteil von Männern in Teilzeitjobs zu erhöhen oder durch institutionelle Rahmenbedingungen (wie etwa andere Arbeitsorganisationen) besser bezahlte Teilzeitarbeit zu fördern.

Kontakt:
Laila Schmitt Institut für Soziologie der LMU
Tel.: +49 (0)89 2180 – 2929
E-Mail: laila.schmitt@lmu.de
www.ls4.soziologie.lmu.de/schmitt

Prof. Dr. Katrin Auspurg
Institut für Soziologie der LMU
Tel.: +49 (0)89 2180 – 5938
E-Mail: katrin.auspurg@lmu.de
www.ls4.soziologie.lmu.de/auspurg

Publikation:
A Stall only on the Surface? Working Hours and the Persistence of the Gender Wage Gap in Western Germany 1985-2014
Laila Schmitt, Katrin Auspurg
European Sociological Review 2022
DOI: https://doi.org/10.1093/esr/jcac001
https://academic.oup.com/esr/advance-article-abstract/doi/10.1093/esr/jcac001/6531914

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