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Die Mitten der islamischen Welt

11.05.2023

Ein neues LMU-Zentrum bündelt die Forschung und Lehre zur islamisch geprägten Welt in München und bringt verschiedene Fachrichtungen und Institutionen zusammen.

Šāhnāma (Persisches Königsbuch)

Šāhnāma (Persisches Königsbuch) | © Foto: Bayerische Staatsbibliothek

Das ehemalige Zentrum für Islamstudien wurde 2023 als Münchner Mittelost-Mittelmeer-Mittelasien-Zentrum (4MZ) neu gegründet. Die islamisch geprägte Welt ist ein ganzer Kosmos, der nicht nur aus einer Religion besteht, sondern auch Kunst und Philosophie, eine lange und komplexe Geschichte sowie verschiedene Kulturen, Sprachen, Ethnien und Völker umfasst. Um dieser Vielfalt gerecht zu werden, verknüpft das Münchner Mittelost-Mittelmeer-Mittelasien-Zentrum (4MZ) verschiedene Fachbereiche, die in der ein oder anderen Weise mit der Welt des Islam verbunden sind.

Andreas Kaplony ist Professor für Arabistik und Islamwissenschaft am Institut für den Nahen und Mittleren Osten der LMU und Sprecher des neuen Zentrums. Er erklärt auch, warum deshalb das Wort „Islam“ im neuen Namen nicht mehr vorkommt: „Früher wurde der Begriff noch breiter interpretiert. Man assoziierte ihn nicht nur mit der Religion, sondern mit der ganzen islamischen Welt.“ Doch in den letzten Jahren habe sich die öffentliche Wahrnehmung geändert. Heute sei „Islam“ für viele hauptsächlich religiös konnotiert. Die Forschung an der LMU sieht das Thema aber viel breiter und diverser.

Islam verstehen

„Im Prinzip haben wir in München schon lange diesen Ansatz verfolgt“, meint Andreas Kaplony. „Allerdings hat sich in den letzten Jahren die fächerübergreifende Zusammenarbeit deutlich intensiviert.“ Impulsgeber dafür waren die vielen geflüchteten Menschen aus Syrien, die ab 2015 in Deutschland ankamen. Die Ereignisse damals warfen in der Bevölkerung Fragen rund um das Thema Islam auf. „Was ist eigentlich Islam?“, „Was ist die islamische Welt?“ und auch die berüchtigte und politisch aufgeladene Frage: „Gehört der Islam zu Deutschland?“

Als Reaktion auf diese Unsicherheiten wollte man an der LMU ein Angebot machen. Die Winter-Vortragsreihe „Basiswissen Islam“ wurde ins Leben gerufen und machte die Öffentlichkeit mit der islamisch geprägten Welt vertraut. Darüber hinaus verstärkten die einzelnen Lehrstühle ihre Zusammenarbeit, die nun in Form des 4MZ offiziell gemacht wurde.

Zwei heilige Zentren des Islam: Medina und Mekka

Zwei heilige Zentren des Islam: Medina und Mekka

© Foto: Bayerische Staatsbibliothek

Über Grenzen hinweg denken

Wandteppich aus dem Museum Fünf Kontinente

Wandteppich aus dem Museum Fünf Kontinente | © Foto: Nicolai Kästner

Die Grundidee: das Thema umfassend, mit allen Aspekten und Verflechtungen innerhalb der islamischen Welt behandeln und auch über deren Ränder hinausdenken. Zum Beispiel die Verbindungen zu Judentum und Christentum mitbetrachten. Auch geografisch ist das Thema weit gefasst, wie die drei „Mitten“ (Mittelost, Mittelmeer und Mittelasien) des 4MZ deutlich machen. Über die Regionen des Islam im Nahen und Mittleren Osten hinaus nehmen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Zentrum auch die wichtigen Räume in Afrika, Indien und Mittelasien in den Blick.

Durch die Kooperation der Mitglieder des Münchner Mittelost-Mittelmeer-Mittelasien-Zentrums steht Studierenden in München ein ungewöhnlich breites Lehrangebot zur Verfügung. Die beteiligten Fachbereiche arbeiten in der Lehre zusammen und bieten ein gemeinsames Vorlesungsverzeichnis an. Auch gemeinsame Veranstaltungsformate gibt es, wie die jährlich stattfindende Sommer-Vorlesungsreihe „Kulturen des Islam: aktuelle Forschung“.

Den Kern des neuen Zentrums bilden vier Professuren am Institut für den Nahen und Mittleren Osten: Arabistik und Islamwissenschaften, Judaistik, Türkische Studien und Iranistik. Hinzu kommen Kooperationen mit anderen Fachbereichen der LMU, in deren Forschung die islamische Welt eine Rolle spielt: Phonetik und Sprachverarbeitung, Philosophie, Kunstgeschichte, Ägyptologie und Koptologie, Jüdische Geschichte und Kultur und sogar Kirchenrecht. Auch Partner außerhalb der LMU sind beteiligt: das Institut für Kulturwissenschaft der Universität der Bundeswehr, die Bayerische Akademie der Wissenschaften, das Museum Fünf Kontinente und die Bayerische Staatsbibliothek, die mit ihren Beständen zu den besten Islamica-Bibliotheken Europas zählt.

„Wir freuen uns sehr, dass die langjährige und herausragende interdisziplinäre Zusammenarbeit in diesem Feld nun im Münchner Mittelost-Mittelmeer-Mittelasien-Zentrum ein offizielles Zuhause bekommen hat“, sagt Kaplony.

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