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Feinstes Gespür für Moleküle

22.09.2015

Wissenschaftler von LMU und MPQ haben einen Infrarot-Laser entwickelt, der mit einer hohen Empfindlichkeit Moleküle aufspüren kann.

Wenn es um das Aufspüren einzelner Moleküle geht, ist Infrarotlicht ein hervorragender Helfer. Denn Moleküle reagieren auf das, für uns unsichtbare, Licht sehr individuell. Besonders effektiv auf der Suche nach Molekülen mit Infrarotlicht ist der Einsatz einer ausgefeilten Lasertechnik, die Wissenschaftler der LMU und des Labors für Attosekundenphysik am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Kooperation mit dem Institute of Photonic Sciences in Barcelona nun in eine weltweit einzigartige Lichtquelle gepackt haben.

Die Lichtblitze des neu entwickelten Kurzpulslasers sind extrem leistungsfähig. Mit ihrer Hilfe können einzelne Moleküle unter Milliarden anderer erkannt werden. Mit dem Laser wollen die Forscher auf die Suche nach molekularen Krankheitsindikatoren in der Atemluft gehen. Über ihre Ergebnisse berichten sie aktuell in der Fachzeitschrift Nature Photonics.

Weltweit einzigartige Quelle für ultrakurze Pulse Dass es jenseits des sichtbaren Lichts noch eine weitere Art der Strahlung gibt, die die Sonne auf die Erde schickt, ist erst um das Jahr 1800 bekannt geworden. Damals entdeckte der deutsch-britische Astronom Wilhelm Herschel im Zuge seiner Versuche mit Prismen und einem Thermometer, dass es die Infrarot-Strahlung gibt. Heute nützt der Mensch die Infrarotstrahlung unter anderem zur Erforschung des Mikrokosmos. Das Forscherteam an der LMU und am MPQ hat jetzt in Kooperation mit dem Institute of Photonic Sciences (ICFO) in Barcelona einen Laser entwickelt, der ihnen eine enorme Kontrolle über mittleres, infrarotes Licht verschafft.

Der Laser ist eine weltweit einzigartige Quelle für ultrakurze Pulse, denn er verbindet gleich mehrere Eigenschaften einer Lichtquelle miteinander. Das ausgesandte Licht ist extrem brillant. Das heißt: Es werden sehr viele Photonen mit gleicher Wellenlänge in einen einzelnen Impuls verpackt. Dabei deckt das Licht nahezu das gesamte Spektrum des Mittleren Infrarot ab und reicht von 6,8 bis 18 Mikrometer Wellenlänge. Die Wellen sind zeitlich und räumlich kohärent. Das heißt, sie werden in regelmäßigen Abständen ausgesandt. Jeder Laserimpuls dauert rund 66 Femtosekunden (eine Femtosekunde ist ein Millionstel einer Milliardstel Sekunde), in dieser Zeit führt das Licht zwei ganze Lichtschwingungen aus. Die Impulse wiederholen sich 100 Millionen Mal pro Sekunde.

Mit diesen Eigenschaften wird der Laser zu einem Suchgerät, mit dessen Hilfe man Moleküle in Flüssigkeiten oder Gasen aufspüren kann. Denn Moleküle reagieren vor allem auf mittleres infrarotes Licht sehr empfindlich. Trifft die Strahlung auf die Teilchen, absorbieren diese individuell ganz bestimmte Wellenlängen ihres Spektrums. Damit verfügt jedes Molekül über einen unverwechselbaren Fingerabdruck, denn die absorbierten Photonen tauchen nach der Licht-Materie-Wechselwirkung im Infrarotspektrum des Laserpulses nicht mehr auf. Die Forscher sehen anhand des übrig gebliebenen Lichts mit welchen Molekülen es Kontakt hatte, und können so auf die Art und Menge der vorhandenen Moleküle rückschließen. „Da wir nun über eine kompakte Quelle für hochbrillantes, kohärentes Infrarotlicht verfügen, haben wir mit unserem Instrument einen äußerst empfindlichen und serientauglichen Fühler zur Detektion von Molekülen“, erklärt Dr. Ioachim Pupeza, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Experimentalphysik – Laserphysik der LMU und Leiter des Projekts.

Ziel: Einzelne Moleküle unter Billionen anderer erkennen Eingesetzt werden soll der Infrarotlaser nun vor allem bei der medizinischen Früherkennung von Krankheiten. So kann man mit dem gepulsten Infrarotlicht etwa Krankheitsindikatoren in der Atemluft auf die Schliche kommen. Denn Krankheiten, wie einige Arten von Krebs, machen sich vermutlich über das Ausatmen von bestimmten Molekülen bemerkbar. „Wir gehen davon aus, dass sich in der Atemluft weit über 1000 verschiedene Molekülsorten befinden", sagt Dr. Alexander Apolonskiy vom Lehrstuhl für Experimentalphysik – Laserphysik an der LMU. Die Moleküle, die eine Krankheit anzeigen, kommen in der Atemluft nur in einer äußerst geringen Konzentration vor. Die Forscher schätzen, dass man ein Molekül unter einer Billion anderer in der Atemluft erkennen muss. „Dank der Kohärenzeigenschaften des neuen Lasers sollten wir bereits in der Lage sein, ein einziges Teilchen aus einer Milliarde anderer Moleküle zu erkennen“, sagt Ioachim Pupeza. „Entscheidend ist darüber hinaus die extrem breite spektrale Abdeckung dieser hochbrillanten Infrarotquelle. Sie ermöglicht es erst, zwischen molekularen Fingerabdrücken zu unterscheiden und damit auf krebsartige Veränderungen zu schließen“, sagt Professor Jens Biegert vom ICFO in Barcelona, der dort die die Quellenentwicklung im Infraroten und deren Anwendungen untersucht.

Doch die Laserentwicklung ist noch nicht abgeschlossen. Die Forscher wollen nun ihren Kurzpulslaser mit einem neuen Verstärkersystem für Laserimpulse koppeln. Es geht vor allem darum, die Zahl der Photonen in den Impulsen weiter zu erhöhen und somit noch brillanteres Licht zu erzeugen. „Wir können die Empfindlichkeit des Systems damit noch einmal rund 1000mal steigern“, erklärt Pupeza. Damit könnte ein Molekül unter einer Billion anderer erkannt werden. (Nature Photonics 2015)

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