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Die erste Weltsprache

30.10.2023

„Die Geschichte des Aramäischen zeigt, wie Literatur entsteht“, sagt Professor Holger Gzella. Im Interview spricht er über die Rolle dieser Sprache in der antiken Welt und erzählt, wie Jesu letzte Worte am Kreuz wohl klangen.

Jesus und seine Jünger sprachen Aramäisch. Auch in der Bibel kommen aramäische Wörter vor, darunter Jesu letzte Worte, die er am Kreuz spricht: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ Warum wird in der Bibel Aramäisch gesprochen?

Holger Gzella: „Eli eli lama sabachthani“, sagt Jesus im Neuen Testament. Der Psalm, den er da zitiert, ist im Original auf Hebräisch geschrieben. Da sind wir schon mittendrin in der Mehrsprachigkeit des römischen Palästinas. In verschiedenen Situationen haben die Menschen damals verschiedene Sprachen verwendet. Die Bibel zeugt von der Praxis, religiöse Literatur ins Aramäische zu übersetzen, das Neue Testament selbst wurde ja auf Griechisch verfasst.

Wurden auch im Alltag verschiedene Sprachen gesprochen?

Gzella: Ja, das hing von der Situation und auch vom gesellschaftlichen Milieu ab. In den meisten Situationen des täglichen Lebens in Syrien und Palästina haben die Menschen untereinander Aramäisch gesprochen, womöglich auch Hebräisch, das bei der Auslegung von Gesetzen eine Rolle spielte. Die römische Besatzungsmacht, also die Soldaten, und auch die Verwalter sprachen untereinander Latein. Die römische Gerichtsbarkeit fand in den Provinzen des Orients auf Griechisch statt, eine bunte Mischung also.

Auf den Spuren einer Weltsprache

Holger Gzella nutzt bei der Erforschung der aramäischen Sprache und ihrer Verbreitung auch Handschriften aus den Beständen der Bayerischen Staatsbibliothek.

© Stephan Hoeck / LMU

So klingt Aramäisch

Und hier die deutsche Übersetzung des aramäischen Bibeltextes: „Er (Gott) verleiht Weisheit den Weisen und Einsicht denen, die um Erkenntnis wissen. Er offenbart das Tiefe und das Verborgene. Er weiß, was im Dunkeln ist, und das Licht wohnt bei ihm.“

1:02 | 30.10.2023

Jesus war ja als biblische Figur ein Außenseiter der Gesellschaft. Hat er als Mann des Volkes wohl eher einen Dialekt gesprochen?

Gzella: Das Aramäisch, das Jesus und seine Jünger gesprochen haben, war kein hochliterarisches Aramäisch, sondern ein Dialekt, vermutlich der Dialekt Galiläas. In den paar Wörtern, die von Jesus schriftlich überliefert sind, sieht man gewisse Nachlässigkeiten in der Aussprache, Verschleifungen von Konsonanten etwa. Das war jetzt nicht die Kanzel-Aussprache, so redeten Menschen auf der Straße miteinander. Das ist das Spannende am Neuen Testament, dass es einerseits eine kosmopolitische Ausrichtung hat, es spricht mit seiner universellen Botschaft die ganze Menschheit an, es aber gleichzeitig die Erdung im ganz normalen täglichen Leben hatte. Die Ratschläge und auch die Gleichnisse in der Bibel stammen alle aus der Alltagswelt, auch Landwirtschaft und Verwaltung spielen eine große Rolle. Immer wieder geht es um Darlehen, um kluge Verwalter, um Geldgeschäfte, um Leute, die sparen. Das ist also nicht nur eine Welt des Außenseiter- und Hippietums, man vermittelte parallel auch die normale Bürgerlichkeit.

Was fasziniert Sie daran, dass Sie sich so intensiv mit dieser Sprache beschäftigt haben?

