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Blocker gegen Blutgerinnsel

04.11.2021

LMU-Mediziner um Christian Weber schlagen Therapie für seltene, bedrohliche Komplikation nach Impfung mit Astra Zeneca vor.

Blutplättchen (rot) in Blutbahn. | © Imago

Bestimmte Medikamente aus der Krebstherapie, die sogenannten BTK-Inhibitoren, können die krankhafte Aktivierung von Blutplättchen mit einhergehender Bildung von Gerinnseln normalisieren, die in seltenen Fällen nach einer Impfung mit dem Astra-Zeneca-Impfstoff gegen COVID-19 auftritt. Das berichten Mediziner des LMU Klinikums München um Prof. Dr. Christian Weber in der aktuellen Ausgabe des New England Journal of Medicine. Der Direktor des Instituts für Prophylaxe und Epidemiologie der Kreislaufkrankheiten spricht von einem „dringend benötigten Therapieansatz für diese besorgniserregende Impfkomplikation.“

In Deutschland sind bisher weit über zwölfeinhalb Millionen Dosen des Astra-Zeneca-Impfstoffs Vaxrevia verabreicht worden, EU-weit über 67 Millionen Dosen. Die viel beachtete schwere Nebenwirkung namens VITT (für Vaccine-induced immune thrombotic thrombocytopenia) tritt bei etwa einer bis anderthalb von 100.000 Impfungen auf, „ist also eine seltene, aber bedrohliche Nebenwirkung mit hoher Sterblichkeit“, wie Christian Weber sagt. Darüber hinaus wurden und werden viele weitere Dosen des Astra-Zeneca-Impfstoffs weltweit an bedürftige Länder gespendet, womit es sich bei VITT um ein globales Problem handelt.

Medikament blockiert Enzym

In einem Labormodell hatten die Mediziner Blutserum von VITT-Patientinnen und Patienten zur Verfügung. Als sie das Serum zu Blut von gesunden Probanden gaben, beobachteten sie die Aktivierung der Blutplättchen und die anschließende Bildung von Gerinnseln. Hatten sie den Blutproben der Probanden allerdings einen BTK-Inhibitor beigemischt, „blieb die Bildung der Gerinnsel aus“, sagt Privat-Dozent Dr. Philipp von Hundelshausen, der an der Studie beteiligt war. Das Medikament blockiert ein Enzym, das für die Gerinnselbildung unbedingt notwendig ist.

Ein BTK-Blocker ist bereits für die Krebstherapie zugelassen, andere werden derzeit in klinischen Studien erprobt. Um die Medikamente auch gegen VITT einzusetzen, „müssten sie ebenfalls in klinischen Studien getestet werden“, erklärt Weber. Die BTK-Inhibitoren könnten auch gegen zwei andere Erkrankungen helfen, die durch die gleichen Mechanismen entstehen, wie VITT. Zum einen leiden manche Menschen an einer Autoimmunerkrankung, die bei der therapeutischen Gabe von Heparin plötzlich zur Gerinnselbildung führt. Und in seltenen Fällen kommt es bei einigen Fällen selbst ohne Heparin-Gabe zu diesen Gerinnseln.

NEJM, 2021.

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