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Am Anfang war der heiße Stein

26.01.2015

Wasserdurchspülte Poren in heißem Gestein könnten der Brutkasten allen Lebens auf der Erde gewesen sein: Temperaturunterschiede innerhalb der Poren erzeugen geeignete Bedingungen für die Entstehung und Vervielfältigung genetischer Moleküle.

Wie und wo konnten die ersten Lebensformen auf der frühen Erde entstehen? Voraussetzung für die Entstehung von Leben ist, dass sich kleine Biomoleküle zu komplexen Strukturen zusammenschließen, die sich selbst reproduzieren und genetische Informationen stabil speichern. Das erfordert unter anderem eine hohe Ausgangskonzentration der Biomoleküle – die aber kamen in der „Ursuppe“ der frühzeitlichen Ozeane wohl nur sehr vereinzelt vor. LMU-Physiker um Professor Dieter Braun sind der Lösung dieses Problems nun einen entscheidenden Schritt näher gekommen: Wenn Meerwasser, Gestein und Hitze – etwa durch Vulkane – zusammenkommen, bilden offene, wasserdurchspülte Gesteinsporen einen günstigen Reaktionsraum für die Entstehung erster Erbmoleküle wie RNA oder DNA.

„Entscheidend ist, dass die Gesteinspore einseitig erhitzt ist, sodass die der Wärmequelle zugewandte Seite der Pore deutlich wärmer ist als die andere“, sagt Braun, der auch Mitglied des Exzellenzclusters Nanosystems Initiative Munich (NIM) und des Center for NanoScience (CeNS) ist. Biomoleküle, die vom Meerwasser in die Pore gespült werden, werden dann durch den Temperaturunterschied in der Pore festgehalten und aufkonzentriert – die Voraussetzung für die Entstehung und Vervielfältigung komplexerer Moleküle. Diese „Molekül-Falle“ basiert auf der sogenannten Thermophorese, nach der sich Moleküle entlang eines Temperaturgefälles von der warmen zur kalten Seite bewegen. Dabei werden auch bei offenen Poren insbesondere die langen Polymere in der Pore festgehalten. Gerade bei der Evolution von Erbmolekülen ist dies wichtig, weil auf längeren Molekülen mehr genetische Informationen gespeichert werden können.

Gesteinspore im Labor nachgebaut

Im Labor konnten die Wissenschaftler nachweisen, dass dieses System funktioniert: „Wir haben eine natürliche Pore mit winzigen Glaskapillaren nachgebaut, einseitig geheizt und mit Wasser durchspült, das DNA-Bausteine unterschiedlicher Länge enthielt. Unter diesen Bedingungen werden nur die langen DNA-Bausteine tatsächlich in der Pore festgehalten“, sagt Braun. „Geheizte Poren kamen im Vulkangestein der jungen Erde oft vor, dieses Szenario ist also sehr realistisch. Noch besser wird der Temperatureffekt, wenn man den Einfluss von im Gestein eingeschlossenen Metallen einbezieht, die eine hundertfach höhere Wärmeleitfähigkeit haben als Wasser“.

Temperaturgefälle ermöglicht molekularen Copyshop

Genetische Moleküle werden nicht nur gegen den Strom in der Pore festgehalten, sie reproduzieren sich auch: In den heißeren Zone der Pore schmelzen doppelsträngige DNA-Moleküle auf und teilen sich im Minutentakt in ihre beiden Stränge. Diese werden durch den Konvektionsstrom – eine kreisförmige Bewegung der Flüssigkeit aufgrund des Temperaturgefälles – wieder in den kühleren Bereich transportiert. Dort wird die DNA mit neuen Bausteinen gefüttert und erneut zu einem Doppelstrang ergänzt. Wenn mehr DNA entsteht als akkumuliert werden kann, verlassen neu replizierte Moleküle die Pore und verbreiten sich in benachbarten Porensystemen.

Damit ist es den Forschern erstmals gelungen, im Labor ein System nachzubauen, das eine autonome, darwinsche Evolution von immer komplexeren Molekülen ermöglicht – also die Voraussetzungen für die Entstehung von Leben schafft. „Leben bedeutet immer thermodynamisches Nichtgleichgewicht. Deswegen muss die Entstehung ersten Lebens durch eine externe Energiequelle angestoßen werden – etwa durch einen Temperaturunterschied“, meint Dieter Braun, „dass dies so elegant und einfach möglich ist, hat uns selbst sehr überrascht. Möglich war dieser Erfolg nur durch die enge Zusammenarbeit aller im Team“.(Nature Chemistry 2014)                  göd

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