Gzella: Die Vielschichtigkeit. Aramäisch kam überall in der antiken Welt oder auch im Mittelalter in ganz verschiedenen Kontexten vor, von den Stadtstaaten im Syrien der frühen Eisenzeit über die altorientalischen Reiche der hellenistisch-römischen Zeit bis hin zu den religiösen Schriftkulturen von Juden, Christen und anderen bis in die Neuzeit. Aramäisch hat auch etwas von Understatement, es war vielfach keine Hauptsprache. Diese Kombination aus Allgegenwart und einem gewissen Schattendasein, das reizt mich sehr. Klar, viele Texte sind spröde, das sind Verträge oder Quittungen, aber durch die ganz anderen Kontexte erwachen sie zum Leben. Ein wesentlicher Punkt sind die verschiedenen Materialitäten, mal ist es Pergament, mal Stein, mal sind es Tonscherben.

Geht es Ihnen auch um Ursprünge von Sprache generell?

Gzella: Die Geschichte des Aramäischen zeigt, wie Literatur entsteht. Man kommt an die Ursprünge heran. Die europäischen Literaturen des Mittelalters etwa setzen immer auch die lateinische Literatur der Antike voraus. Die lateinische Literatur setzt schon von den allerersten Texten die griechische voraus. Die griechische Literatur ist vom Hauch des Geheimnisvollen umwittert, die Epen und die lyrische Dichtung entstanden vermutlich zum großen Teil aus der mündlichen Überlieferung. Das Aramäische hatte noch nicht in dem Maße direkte Vorbilder.

Seit wann wurde das Aramäische nachweislich gesprochen?

Gzella: Nach allem, was wir sehen, war das Aramäische seit dem 10. Jahrhundert vor Christus als lebendige Sprache etabliert. Seitdem fand ein organischer Prozess statt, bei dem das Aramäische sich immer wieder wandelte, aber in seiner Grundgestalt erkennbar blieb, wie bei der Metamorphose von Pflanzen. Aramäisch ist ursprünglich eine semitische Sprache, eine Schwestersprache des Hebräischen. Die genauen Anfänge kennen wir nicht. Auch im zweiten Jahrtausend haben Leute in Syrien sicher schon eine verwandte Sprache gesprochen. Natürlich entstand die Sprache nicht quasi in einer Nacht, das war ein evolutionärer Prozess. Entstanden ist sie wahrscheinlich in Ortschaften wie Aleppo oder Damaskus, die später zu Stadtstaaten wurden und heute zu Syrien gehören.

Aramäisch, so schreiben Sie in Ihrem Buch, war zunächst eine Verwaltungssprache, die keiner Religion oder keinem Weltreich zugeordnet war. Wie konnte sich die Sprache verbreiten?

Gzella: Irgendwann sind Gesellschaften so komplex, dass eine Form der Annotation notwendig wird. Es muss dafür noch keine voll entwickelte Schrift geben, aber irgendeine Form von Gedächtnis ist notwendig. In diesem Kontext haben sich aus den regionalen Umgangssprachen überregionale Schriftsprachen entwickelt. Man hat sich auf eine bestimmte Rechtschreibung geeinigt, hat das Alphabet standardisiert bis hin zu den Neigungswinkeln der Schriftzeichen.

Auszug aus einer siebeneinhalb Meter langen aramäischen Papierrolle mit bebilderten mythologischen Texten aus dem 17. Jh. als Ausklappbuch.

© Stephan Hoeck / LMU

Die gängige Vorstellung ist, dass Sprache die Ausbreitung von Staaten oder Religionen begleitet.

Gzella: In der Tat. Normalerweise begleitet Sprache die Ausbreitung von Reichen oder kulturellen Bewegungen, Religionen, literarischen Moden, bestimmten Umgangsformen wie dann später beim Französischen. Oder von neuen Ideen wie später beim Englischen als Wissenschaftssprache. Dem entspricht das Aramäische so nicht ganz. Vor allem ganz am Anfang scheint etwas anderes im Spiel gewesen zu sein. Es gab im assyrischen Reich eine sehr hohe Mobilität, die Grenzen waren offen. Die Zustände waren relativ friedlich, der Handel blühte, Menschen waren mobil und Ideen verbreiteten sich. Die Assyrer selber haben bewusst investiert in Infrastruktur, Wegenetze zum Beispiel. Man kann sehr gut sehen, wie das Aramäische das Akkadische, die bis dahin vorherrschende Umgangs- und Schriftsprache des assyrischen Reichs, ab dem 8. Jahrhundert v. Chr. immer weiter zurückgedrängt hat.

