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Die Viten des Giorgio Vasari

21.10.2015

Der Renaissance-Künstler Giorgio Vasari gilt als Begründer der Kunstgeschichte, da er die ersten Künstlerbiografien schrieb. In einem Forschungsprojekt unter LMU-Beteiligung wurde sein Werk neu aufgelegt.

Der italienische Maler Giorgio Vasari prägt unser Kunstverständnis der Renaissance bis heute. Er schrieb im 16. Jahrhundert die ersten Biografien und Werkbeschreibungen von Künstlern seiner Zeit. Insgesamt 162 Porträts enthalten die beiden Ausgaben von Vasaris Viten, die nun erstmals neu übersetzt und kommentiert wurden. Elf Jahre hat ein Team von Kunsthistorikern, zu denen Dr. Matteo Burioni vom Lehrstuhl für Allgemeine Kunstgeschichte der LMU zählt, an der Neu-Ausgabe gearbeitet. Geleitet wurde das Projekt von Professor Alessandro Nova, Direktor des Kunsthistorischen Instituts in Florenz. In diesem Herbst erscheint der letzte der 45 Bände. Zugleich werden alle bislang noch nicht veröffentlichten Viten elektronisch publiziert.

Giorgio Vasari wurde 1511 in der italienischen Stadt Arezzo geboren. Er war selbst Architekt und Maler am Hof der Medici. Heute gilt Vasari als Begründer der europäischen Kunstgeschichte, da er erstmals die Lebensläufe und Werke der berühmtesten Maler, Bildhauer und Architekten seiner Zeit geordnet und literarisch vorgestellt hat. „Vasari prägt das Schreiben über Kunst bis heute“, sagt Matteo Burioni. In der Kunstforschung ist er noch immer ein entscheidender Bezugspunkt.

Geschenk an die Welt

Mit seinem Werk gab Vasari Malern in der Kunst ihren Platz und ließ andere außen vor. „Von Vasari erwähnt zu werden, erhöhte die Chance, dass die Werke eines Künstlers überliefert wurden“, sagt Matteo Burioni. Von Raffael, von dem Vasari schwärmte, „die Natur gab ihm der Welt zum Geschenk“, sind beispielsweise so gut wie alle Werke erhalten. Es gab aber auch wichtige Künstler, die er nicht erwähnt hat. Dazu gehört beispielsweise der Bildhauer Benvenuto Cellini, dessen Autobiografie hunderte Jahre später von Goethe übersetzt wurde.

Vasari stellt in seinen Viten nicht nur das Werk dar, sondern gibt Einblick in die Lebens- und Arbeitsumstände sowie in die Beziehungen der Künstler zu Sammlern und Mäzenen. „Er hat wunderbare literarische Anekdoten verfasst, in denen er parabelhaft die Grundidee der Künstler darstellt“, sagt Burioni. Über den Maler Parmigianino schrieb er zum Beispiel: "Um die Feinheiten der Kunst zu ergründen, begann er darüber hinaus eines Tages, sich selbst zu malen, indem er sich in einem dieser halbrunden [i.e. konvexen] Barbierspiegel betrachtete. Als dabei jene bizarren Effekte sah, die die Wölbung des Spiegels hervorbringt, wodurch die Deckenbalken sich krümmen und biegen und die Türen und alle Gebäude auf seltsame Weise fluchten, bekam er aus einer seltsamen Laune heraus Lust, alles täuschend echt nachzuahmen. Also ließ er sich an der Drechselbank eine Holzkugel anfertigen, diese entzweiteilen, um sie halbrund und in ähnlicher Größe wie den Spiegel zu machen, und darauf begann er mit großer Kunstfertigkeit all das nachzuahmen, was er im Spiegel sah, und vor allem malte er sich selbst so naturgetreu, wie man es sich weder vorstellen noch denken kann."

"In seinen Porträts zeigte er auch das Künstlerdasein als gesteigerte Form des Lebens“, sagt Burioni. Damit prägt er bis heute unsere Vorstellung von einem Künstler und dem außergewöhnlichen Leben, das dieser führt.

In der neuen Ausgabe werden ausgewählte Viten Vasaris in einer neuen deutschen Übersetzung veröffentlicht. Jeder Band beginnt mit einer einleitenden Analyse, die die Vita in einen kunsthistorischen Zusammenhang stellt. In einem anschließenden umfangreichen Kommentar werden Kunstwerke und Persönlichkeiten, die Vasari erwähnt, erläutert sowie Parallelen zu anderen Viten gezogen.

Mehr zum Thema :

Kunsthistorisches Institut in Florenz: Deutsche Ausgabe der Vite Giorgio Vasaris

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