News

Zwei LMU-Forschende mit HFSP Grant ausgezeichnet

21.04.2023

Dieter Braun und Christof Osman haben zusammen mit internationalen Partnern jeweils eine Millionenförderung des Human Frontier Science Program eingeworben.

Die Evolution der ersten Zellen und zelluläre Alterungsprozesse – damit beschäftigen sich zwei interdisziplinäre Großprojekte, für die der LMU-Physiker Professor Dieter Braun und Professor Christof Osman vom Biozentrum der LMU nun mit einem renommierten Forschungsförderpreis des internationalen „Human Frontier Science Program" (HFSP) ausgezeichnet werden. Die Fördersumme beträgt jeweils rund eine Million Euro.

Die Evolution der ersten Zellen

Prof. Dr. Dieter Braun

Prof. Dr. Dieter Braun | © Christoph Hohmann

Der Biophysiker Dieter Braun wird als Leiter des Projekts „Autonomous evolution of synthetic cells under non-equilibrium conditions“ gemeinsam mit Kerstin Göpfrich (Max-Planck-Institut für Medizinische Forschung in Heidelberg) und Tomoaki Matsuura (Earth-Life Science Institute, Tokyo Institute of Technology Meguro-Ku, Japan) die Evolution von Zellen untersuchen. Zunächst geht es dabei darum zu verstehen, wie Protozellen im Lauf der Erdgeschichte entstanden sind. Darauf aufbauend will das Team um Braun dann zum ersten Mal experimentell nachverfolgen, wie sich solche synthetischen Protozellen in einem Nicht-Gleichgewichtszustand entwickeln. Diese darwinistische Evolution soll ohne Eingreifen der Forschenden ablaufen.

Das Team verfolgt dabei die Idee, dass sich die Komplexität molekularer und zellulärer Systeme nahezu zwangsläufig aus einfacheren Systemen entwickelt hat. „Bei all diesen hierarchischen Schritten versuchen wir, evolutionäre Schritte durch physikalische Prozesse anzustoßen“, sagt LMU-Biophysiker Dieter Braun. „Die Entstehung eines zellulären Phänotyps hat die Effizienz Darwin’scher Evolution auf ein neues Niveau gehoben – dabei ist bisher noch unklar, wie sich so eine zelluläre Evolution von alleine entwickeln konnte.“

Die sich entwickelnde Funktionsfähigkeit von Biomolekülen in Protozellen wollen die Forschenden im Experiment beobachten. Der gesamte Mechanismus beinhaltet sowohl die Vervielfältigung von Erbinformationen wie auch die Konzentration von Biomolekülen und die Bildung von Zellkompartimenten, sogenannten Vesikeln. Das System der synthetischen Zellen wird dabei in einem mikrofluiden Durchflusssystem durch Erhitzen und Abkühlen oder Gefrieren und Auftauen in Nicht-Gleichgewichtszustände gebracht. Ziel ist es zu verstehen, wie in diesen Zellen schrittweise eine funktionelle Komplexität entsteht.

Prof. Dr. Dieter Braun ist seit 2007 Professor für System-Biophysik an der LMU. 2018 zeichnete ihn der Europäische Forschungsrat (ERC) mit einem Advanced Grant aus. Seit 2018 ist er zudem Sprecher des DFG-geförderten Sonderforschungsbereichs „Emergence of Life“.

Zelluläre Alterungsprozesse

Prof. Dr. Christoph Osman

Prof. Dr. Christoph Osman | © Carolin Bleese

Der Zellbiologe Christof Osman wird als Leiter des Projekts „Intracellular selection and dynamics of mitochondrial ageing“ gemeinsam mit Professor Michael Krieg (ICFO – The Institute of Photonic Sciences in Barcelona, Spanien) und Professor Boris Shraiman (University of California, Santa Barbara, USA) den Rückgang der Mitochondrienfunktion während des Alterungsprozesses untersuchen. Mitochondrien sind zelluläre Organellen, die für die Energieversorgung der Zellen verantwortlich sind. Sie besitzen eine eigene Erbsubstanz, die mtDNA. Mutationen der mtDNA werden mit verschiedenen Krankheiten und dem Alterungsprozess in Verbindung gebracht, daher ist es wichtig, altersbedingte mtDNA-Veränderungen zu verstehen.

Das Team will Fluoreszenzmikroskopie an lebenden Zellen sowie optische und mikrofluidische Instrumente einsetzen, um im Modellorganismus Bäckerhefe mtDNA-bezogene Veränderungen während der Lebensdauer einzelner Zellen zu überwachen. Die daraus resultierenden Daten werden die Forschenden mithilfe mathematischer Modelle quantitativ analysieren, um Prozesse und Mechanismen aufzudecken, die am Zerfall oder an der Aufrechterhaltung der mtDNA-Integrität während des Alterungsprozesses beteiligt sind.

„Da der altersbedingte mtDNA-Zerfall von der Hefe bis zum Menschen verbreitet ist, verspricht unser Projekt weitreichende, grundlegende Erkenntnisse über die Mechanismen, die unsere Lebenserwartung bestimmen“, sagt Osman. „Unsere Ergebnisse können möglicherweise dazu beitragen, neue Möglichkeiten für therapeutische Eingriffe bei altersbedingten Krankheiten zu entwickeln.“

Prof. Dr. Christof Osman schloss sein Promotionsstudium 2008 in Köln ab, nachdem er in Bonn und Köln Biologie studiert hatte. Nach einem Postdoc-Aufenthalt an der University of California, San Francisco, ist er seit 2017 Professor für Zellbiologie an der LMU.

Das internationale Human Frontier Science Program fördert neuartige, innovative und interdisziplinäre Grundlagenforschung, die sich mit den komplexen Mechanismen lebender Organismen befasst. Den Projekten müssen Forscher aus mindestens zwei Ländern angehören. Unterstützt wird das Programm von zahlreichen Staaten sowie der Europäischen Union. Die Förderung ist hart umkämpft, in diesem Jahr waren nur rund sechs Prozent der Bewerber erfolgreich.

Wonach suchen Sie?