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Die Logistik der Zelle

08.10.2015

Eine neue DFG-Forschergruppe untersucht, wie das Boten-Molekül mRNA mithilfe von Transportproteinen an seine Zielorte in der Zelle transportiert wird.

Alle Lebensvorgänge in der Zelle hängen davon ab, dass die in der DNA gespeicherte genetische Information abgelesen und von dem Boten-Molekül mRNA aus dem Zellkern ins Zellinnere gebracht wird. Dort werden diese Informationen in die jeweils benötigten Proteine übersetzt – und zwar möglichst gleich an deren künftigem Einsatzort. Wie die mRNA zum richtigen Ziel transportiert wird, steht im Fokus der neuen Forschergruppe „Makromolekulare Komplexe in der mRNA Lokalisation“, deren Sprecher Professor Dierk Niessing vom Biomedizinischen Centrum der LMU ist. Der neue interdisziplinäre Forschungsverbund wird von der DFG in einer ersten Förderperiode mit rund zwei Millionen Euro gefördert.

Komplexe Transportmaschinen

Zelluläre Frachten wie die mRNA werden mithilfe von molekularen Transportmaschinen befördert, die aus Motorproteinen und zahlreichen Hilfsfaktoren bestehen und große Komplexe bilden. Die Motorproteine nutzen lange Zytoskelett-Stränge – sogenannte Mikrotubuli oder Mikrofilamente – als Transportweg, auf denen sie wie auf Eisenbahnschienen entlang fahren. Oft müssen sie dabei weite Strecken innerhalb der Zelle zurücklegen: Nervenzellen beispielsweise bilden sehr lange Nervenfortsätze aus, sogenannte Axone, die weit vom Zellkern entfernt liegen und deren Aktivität bei der Reizübertragung von bestimmten mRNAs abhängt.

„Der mRNA-Transport wird von zahlreichen Komponenten reguliert. Über deren Zusammenspiel zur Steuerung dieser essenziellen Prozesse ist noch viel zu wenig bekannt“, sagt Niessing. Die Wissenschaftler wollen nun zum ersten Mal alle Komponenten der Transportkomplexe auf molekularer Ebene betrachten und deren Struktur und Funktion analysieren – und zwar für verschiedene Modellorganismen von der Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae über einen filamentösen Pilz und die Fruchtfliege Drosophila bis zur Maus. „Die Gruppe bietet hierfür ein exzellentes Umfeld, da sie Experten aus unterschiedlichen Disziplinen wie Zellbiologie, Strukturbiologie und Bioinformatik zusammenbringt und so einen systemischen Ansatz ermöglicht“, betont Niessing.

Drei LMU-Projekte

LMU-Wissenschaftler führen im Rahmen der neuen Forschergruppe drei Projekte durch: In einer langjährigen Kooperation mit Professor Ralf Jansen (Universität Tübingen), dem Co-Sprecher der neuen Forschergruppe, konnte Niessing für die Bäckerhefe zeigen, wie sich ein Myosin-Motorprotein mit verschiedenen Bindungs- und Adapterproteinen zu einem aktiven mRNA-Transportkomplex zusammenbaut. Diesen Transportkomplex wird Niessing nun mit seinem Team weiter untersuchen. Zwei weitere LMU-Projekte werden im Rahmen der neuen Forschergruppe den mRNA-Transport in Nervenzellen untersuchen. Diese Teams werden geleitet von Dierk Niessing und von Professor Michael Kiebler, dem Leiter des Instituts für Zellbiologie am Biomedizinischen Centrum der LMU.

Die DFG ermöglicht mit der Förderung von Forschergruppen, dass sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aktuellen Fragen ihres Fachgebiets widmen und innovative Arbeitsrichtungen etablieren können. An der neuen Forschergruppe sind neben Wissenschaftlern der LMU auch Forscher der Universitäten Tübingen, Frankfurt und Düsseldorf sowie des Max-Planck-Instituts für Entwicklungsbiologie in Tübingen und des European Molecular Biology Laboratory (EMBL) in Heidelberg beteiligt.

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