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Wächter über Zelltod und Proteinzustand

02.02.2021

Spezielle Proteine, die an der Kontrolle des programmierten Zelltods beteiligt sind, reagieren auf eine bestimmte Eiweißmodifikation und spielen eine breiter angelegte Rolle in der zellulären Qualitätskontrolle als bisher bekannt.

Krebszellen ohne Acetylierung (links) und Kontrollzellen (rechts). Zellen, bei denen Zelltod eingetreten ist, erscheinen in grün

Krebszellen ohne Acetylierung (links) und Kontrollzellen (rechts). Grün: Zellen, bei denen Zelltod eingetreten ist.

Bild: F. Müller, T. Bange | © F. Müller, T. Bange

Die sogenannte N-terminale Acetylierung gehört zu den häufigsten Proteinmodifikationen in höheren Zellen. Die Funktion dieser Modifikation, bei der eine Acetylgruppe, eine kleine chemische Einheit, an das sogenannte N-terminale Ende eines Moleküls angefügt wird, wird mit verschiedensten zellulären Signalwegen in Verbindung gebracht. Wissenschaftler um Tanja Bange vom Institut für Medizinische Psychologie der LMU haben nun gezeigt, dass die Acetylierung als Schutzkappe dienen kann, die vor Proteinabbau und Zelltod schützt. Fehlt sie, treten bestimmte Proteine – sogenannte IAPs – in Aktion, die eine viel generellere Rolle in der Qualitätskontrolle der Zelle haben, als bisher bekannt war. Die im Fachmagazin Science Advances veröffentlichte Studie zeigt damit erstmals einen Zusammenhang zwischen zwei fundamentalen zellulären Prozessen – der N-terminalen Acetylierung und dem programmierten Zelltod – und könnte interessante neue Ansätze in der Krebstherapie eröffnen.

IAP (inhibitor of apoptosis)-Proteine spielen bei der Kontrolle des programmierten Zelltods, der sogenannten Apoptose, eine wichtige Rolle. Dafür binden sie an bestimmte Moleküle, und es war bereits bekannt, dass diese Bindung einen freien N-Terminus erfordert, die potenzielle Bindestelle des Partners also nicht acetyliert ist. „In Experimenten haben wir beobachtet, dass auch ein nicht am Zelltod beteiligtes Protein nur noch IAPs als Bindungspartner findet, wenn es nicht acetyliert ist“, sagt Bange, „daraufhin haben wir uns gefragt, ob die Acetylierung allgemein für die Bindung an die Inhibitoren eine Rolle spielt.“

In Zellkulturexperimenten konnten die Wissenschaftler nachweisen, dass die Inhibitoren tatsächlich allgemein an Moleküle binden können, wenn deren N-terminale Acetylierung fehlt. Es ist bekannt, dass sie sich selbst und gebundene Proteine abbauen können. Die Wissenschaftler gehen daher davon aus, dass IAPs eine bisher unbekannte generelle Funktion in der Proteinqualitätskontrolle haben. „Die N-terminale Acetylierung schirmt das Protein ab“, sagt Bange, „wenn dieser Schutz nicht korrekt ist, wird das fehlerhafte Protein von den IAPs abgebaut und letztlich die Apoptose ausgelöst, wenn sich zu viele defekte Proteine ansammeln.“

Diese Ergebnisse könnten auch neue Ansatzpunkte für Krebstherapien eröffnen: Bei vielen Krebsarten sind die Signalwege defekt, die zum Zelltod führen, was die Behandlung der Erkrankungen erschwert. Die Acetylierung zu hemmen, könnte nach Ansicht der Wissenschaftler ein Weg sein, die IAP-Funktion zu beeinflussen und den Weg zur Apoptose wieder frei zu machen.
Science Advances 2021

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