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Digitale Bilder im Spannungsfeld von Manipulation und Macht

12.11.2025

Zum Abschluss des DFG-Programms „Das digitale Bild“ diskutieren die beteiligten Forschenden, wie digitale Bilder, KI und autoritäre Strömungen zusammenhängen.

Vor dem Siegeszug der Künstlichen Intelligenz galten fotografische Bilder als manipulierbar, aber zugleich realitätsnah. Heute dagegen ist oft unklar, ob es überhaupt ein reales Originalfoto gibt. Bilder werden nicht nur digital aufbereitet und beliebig verändert, sondern zunehmend auch synthetisch und algorithmisch erzeugt und verbreitet. Sie werden immer mehr auch systematisch für politische Zwecke genutzt und erzielen enorme Reichweiten, vor allem über Social-Media-Plattformen. In der Regel werden diese Plattformen nicht von demokratischen Instanzen, sondern von Unternehmen kontrolliert.

Welche Rolle spielen digitale Bilder beim aktuellen tiefgreifenden Wandel der globalen politischen Ordnung? Diesem Thema widmet sich das durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Schwerpunktprogramm „Das digitale Bild“ unter Sprecherschaft von LMU und Philipps-Universität Marburg. Auf der Abschlusstagung tauschen sich die beteiligten Forschenden über die politische Dimension des digitalen Bildes unter den aktuellen Bedingungen dessen aus, was häufig als „autoritäre Wende“ bezeichnet wird. Denn digitale Bilder scheinen bei dieser Wende eine entscheidende Rolle zu spielen.

Rasanter Wandel durch Künstliche Intelligenz

„Bilder haben ein enormes Potenzial, Botschaften emotional zu übermitteln und aufzuladen, eine breite Öffentlichkeit zu manipulieren und damit zur Etablierung autoritärer Strukturen oder zur Konsolidierung von Macht beizutragen“, sagt Professor Hubert Locher, Sprecher der zweiten Phase des Schwerpunktprogramms und Direktor des Deutschen Dokumentationszentrums für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg (DDK) an der Philipps-Universität Marburg.

Die Thematisierung digitaler Bildmedien in ihrer politischen Funktion als Fokus der Tagung trägt auch der Entwicklung der vergangenen sechs Jahre Rechnung. Denn die Situation hat sich seit dem Start des Projekts im Dezember 2019 – noch vor der Corona-Pandemie – deutlich verändert.

„Während der Laufzeit des Programms ist nicht nur ein rasanter Wandel der digitalen Technologien zu beobachten – eine Entwicklung, die in dieser Dynamik nicht vorhersehbar war –, sondern gleichzeitig ein signifikanter Wandel der politischen Situation“, sagt Professor Hubertus Kohle, Sprecher der ersten Phase des Schwerpunktprogramms vom Institut für Kunstgeschichte der LMU.

Digitale Bilder und autoritäre Strömungen

Überwog zu Beginn des Projekts die Begeisterung für die produktiven und erkenntnisfördernden Aspekte neuer Technologien für digitale Bilder, macht sich inzwischen vielfach Ernüchterung breit. Denn gleichzeitig mit den gewaltigen Entwicklungssprüngen im Bereich der KI gibt es anhaltende Monopolisierungsbestrebungen der Big-Tech-Konzerne. Deren Auswirkungen auf die Wissenschaft seien noch kaum abschätzbar, konstatieren die Forschenden. Und in eigentümlicher Weise verbänden sich diese Konzentrationsprozesse mit dem bedenklichen Erfolg rechter bis rechtsextremer Populismusbewegungen in den USA, aber auch in vielen Ländern Europas.

Die Forschenden wollen deshalb der Frage nachgehen, inwiefern digitale Bilder in die Entstehung und Festigung autoritärer Regime verwickelt sind, wie sie in den Plattformökonomien der Gegenwart funktionieren und ob sie noch immer ein emanzipatorisches Potenzial haben.

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