Wie Pflanzen ihre lichtsammelnden Membranen gegen Umweltstress stärken
30.06.2021
Eine internationale Studie hat die Struktur eines Proteins aufgeklärt, das photosynthetische Membranen aufbaut und aufrechterhält.
30.06.2021
Eine internationale Studie hat die Struktur eines Proteins aufgeklärt, das photosynthetische Membranen aufbaut und aufrechterhält.
Pflanzen, Algen und Cyanobakterien nutzen Kohlendioxid und Wasser, um durch Photosynthese Biomasse und Sauerstoff zu erzeugen. Dieser Prozess ist die Grundlage allen Lebens auf der Erde. Durch den Klimawandel sind photosynthetische Organismen jedoch einem zunehmenden Umweltstress ausgesetzt, der ihr Wachstum hemmt und langfristig die Ernährung der Menschheit gefährdet.
Eine internationale Studie, an der auch der LMU-Biologe Jörg Nickelsen mit seinem Team maßgeblich beteiligt war, hat nun die die Struktur eines Proteins aufgeklärt, das photosynthetische Membranen aufbaut und aufrechterhält. Diese Erkenntnisse legen den Grundstein für biotechnologische Anstrengungen, um Pflanzen gegen Umweltstress zu stärken.
Die wichtigen ersten Schritte der Photosynthese finden innerhalb der Thylakoidmembranen statt. Diese enthalten Proteinkomplexe, die das Sonnenlicht einfangen. Seit Jahrzehnten ist bekannt, dass das Protein VIPP1 (vesicle-inducing protein in plastids) bei fast allen photosynthetischen Organismen für die Bildung dieser Membranen entscheidend ist. „Bisher war es jedoch ein Rätsel, wie VIPP1 diese essenzielle Funktion ausführt“, sagt Steffen Heinz, Postdoc in Nickelsens Team und einer der Erstautoren der Veröffentlichung. Dies konnten die Forscher in der vom Helmholtz Zentrum München geleiteten Studie nun auf molekularer Ebene enthüllen.
Mit Hilfe von Kryo-Elektronenmikroskopie erstellten die Wissenschaftler eine erste hochaufgelöste Struktur von VIPP1. Die Kombination dieser Strukturanalyse mit weiteren funktionellen Untersuchungen zeigte, wie sich VIPP1 zu einer verwobenen Membranhülle zusammensetzt, welche die Thylakoidmembranen formt. Die Forschungsgruppe nutzte auch den hochmodernen Ansatz der Kryo-Elektronentomographie, um VIPP1-Membranen in der natürlichen Umgebung von Algenzellen abzubilden. Indem sie spezifische Mutationen an VIPP1 vornahmen, beobachteten die Wissenschaftler, dass die Interaktion von VIPP1 mit Thylakoidmembranen entscheidend ist, um die strukturelle Integrität dieser Membranen unter hohem Lichtstress aufrechtzuerhalten. Das Protein spielt demnach sowohl bei der Entstehung der Thylakoide als auch bei ihrer Anpassung an Umweltveränderungen eine zentrale Rolle.
Diese Studie legt nach Überzeugung der Forscher den Grundstein für ein besseres mechanistisches Verständnis darüber, wie sich Thylakoide bilden und aufrechterhalten. Sie bietet auch neue Möglichkeiten für die Stärkung von Pflanzen, die widerstandsfähiger gegen extreme Umweltbedingungen sind.
Gupta et al.: Structural basis for VIPP1 oligomerization and maintenance of thylakoid membrane integrity. Cell 2021