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Ein kosmopolitischer Ort

11.11.2019

Im Rahmen eines neues Ausgrabungsprojekts deutscher und italienischer Forscher fanden die LMU-Archäologen Paul Scheding und Francesca Diosono Belege, dass sich nahe Terracina einst der erste hellenistische Terrassen-Tempel der Region befand.

Hoch über der antiken Stadt Tarracina, dem heutigen Terracina südlich von Rom, lag einst ein großräumiges Terrassenheiligtum mit einem kleinen Tempel. Von dort hatte man einen weiten Blick über den Hafen auf der einen und die Stadt an der Via Appia auf der anderen Seite, der wichtigsten Verbindungsstraße nach Rom. Paul Scheding und Francesca Diosono vom Institut für Klassische Archäologie der LMU München widmen sich in einem neuen, auf drei Jahre angelegten Ausgrabungsprojekt vor allem dem kleinen Tempel. Sie konnten nun erstmals dessen genaue Lage rekonstruieren und dabei belegen, dass das Bauwerk bereits im 2. Jahrhundert vor Christus entstand. Es ist damit die älteste hellenistische Anlage dieser Art in Latium, möglicherweise der erste Terrassen-Tempel überhaupt in der Region. „Der Tempel unterstreicht die Bedeutung Tarracinas in dieser Zeit“, sagt Diosono. „Die Stadt hatte offenbar Kontakt zu den wichtigen hellenistischen Metropolen des Mittelmeerraums, und zwar bereits vor der römischen Eroberung der Region.“

Der terrassenartige Berg Monte Sant'Angelo und der kleine Tempel waren einst allein kultischen Handlungen vorbehalten. Die Frontseite des Heiligtums war gezielt zur Via Appia ausgerichtet und damit zur Stadt und nicht zum Meer, auch das haben die Ausgrabungen nun belegt. „Es gab zu allen wichtigen Festtagen Prozessionen von der Stadt zum Heiligtum“, sagt Scheding. Händler und Reisende besuchten den kleinen Tempel. Wem die hellenistische Anlage geweiht war, wissen die Forscher noch nicht. Ungewöhnlich für ein Heiligtum ist auch die hohe Anzahl von Zisternen. Wofür derart viel Wasser gebraucht wurde, ist noch unklar.

Bei ihren Grabungen entdeckten die Archäologen auf dem Monte Sant'Angelo auch Spuren einer vorrömischen Besiedlung aus dem 9. bis 7. Jahrhundert vor Christus. Wer dort einst vor dem Bau des römischen Heiligtums lebte, ist noch unklar. Literarisch sind in der Region ab dem 6. Jahrhundert vor Christus die sogenannten Volsker belegt, allerdings gibt es für dieses Volk bislang kaum archäologische Nachweise. Weitere Grabungskampagnen in den kommenden beiden Jahren sollen klären helfen, wie sich das Heiligtum vor und nach der römischen Eroberung entwickelte.

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