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Der frühe Vogel…?

21.04.2015

„Dieses Mal fange ich früher an zu lernen“ ist ein oft gehörter Vorsatz zu Beginn eines Semesters. Kann gutes Zeitmanagement helfen, den Vorsatz auch umzusetzen? Ein Interview mit Dr. Silke Weisweiler vom Center for Leadership and People Management de...

Macht der Vorsatz, früher mit dem Lernen anzufangen, überhaupt Sinn? Silke Weisweiler: Nicht für jeden Studenten – die gute und die schlechte Nachricht beim Zeitmanagement ist, dass es sehr individuell ist. Für manche Studierende ist der Druck beim Lernen ganz wichtig, für andere jedoch ganz schlimm. Helfen kann beiden eine Rückfallprophylaxe: Das bedeutet, dass ein Student vor Lernbeginn zurück ins letzte Semester blickt und überlegt, wie Rückfälle in alte Verhaltensweisen aussehen, die er oder sie selbst als negativ empfindet. Aus diesen Überlegungen kann er Rückschlüsse ziehen.

Wenn der Vorsatz steht – was kann helfen, ihn umzusetzen? Grundsätzlich wichtig ist beim Zeitmanagement die Bedeutsamkeit von Zielen. Die Attraktivität des Ziels wird häufig vernachlässigt. Es hilft, sich spezifische, messbare, attraktive, realistische und terminierbare Ziele, sogenannte Smarte Ziele, zu setzen. Im Moment – am Anfang des Semesters – kann sich ein Student überlegen, wie er das ganz große Ziel herunterbricht in kleine Ziele. Aus der Zielforschung ist bekannt, dass es nicht reicht, wenn man sich sein Ziel nach dem Motto „Ich gebe mein Bestes, und dann lern ich mal und dann schaff ich es schon“ vornimmt. Besser ist es, sich konkrete und smarte Ziele zu setzen.

Was ist außer der konkreten Formulierung des Ziels noch wichtig? Studien zeigen, dass die mentale Einstellung eine ganz entscheidende Rolle spielt bei der Erreichung von Zielen – vor allem im Hinblick auf die Zeiteinteilung und Selbstdisziplinierung. Eine positive Fokussierung im Sinne eines „ich kann das, ich schaffe das“ ist hierbei wichtig.

Was konkret hilft, Ziele umzusetzen, sind Wenn-dann-Pläne, die man sich vorsagen und vornehmen kann und die mit Lernplänen verknüpft werden können. Auch schon am Anfang des Semesters kann ein Studierender, wenn er die Gliederungen der Kurse und Seminare hat, solche Pläne entwickeln.

Ziele und Pläne – und was ist mit der oft zitierten Ablenkung oder Prokrastination? Das hängt vom Arbeits- oder Lerntyp ab. Es gibt sogenannte monochrone und polychrone Arbeitstypen. Für erstere ist es ganz wichtig ist, eine Sache am Stück zu machen, für die anderen ist das nebensächlich. Es ist deshalb pauschal nicht zu sagen, wie schlimm Ablenkung ist und ob sie den Lernfluss tatsächlich stört. Wichtig ist allerdings die persönlich wahrgenommene Kontrolle über die Zeit. Wenn Ablenkung den Studenten nicht stört, ist es ok. Wenn sie stört, sollte der Studierenden versuchen, Ablenkungen möglichst zu vermeiden.

Was sind sonst typische Schwierigkeiten beim Umsetzen des Vorsatzes? Es gibt zwei Hauptprobleme beim Zeitmanagement: Das erste ist das Problem der Planung, also das Unterschätzen von Zeit. Das zweite ist im Alltag ein Problem der Entscheidung, also zum Beispiel die Frage, mit was genau ich anfange zu lernen. Wenn man sich diese Probleme vor Augen führt, ist es einfacher, sich Lösungen und Hilfestellungen zu überlegen.

Wie könnten diese aussehen? Zum Beispiel kann sich ein Student Feedback von außen geben lassen, ob sein Lernplan gut aufgestellt und realistisch ist. Es ist sinnvoll, genug Puffer einzuplanen – ideal ist ein Puffer von 40 Prozent. Das heißt konkret, dass ein Student bei einem Lerntag nur etwa zwei Drittel verplanen sollte.

Was natürlich auch hilft, ist, sich kleine Belohnungen zu setzen. Hat der Studierende einen bestimmten Schritt geschafft, belohnt er sich mit einem Kinobesuch, macht einen Ausflug oder geht in die Badewanne. Kleinere Belohnungen lassen sich auch gut mit Pausen verbinden, die von der Lernforschung empfohlen werden. Die Forschung empfiehlt, nach 45 Minuten eine Regenerationspause von 5-10 Minuten zu machen – so ergeben sich gleich mehrere kleine Belohnungen.

PD Dr. Silke Weisweiler  leitet das Center for Leadership and People Management der LMU und gibt Seminare zu den Themen Zeit- und Selbstmanagement, Führung und Personalauswahl, unter anderem für das wissenschaftliche Personal der LMU und auch für studentische Mentoren des P2P-Mentoringprogramms.

Tipp: Silke Weisweilers Buch „Zeit- und Selbstmanagement: Ein Trainingsmanual - Module, Methoden, Materialien für Training und Coaching“ ist für Studenten der LMU in der Bibliothek frei verfügbar und beinhaltet praktische Übungen zum Thema Zeitmanagement.

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