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Putzen schadet nicht

24.03.2015

LMU-Forscher stellen übertriebene Hygiene als Ursache für Allergien in Frage.

Allergien und Asthma werden nicht durch ein Zuviel an körperlicher Hygiene und Reinlichkeit im Haushalt ausgelöst. Das zeigt eine Studie, bei der Forscher um Professor Erika von Mutius, Leiterin der Asthma- und Allergieambulanz am Dr. von Haunerschen Kinderspital, die Hygienestandards von 400 Familien untersucht haben. Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler aktuell in der Zeitschrift American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine.

In der vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege geförderten PAULA-Studie begleiteten die Forscher Kinder von Geburt an über einen Zeitraum von zehn Jahren. Sie erfassten das Hygieneverhalten der Kinder und die Putzgewohnheiten in den Familien, die in München und Münchner Vororten leben. Unter anderem wurden die Eltern gefragt, wie häufig sich die Kinder die Hände waschen, ob die Straßenschuhe zuhause ausgezogen werden und wie oft Böden geputzt und Bettwäsche gewechselt werden. Außerdem wurden bakterielle Marker in Teppichböden und den Matratzen der Kinder gemessen. „Ein direkter Zusammenhang zwischen Asthma, Heuschnupfen und Neurodermitis und dem Hygiene- und Putzverhalten der Kinder und Familien bestand nicht“, sagt Erika von Mutius.

Sauber, aber nicht steril

Einige der Messwerte und die Menge an Staub hingen zwar deutlich mit dem Hygiene- und Putzverhalten zusammen. Es bestand auch ein Zusammenhang zwischen bestimmten bakteriellen Markern und einem niedrigen Risiko der Kinder, an Asthma, Heuschnupfen und Neurodermitis zu erkranken. „Aber diese Bakterien oder ihre Bestandteile, die vor Allergien schützen, werden nicht vom Hygieneverhalten beeinflusst. Sie lassen sich nicht wegputzen“, sagt Markus Ege, Privatdozent in der Arbeitsgruppe von Erika von Mutius. „Einen Haushalt kann man nicht steril halten. Wenn ich den Boden gewischt habe, sind die Bakterien nach 20 Minuten wieder da.“

Es ist also nicht der übliche Schmutz im Haushalt, der den Schutz vor Allergien ausmacht. „Entscheidend ist nicht die Menge des Staubs und Drecks, sondern die Zusammensetzung, die Bandbreite der bakteriellen Exposition“, sagt Ege. Die Zunahme an Allergien in westlichen Gesellschaften lässt sich demnach nicht einfach auf häufiges Händewaschen oder Putzen zurückführen. „Eher liegt es an der eingeschränkten Umweltexposition, durch die die Vielfalt der Bakterien, mit denen wir in Kontakt kommen, begrenzt ist“, sagt Ege.

In früheren Studien haben die LMU-Forscher um Erika von Mutius bereits den sogenannten Bauernhof-Effekt belegt: Kinder, die auf einem Hof mit Milchwirtschaft aufwachsen, erkranken weit seltener an Asthma und Allergien als ihre Klassenkameraden. Auf Bauernhöfen kommen Kinder offenbar mit einer Reihe von Mikroorganismen in Kontakt, die eine Rolle für ihr niedriges Allergierisiko spielen.

In weiteren Studien wollen die Forscher nun untersuchen, welche Wirkungen bestimmte Bakterien im Körper hervorrufen und wie sie vor Allergien schützen.

(American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine)      nh

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