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Wie Gene Hirnstrukturen beeinflussen

22.01.2015

Internationales Forscherkonsortium legt einzigartige Kartierung des Gehirns vor.

Das Gehirn ist ein komplexes Gebilde, dessen Bauplan im Erbgut angelegt ist. Wie die Gene die Ausformung des Gehirns beeinflussen, ist noch weitgehend unbekannt. Ein internationales Forscherkonsortium, an dem auch die Medizinerin Professor Eva Meisenzahl vom Klinikum der Universität München beteiligt ist, hat beim Menschen fünf Verdachtsgene entdeckt, die mit der Größe verschiedener Gehirnregionen zusammenhängen. Die Wissenschaftler hoffen, mit den Ergebnissen die molekularen Grundlagen psychiatrischer Erkrankungen besser zu verstehen. Die Studie wurde jetzt im renommierten Fachjournal „Nature“ veröffentlicht.

Das internationale Forscherkonsortium ENIGMA (Enhancing Neuro Imaging Genetics through Meta-Analysis) hat eine großangelegte Untersuchung durchgeführt, wie genetische Varianten die Ausformung verschiedener Gehirnregionen beeinflussen. Die Wissenschaftler werteten die Hirnscan-Aufnahmen von insgesamt 30.717 Menschen aus, die aus 50 Kohortenstudien weltweit und unter anderem auch aus dem BMBF-geförderten Integrierten Genomforschungsnetzwerk MooDS stammen. Die Bilder dienten als Grundlage zur Bestimmung des Volumens der Schädelhöhle und sieben verschiedener Gehirnregionen.

Fünf neue Genvarianten gefunden

Welche Gene führen dazu, dass die Größe der Gehirnstrukturen von Mensch zu Mensch variiert? Um diese Frage zu beantworten, glichen die Forscher die Hirnscanner-Daten mit Erbgutanalysen ab und fanden dabei insgesamt fünf neue genetische Varianten in den Genregionen DLG2 (auf Chromosom 11 gelegen), FAT3 (Chromosom 11), KTN1 (Chromosom 14), DCC (Chromosom 18) und BCL2L1 (Chromosom 20), die mit dem Volumen der Hirnstrukturen „Putamen“ und „Nucleus caudatus“ zusammenhängen. Putamen und Nucleus caudatus gehören zu den Kerngebieten des Großhirns und bilden zusammen das sogenannte Striatum, eine wichtige neuronale Schaltstelle.

Diese Hirnstrukturen gehören zu den sogenannten Kerngebieten des Großhirns, denen zentrale Umschaltfunktionen von Nervenbahnen im Gehirn zukommen. Wie die jetzt identifizierten Gene ihren Einfluss auf die Größe der Gehirnstrukturen auf der biologischen Ebene im Detail entfalten, ist noch nicht bekannt. Es gibt aber Hinweise, dass im wachsenden Gehirn zum Beispiel die Wanderung von Nervenzellen (DCC) oder der programmierte Zelltod unreifer Neuronen (BCL2L1) beeinflusst werden.

„Dass zahlreiche international führende Neurowissenschaftler für ENIGMA ihre Hirnscan-Aufnahmen und ihre genetischen Daten zusammengetragen haben, macht die Studie einzigartig“, sagt Meisenzahl, die an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums der Universität München die Forschungsgruppe “Bildgebende Verfahren” leitet. „Das ENIGMA Konsortium bietet die Chance, mithilfe großer Stichproben zu soliden Zusammenhängen zu kommen. Dabei stehen wir erst am Anfang und erwarten weitere sehr spannende Ergebnisse“.

Beteiligte Institutionen in Deutschland

An der Publikation im renommierten Fachjournal „Nature“ waren fast 300 Wissenschaftler beteiligt. Korrespondenzautoren sind Prof. Dr. Paul M. Thompson von der Keck School of Medicine of the University of Southern California (USA) und Dr. Sarah E. Medlandvom QIMR Berghofer Medical Research Institute in Brisbane (Australien). Aus Deutschland wirkten folgende Institutionen mit: Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) Rostock/Greifswald, Universitätsmedizin Greifswald, HELIOS Hanseklinikum Stralsund, Institut für Humangenetik des Universitätsklinikums Bonn, Institut für Neurowissenschaften und Medizin (INM-1) des Forschungszentrums Jülich, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums der Universität München, Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Technischen Universität Dresden, Life & Brain Zentrum Bonn, Munich Cluster for Systems Neurology (SyNergy), Psychiatrie und Psychotherapie des UniversitätsKlinikums Heidelberg, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim.(Nature)                            Uni Bonn/ göd

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