Welche Dynamik steckte hinter dieser Ausbreitung?

Gzella: Die Akzeptanz des Aramäischen hat meiner Meinung nach damit zu tun, dass das Aramäische einen Zugang zu geopolitisch wichtigen Gebieten gab, nämlich zur Levante, Syrien, dem heutigen Israel, Jordanien, Libanon, Gebiete mit typisch mediterranem Klima, Küstenstreifen, fruchtbar, mit Zugang zum Meer. Im mesopotamischen Kernland gab es keinen Zugang zum Mittelmeer. Der war wichtig für den Fernhandel, er verschaffte Verbindung zu Kornkammern und Handelsnetzen. Die Verwaltungen dieser Region hatten Bürokratien und Sprachen, die Alphabetschriften nutzten, die dem Aramäischen sehr nahe standen.

Man glich also aus wirtschaftlichen Gründen das eigene Sprachsystem an eine andere, wirtschaftlich interessante Region an?

Gzella: Genau, das war viel effizienter, als dort überall ausgebaute Bürokratien in akkadischer Sprache, also notiert in Keilschrift, parallel zu implementieren. Man musste dann nicht ganze Stäbe von Kolonialbeamten exportieren.

Das heißt, die Verbreitung hatte auch etwas mit Effizienz zu tun?

Gzella: Das ist in der Tat ein sehr wichtiger Faktor. In der Antike ließ sich ein Sprachwandel nicht von oben durchsetzen. Es gab keine Massenmedien, kein zentralisiertes Schulwesen. Die altorientalischen Reiche waren hocheffizient, sie mussten ohne E-Mail, ohne Telekommunikation, ohne Internet gigantische Gebiete wie heute verwalten. Die Effizienz der neuen Sprache führte zu ihrer Akzeptanz, nicht eine Lenkung durch eine zentrale Politik. Später passierte das auch beim Wechsel hin zum Arabischen.

Holger Gzella mit aramäischer Schriftrolle

© LMU

Welche Bedeutung hatten denn literarische Texte für die Ausbreitung des Aramäischen?

Gzella: Die neue Schriftsprache verbreitete sich vor allem in der Verwaltung. Freischaffende Literaten gab es nicht. Die Entwicklung von Literatur war eher ein Epiphänomen, praktiziert von Leuten, die wie in der deutschen Romantik einem Brotberuf nachgegangen sind. Größtenteils übten sie einen Beruf aus, der sie mit Schrift und Texten konfrontierte. Wahrscheinlich haben Notare oder Verwaltungsmitarbeiter irgendwann angefangen, mit Sprache zu experimentieren und Sprache in Ausbildungkontexten zu verankern.

Wie darf man sich so eine Ausbildung damals vorstellen?

Gzella: Wir können nur ein umrisshaftes Bild zeichnen. Es war ein gestuftes System. Man fing mit Übungen der Buchstaben an. Da gab es wie bei uns in der Grundschule Tafeln, nur eben aus Ton, mit den einzelnen Buchstaben des Alphabets. Die Schüler haben zum Üben der Zeichen Texte, Linien, Kreise gezeichnet, dann Listen von Namen wiederholt notiert. Namen waren in Formularen die wichtigste Variable. Bei Schuldscheinen etwa gab es einen Mustertext. Man musste nur Namen und Zahlen einfügen. Wir haben auch Rechenübungen gefunden, ebenso Musterbriefe. Fortgeschrittene Schüler studierten Texte mit literarischem Anspruch, indem sie diese abschrieben. Das waren Texte mit praktischen Lebensweisheiten. Etwa: „Hüte ein Geheimnis, achte auf deine Zunge, auch in Anwesenheit deiner Vorgesetzten, des Königs!“ Das sind beispielsweise Verhaltensregeln für den professionellen Kontext.

Das klingt wie ein praktischer Hinweis für die ganze Berufsgruppe.

