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Wechselvolle Partnerschaft

24.11.2015

LMU-Biologen haben die Evolutionsgeschichte der Symbiose von Ameisen und ihren Wirtspflanzen untersucht und zeigen, dass Partnerwechsel häufig vorkamen.

Symbiosen zwischen Ameisen und Pflanzen stellen oft für beide Partner eine klassische Win-win-Situation dar: Die Ameisen beschützen die Pflanze vor Schädlingen und bekommen dafür Kost und Logis von ihrem Wirt. Wie solche Beziehungen entstehen und sich weiterentwickeln, sind Schlüsselfragen der Ökologie und Evolutionsbiologie. „Gerade zur stammesgeschichtlichen Entwicklung der Symbiose zwischen Ameisen und ihren Wirtspflanzen gibt es bisher nur wenige Studien“, sagt die LMU-Biologin Professor Susanne Renner. „Wir haben dies nun für Ameisen aus der Familie der Pseudomyrmecinae, die vor allem in Süd- und Mittelamerika vorkommen, und ihren Wirtspflanzen untersucht.“ Dabei konnte Renner mit ihrem Doktoranden Guillaume Chomicki und dem amerikanischen Ameisentaxonom Phil Ward zeigen, dass diese Symbiosen sich sehr dynamisch verändern können. Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin Proceedings of the Royal Society B.

Zur Familie der Pseudomyrmecinae gehören 230 Ameisenarten, von denen 32 in speziellen, von Pflanzen gebildeten Hohlräumen – sogenannten Domatien – leben. Damit stellt diese Familie die weltweit vielfältigste Gruppe pflanzenbewohnender Ameisen dar, die insgesamt fünf verschiedene Pflanzengattungen besiedelt. Typische Ameisenpflanzen in Süd- und Mittelamerika sind etwa Akazien der Gattung Vachellia. Diese Akazien bilden innen hohle Dornen, die von verschiedenen Ameisen der Gattung Pseudomyrmex als Nistplatz genutzt werden. Die Ameisen ernähren sich von zuckerhaltigem Nektar und protein- und fettreichen Futterkörperchen, die die Pflanze produziert. Im Gegenzug verteidigen sie die Akazie gegen Fressfeinde, Parasiten und konkurrierende Pflanzen. Diese Art von Symbiose wird auch als Mutualismus bezeichnet, da beide Partner von der Kooperation profitieren. Es gibt aber auch parasitische Ameisenarten, die die Vorteile der Pflanzen ohne Gegenleistung nutzen.

Familienstammbaum symbiontischer Beziehungen

Um die Evolutionsgeschichte der Beziehung zwischen Ameisen und ihren Wirtspflanzen aufzuklären, erstellten die Wissenschaftler sowohl für die Wirtspflanzen als auch für die Ameisen einen phylogenetischen Stammbaum, aus dem die Verwandtschaftsbeziehungen und das zeitliche Auftreten verschiedener Arten abgelesen werden können. Durch den Vergleich beider Stammbäume können dann Rückschlüsse darauf gezogen werden, welche Ameisenart wann welche Pflanze besiedelte. Dabei zeigte sich, dass die Partnerwahl nicht statisch sein muss: Je länger der Beginn einer symbiontischen Partnerschaft zurückliegt, desto wahrscheinlicher ist es, dass ein Partner im Lauf der Zeit verloren geht oder verdrängt wird. Dessen ökologische Nische wird dann von einem anderen Symbionten besetzt – wenn eine Pflanze etwa erst einmal Domatien ausbildet, können diese auch von anderen Ameisen bewohnt werden. Parasitische Ameisen beispielsweise sind stammesgeschichtlich immer jünger als die im Rahmen einer Symbiose entstandenen Domatien, die sie bewohnen. Sie stammen also nicht von den ursprünglichen symbiontischen Bewohnern ab, sondern eher von Generalisten, die die vorhandenen Ressourcen nutzten.

„Unsere Untersuchungen zeigen, dass sich manche Pflanzengattungen zunächst gemeinsam mit bestimmten Ameisengruppen weiterentwickelten, dann von anderen Arten derselben Gruppe kolonisiert und schließlich von Ameisen aus einer ganz anderen Gruppe besiedelt wurden“, sagt Renner. Durch diese Fluktuation kann man eine Co-Diversifizierung, also eine gemeinsame Weiterentwicklung von Wirt und Symbiont, nur bei relativ jungen Gruppen nachweisen: „Für Ameisen aus der Pseudomyrmex ferrugineus-Gruppe und Vachellia-Akazien konnten wir eine Co-Diversifikation zeigen“, sagt Renner. Diese Symbiose besteht seit etwa fünf Millionen Jahren. Evolutionsgeschichtlich betrachtet ist das eine kurze Zeit – trotzdem gibt es auch von Vachellia einige Arten, die zusätzlich bereits wieder von anderen, jüngeren Ameisenarten besiedelt werden.Proceedings of the Royal Society B 2015

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