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Neue Materialien: Ionenaustausch verändert Stabilität von Halbleiter-Kristallen

19.05.2021

LMU-Physiker zeigen, wie sich Gitterschwingungen hybrider Perowskite durch Ionenaustausch gezielt verändern lassen. Ihre Erkenntnisse könnten bald zu besseren Solarzellen und LEDs führen.

Bromid-Perowskite unter UV-Licht. | © Debnath / LMU

Der Bedarf an neuartigen optoeleletronischen Materialien für Solarzellen, Leuchtdioden (LEDs) sowie für medizinische und technische Sensoren ist groß. Wissenschaftler am Lehrstuhl für Photonik und Optoelektronik der LMU (Leitung Professor Jochen Feldmann) untersuchen daher gezielt das Potential maßgeschneiderter nanokristalliner Systeme auf Basis künstlich hergestellter Perowskit-Kristalle. Diese gelten als Hoffnungsträger etwa in der Photovoltaik. Der LMU-Physiker Tushar Debnath hat nun erforscht, welche Effekte elektromagnetische Strahlung auf Nanokristalle hat – etwa wie sich Atome im Kristall verhalten, wenn sie mit Laserstrahlen angeregt werden. Mit der Messmethode lässt sich herausfinden, welche Energie ein Kristall aufnimmt oder abgibt: wichtige Eigenschaften für Solarzellen oder LEDs.

Perowskite gehen auf natürlich vorkommende Mineralien vom Typ Calciumtitanat zurück. Atome sind darin oktaedrisch angeordnet. Sie lassen sich chemisch so verändern, dass sie für Anwendungen etwa in der Optoelektronik und Photovoltaik interessant werden. „Unsere Perowskite unterscheiden sich grundlegend von natürlich vorkommenden Mineralien“, sagt Debnath. Er hat sich auf künstlich hergestellte metallorganische Halogenid-Perowskite spezialisiert, welche einerseits aus einem anorganischen Metall (Blei) und den Halogeniden Iodid oder Bromid bestehen. Hinzu kommt als organischer Bestandteil das sogenannte Formamidinium. In einer neuen Arbeit konnten Debnath und seine Kollegen nun zeigen, wie diese organischen und anorganischen Bestandteile auf atomarer Ebene wechselwirken und wie das abhängig vom jeweiligen Halogenid ihre Stabilität im Perowskit-Kristallgitter bestimmt.

Halogenid-Ionen beeinflussen Gitterschwingungen und die Stabilität

Nach der chemischen Synthese untersuchte Debnath seine Perowskit-Nanokristalle mit ultraschnellen, räumlich aufgelösten, spektroskopischen Methoden. Damit konnte er Änderungen im differentiellen Absorptionsspektrum der Kristalle überwachen. Dieses wiederum dient dazu, das Schwingungsspektrum in den Strukturen zu rekonstruieren. Extrem kurze Laserpulse regen dabei Gitterschwingungen im Festkörper an und zeigen Schwingungsprozesse auf atomarer Ebene. „Wir entdeckten, dass Halogenid-Ionen die Wechselwirkungen zwischen organischen und anorganischen Anteilen im Kristall stark beeinflussen“, sagt Debnath. Der Grund: Blei und Bromid (oder Iodid) bilden im Festkörper jeweils einen oktaedrischen Käfig, in dessen inneren sich Formamidinium als organische Komponente befindet. Die Untersuchungen zeigten, dass das organische Molekül im engeren Bromid-Käfig festsitzt, während es im Fall von Iodid frei rotieren kann. „Systeme mit geringem räumlichem Abstand wie beim Bromid spüren stärkere Kräfte durch ihre nächsten Nachbarn“, erklärt Debnath. Dies führe zu einer harmonischen Schwingung. Sind die Abstände größer, etwa beim Iodid, haben die organische Moleküle mehr Bewegungsfreiheit, was zu einer Anharmonizität im System führt.

Diese Erkenntnisse offenbaren nicht nur den eigentlichen Grund, warum Bromid-Perowskite stabiler sind als die Iodid-Perowskite, sondern sind auch wichtig für das Design von Solarzellen und LEDs auf Bromid-Perowskit-Basis.
Nature Communications, 2021

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