Gzella: Ja, es gab eine Vorstellung, was einen guten Schreiber ausmacht. Diese Texte sind schon früh sprachlich ausgefeilt. Ich habe das mal gemessen, etwa die Satzlänge oder die unterordnenden Konjunktionen oder die Anzahl der verwendeten Synonyme gezählt. Mein Ergebnis: Man kann über statistische Methoden erkennen, dass es sich aufgrund der Komplexität um etwas handelt, was wir heute gehobene Sprache oder Literatur nennen würden. Diese hat sich in Ausbildungskontexten entwickelt. Eine Ausbildung ist immer mehr als das, was man in der Praxis brauchte. Sie vermittelte Unabhängigkeit, Reflexionsvermögen und ein Gespür für das, was die Belange des Alltags übersteigt.

Irgendwann wurde die aramäische Schrift auch für religiöse Texte genutzt. Gab es einen inhaltlichen Auslöser für diese neue Art der religiösen Literatur auf Aramäisch?

Gzella: Die Entwicklung religiöser Literaturen auch in aramäischer Sprache war eine Reaktion auf Krisenzeiten, das war Widerstandsliteratur. Es gab diese Spannung von globalen Kulturen, imperialen Sprachen und regionalen Verschiedenheiten. Widerstandsliteraturen entstanden im Schatten der Imperien. Das ist auch relevant, um die Welt von heute zu verstehen. Die Infrastruktur von Religionen, also die Schaffung zum Beispiel von Institutionen, Schulen, Klöstern, Ausbildungszentren, von Lehrprogrammen, religiösen Literaturen, Bibelübersetzungen, Bibelkommentaren, liturgischen Texten, Chroniken, ist auch eine Reaktion auf Krisen. Die biblische Literatur, wie wir sie kennen, war eine Reaktion auf die Eroberung Jerusalems, auf die Abschaffung des Königtums und des Tempels. Es entstand eine dezentrale Religion, die sich in Texten eine Gegenwelt geschaffen hat, in der dann der Tempel und das Königtum in vergeistigter Form weiter existierten.

Können Sie das mal konkret für das Aramäische erklären?

Gzella: Im Fall des Aramäischen ist das an den aramäischen Texten des Alten Testaments zu sehen. Nehmen Sie zum Beispiel den sprichwörtlichen Koloss auf tönernen Füßen, ein Traum eines Königs aus dem zweiten Kapitel des Buches Daniel. Er sieht eine Statue, also ein ganz traditionelles Herrschaftssymbol, die aus verschiedenen Metallen zusammengesetzt und daher instabil ist. Dann löst sich ein Stein, zerschlägt diese Statue und dieser Stein wächst dann zu einem weltumspannenden Berg. Das ist eine impressionistische Vision. Die Statue aus verschiedenen Metallen steht für die verschiedenen irdischen Reiche, und der Stein, der sie zerschlägt, ist das Gottesreich, das dann wächst. Die Autoren haben gängige Bilder gebraucht und transformiert.

Wie wichtig war die Schriftform für die Verbreitung des Christentums?

Gzella: Schriftform ist wichtig für einen bestimmten Typ Religion, der sich zuerst in der jüdischen Tradition entwickelt, nämlich der religiösen Schriftkultur. Es sind Religionen, deren Wissen in Texten weitergegeben wird. Diese Texte bilden feste Sammlungen, es sind also kanonische Texte, und es entsteht eine Auslegungskultur. Das sind dann im Christentum die Klöster und die Schulen für den Klerus, auch die Verwaltungen der Bistümer. So entstand ab dem 3. Jahrhundert nach Christus ein ganz neuer Typ Religion, der untrennbar mit aramäischen Texten verbunden war. Es entstand der Typ der religiösen Autorität, der eine intime Kenntnis von Texten hat, der weiß, was Dinge bedeuten, wo sie stehen. Den gab es davor nicht, er ist verbunden mit Schrifttum und Schriftauslegung. Diese Verzahnung von religiösen Texten, ihre Weitergabe und immer neue Aktualisierung, das ist ein neuer Typ Religion, den es in der klassischen Antike und im alten Orient so nicht gegeben hat.

