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Blaulicht gegen Diabetes

07.04.2016

LMU-Forscher haben einen für den Insulinhaushalt wichtigen Rezeptor mit einem optischen Schalter ausgestattet: Blaulicht aktiviert den Schalter und steigert die Insulinausschüttung.

Diabetes Typ 2 ist eine der häufigsten Volkskrankheiten. Die chronische Stoffwechselerkrankung führt zu einem erhöhten Blutzuckerspiegel, da die Körperzellen nicht mehr adäquat Insulin ausschütten oder darauf reagieren. Der Rezeptor GLP-1R reguliert die Insulinausschüttung im Körper und spielt daher für die Behandlung von Typ-2-Diabetes eine wichtige Rolle. Wissenschaftler um Dirk Trauner, LMU-Professor für Chemische Biologie und Genetik, haben in Kooperation mit Forschern um David Hodson (Imperial College London) nun ein Molekül mit Licht steuerbar gemacht, mit dessen Hilfe GLP-1R optisch reguliert und die Insulinausschüttung verstärkt werden kann. Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin Angewandte Chemie.

„Als Andockstelle für unseren neuen molekularen Schalter nutzen wir ein sogenanntes allosterisches Zentrum des GLP-1R“, erklärt Johannes Broichhagen, der Erstautor der neuen Studie. „Darunter versteht man eine bestimmte Region des GLP-1R, an die regulatorische Moleküle binden und dadurch eine Strukturänderung hervorrufen, die den Rezeptor sensitivieren können.“ Diese allosterische Regulation kann die Arzneimittelspezifität von Rezeptoren wie GLP-R1 erhöhen und neue therapeutische Ansätze ermöglichen. „Bisher war die Wirkstoffentwicklung allerdings dadurch erschwert, dass allosterische Bindungsstellen nicht präzise genug steuerbar sind“, sagt Trauner. Nun gelang den Wissenschaftlern ein entscheidender Fortschritt, indem sie einen synthetischen Bindungspartner des allosterischen Zentrums mit einem molekularen Schalter ausstatteten, der auf Licht reagiert.

Der auf diese Weise entstandene Schalter PhotoETP, wie die Wissenschaftler ihre neues Molekül nannten, erlaubt eine präzise optische Kontrolle von GLP-1R: Der neue Fotoschalter bindet in seiner inaktiven Form an das allosterische Zentrum von GLP-1R. Die Beleuchtung mit blauem Licht aktiviert PhotoETP, dadurch kommt es zu einer Strukturänderung des Rezeptors, die diesen aktiviert und eine vermehrte Insulinausschüttung bewirkt. „Diesen Prozess können wir gut steuern, da sich Licht sehr exakt kontrollieren lässt“, betont Broichhagen. Voraussetzung für die Insulinausschüttung ist allerdings, dass auch das orthosterische, also das Hauptzentrum von GLP-1R aktiviert wird. „Dafür kommen zwei Bindungspartner in Frage“, sagt Broichhagen, „und interessanterweise konnten wir gerade mit dem Bindungspartner, der GLP-1R im Normalfall eher schwach aktiviert, die Insulinausschüttung durch den Einsatz von PhotoETP und blauem Licht verdoppeln.“

Als nächsten Schritt wollen die Wissenschaftler eine Variante ihres Schalters entwickeln, die auf Rotlicht reagiert, das im Gegensatz zu blauem Licht auch tiefer liegende Gewebeschichten erreicht. Außerdem planen sie die Synthese zusätzlicher, strukturell ähnlicher Moleküle: „GLP-1R gehört zur großen Klasse der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren, von denen viele pharmazeutische Zielrezeptoren sind“, sagt Trauner. „PhotoETP ist daher eine vielversprechende Vorlage für die Entwicklung auch von anderen möglicherweise therapeutisch einsetzbaren photoschaltbaren Molekülen für Rezeptoren dieser Klasse. Dies kann zudem helfen die genaue Kooperation der allosterisch-orthosterischen Wechselwirkungen des GLP-1Rs aufzuklären um einen besseren Einblick in dessen Funktion zu erhalten.“Angewandte Chemie 2016

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