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Und sie hob und senkte sich doch

30.08.2019

Auf Sulawesi richtete ein Tsunami 2018 verheerende Schäden an. LMU-Forscher haben nun mit detaillierten Simulationen gezeigt, wie die Erde zuvor bebte und mit einer Abschiebungsbewegung an der Bruchkante die Flutwelle hatte entstehen lassen.

Erst das Beben, dann der Tsunami: Die Katastrophe auf der Insel Sulawesi, Indonesien, im September 2018 kostete mehr als 4000 Menschen das Leben, mehr als 14.000 wurden verletzt; die Erdstöße und mehr noch die Flutwelle verwüsteten die Region rund um die Bucht von Palu. Auf den Inseln Indonesiens bebt regelmäßig die Erde. Schließlich liegt der Staat in einer der seismisch aktivsten Regionen der Erde, nahe der Bruchkante zweier Kontinentalplatten, dort, wo sich die Australische unter die Eurasische Platte schiebt. Die dabei entstehenden Spannungen führen häufig zu Erdbeben in der Region.

Dass also ein Erdbeben die Insel Sulawesi heimsuchte, das war nichts Ungewöhnliches. Doch eines gab den Forschern in aller Welt Rätsel auf: Wie hatte dem Beben ein Tsunami folgen können? Das Beben mit dem Epizentrum an Land hatte zu horizontalen Verwerfungen des Bodens geführt. Für einen Tsunami aber, eine große Flutwelle, braucht es eine vertikale Bewegung. Was also hatte die Wassermassen nach unten gezogen oder nach oben gedrückt, so dass eine riesige Welle hatte entstehen können?

Visualisierung des modellierten gekoppelten Erdbebens und Tsunami in der Bucht von Palu, Sulawesi, Indonesien vom Oktober 2018 (aus Ulrich et al., 2019): Links: Seismische Wellen, die erzeugt werden, während sich das Erdbeben in Richtung Süden 'superschnell' ausbreitet. Warme Farben kennzeichnen höhere Bewegungen entlang der geologischen Verwerfungen und höhere Bodenerschütterungen (Momentaufnahme nach 15 Sekunden Erdbebensimulationszeit). Rechts: Die Bewegungen des Erdbebens unter der badewannenförmigen Palu-Bucht erzeugen einen "überraschenden" Tsunami (Momentaufnahme der Wasserwellen nach 20 Sekunden Simulationszeit des Tsunami-Szenarios).

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30.08.2019

Ein Team von Geologen, Geophysikern und Mathematikern um Dr. Alice-Agnes Gabriel und Thomas Ulrich vom Lehrstuhl für Seismologie am Institut für Geophysik der LMU hat nun mit gekoppelten Erdbeben-Tsunami-Modellen das Beben und die Flut detailliert simuliert und damit rekonstruiert, welche Dynamiken an jenem Septembertag die Erdkruste vor allem auch unter der engen Meeresbucht, der Palu Bay, im Norden Sulawesis erschüttert haben. Die Simulationen liefen auf dem Höchstleistungsrechner SuperMUC am Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) in Garching, an der Arbeit beteiligt waren außerdem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Caltech und dem Jet Propulsion Laboratory in Pasadena, USA, sowie von den Universitäten Hamburg, Berlin (FU), Utrecht, Brasilia und Zürich (ETH).

Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass die durch das Erbeben hervorgerufenen Bewegungen des Meeresbodens unter der Palu Bay den Tsunami hatten auslösen können. Erdrutsche an den steilen Hängen der Bucht, wie zunächst von Tsunamiforschern vermutet, spielten dabei eine untergeordnete Rolle, sagt Alice-Agnes Gabriel, Geophysikerin und Mitautorin der Studie. Die Forscher fanden heraus, dass sich der Meeresgrund unter der Bay entlang einer Bruchkante mit einer schnellen Reißbewegung nicht nur seitwärts verschoben, sondern auch gehoben und abgesenkt hatte, um etwa 1,5 Meter im Schnitt. Begünstigt habe das auch die komplizierte Tektonik unter der Palu Bay. „Wie in einer Art Badewanne muss sich die dadurch ausgelöste Flutwelle in der engen Bucht aufgetürmt haben“, sagt Gabriel.

Thomas Ulrich, Doktorand an der LMU und Erstautor der Studie, betont: „Der Befund, dass die Verwerfungen durch das Erdbeben die entscheidende Rolle für die Entstehung des Tsunamis an der Palu Bay gespielt haben, ist durchaus überraschend. Wir hoffen, dass unsere Studie dazu beiträgt, die tektonischen Verhältnisse und die Erdbebendynamik genauer zu verstehen, die in ähnlichen Verwerfungszonen lokale Tsunamis begünstigen könnten.“ Zu den Regionen, die in dieser Hinsicht vergleichbar seien, rechnen die Forscher beispielsweise die Bodega Bay und die Tomales Bay in Nordkalifornien. Die Studie wurde von der Volkswagen Stiftung im Rahmen des Projekts ASCETE gefördert.

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