Frühmoderne Bibelwissenschaft

Im Bild zu sehen ist der Beginn des handschriftlichen syrisch-aramäischen Wörterbuches von Moses von Mardin mit lateinischen und arabischen Übersetzungen. Andreas Masius, ein europäischer Schüler des Moses von Mardin, gab einige Jahre später das erste gedruckte syrisch-lateinische Wörterbuch überhaupt heraus. Solche Wörterbücher entwickelten sich in der Folgezeit zu grundlegenden Hilfsmitteln der frühmodernen Bibelwissenschaft und gaben sowohl den orientalischen Sprachstudien als auch der vergleichenden Sprachwissenschaft insgesamt wesentliche Anstöße.

© BSB

Aufgezeichnet wird es oder wurde das Aramäische ja in der Konsonantenschrift, die Vokale wurden nicht geschrieben. Wie erarbeitet man sich dann, wie die Sprache klang?

Gzella: Das ist ein technischer Leistungssport. Im Wesentlichen hat man drei Quellen. Es gibt zum einen Markierungen langer Vokale. Lange Vokale wie das lange I oder U sind angedeutet, auch das lange A am Ende des Wortes. Das ist die beste Quelle, weil die Schrift selbst das aufzeichnet. Als Zweites haben wir aus späterer Zeit Vokalisierungen, die im religiösen Bereich entstanden sind, vermutlich um die Aussprache etwa in Gottesdiensten festzulegen. Das findet sich für die hebräische Bibel, für christlich-syrische Texte des Neuen Testaments und auch im Koran. Eine dritte Quelle sind Transkriptionen, etwa von aramäischen Texten in griechische Schrift.

Warum verlor diese Sprache so an Bedeutung, von einer vom Mittelmeerraum über Europa bis Indien verbreiteten Sprache zu einer, die kaum noch gesprochen wird?

Gzella: Oft entsteht an der Peripherie globaler Kulturen etwas Neues, sei es beim persischen Weltreich oder beim römischen Reich. Im Fall des Aramäischen war es das Arabische. Als gesprochene Sprache existierte das Arabische schon länger, hat aber erst zwischen dem vierten und sechsten Jahrhundert nach Christus unter aramäischem Einfluss eine Schriftform bekommen. Man hat Buchstaben entwickelt, eigene Schreibregeln, die großenteils aramäischen Modellen nachgebildet sind.

Gibt es heute noch Menschen, die Aramäisch sprechen?

Gzella: Ja, überall auf der Welt, in Diaspora-Gemeinschaften, gesprochen von den Nachfahren von Leuten, die schon im späten 19. Jahrhundert ausgewandert sind, dann im Zuge des Ersten Weltkriegs und des Völkermords an aramäischsprachigen Christen und vor allem in Europa ab der Mitte des 20. Jahrhunderts durch Gastarbeiter und in neuerer Zeit durch Flüchtlinge aus den Bürgerkriegen. Es gibt auch in Baden-Württemberg oder Bayern größere Gemeinden, zum Beispiel in Augsburg.

Sind Sie da mal zu Besuch gewesen, um zu hören, wie die Sprache heute klingt?

Gzella: Ich werde immer mal wieder von aramäischsprachigen Gemeinden eingeladen, um darüber zu sprechen, auch weil sich die Menschen heute verstärkt mit der Sprache identifizieren. Wenn sie merken, dass die eigene Sprache im Altertum Weltsprache war, gewinnt die eigene Kultur Anerkennung.

Interview: Hubert Filser

Holger Gzella in seinem Büro | © Stephan Hoeck / LMU

Prof. Dr. Holger Gzella ist Inhaber des Lehrstuhls für Alttestamentliche Theologie an der LMU. Zuvor war er bis 2019 Ordinarius für Hebräisch und Aramäisch an der Universität Leiden, Niederlande. Von ihm erschien „Aramäisch. Weltsprache des Altertums“ im Verlag C.H.Beck.

Am 15. November 2023 ist Prof. Holger Gzella gemeinsam mit Beate Kellner, Professorin für Germanistische Mediävistik an der LMU, am Center for Advanced Studies der LMU, Seestr. 13, zu sehen, im Rahmen des „CAS Showcase: Cross-Cultural Philology. Ein neuer Ansatz in den Geisteswissenschaften". Beginn ist um 18.30 Uhr.

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