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Ein menschliches Modell der Blut-Hirn-Schranke

18.12.2025

Forschende des LMU Klinikums konstruieren im Labor eine funktionierende menschliche Blut-Hirn-Schranke aus menschlichen Stammzellen, um damit Krankheitsprozesse zu untersuchen.

Das Gehirn ist ein besonderes Organ für unseren Körper und deshalb auch besonders schützenswert. In diesem Sinne verhindert die sogenannte Blut-Hirn-Schranke, dass potenziell schädliche Substanzen aus dem Blut ins Gehirn eindringen können. Störungen des Schutzwalls sind an der Entstehung wichtiger Hirnerkrankungen – wie Schlaganfall und Alzheimer – beteiligt.

Nun ist es Forschenden des LMU Klinikums um Professor Dominik Paquet und Professor Martin Dichgans vom Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung (ISD) gelungen, im Labor aus menschlichen Stammzellen eine funktionierende menschliche Blut-Hirn-Schranke zu konstruieren – und damit Krankheitsprozesse zu untersuchen. Die Ergebnisse der Wissenschaftler mit den Erstautorinnen Dr. Judit González-Gallego und Dr. Katalin Todorov-Völgyi wurden im Fachblatt Nature Neuroscience veröffentlicht.

Die Blut-Hirn-Schranke ist ein komplexes System mehrerer Zelltypen, darunter sind auch die hier abgebildeten glatten Muskelzellen. Die Forschenden wollen klären, welche Rolle Störungen der Blut-Hirn-Schranke bei neurologischen Erkrankungen spielen.

© LMU Klinikum / Dichgans

In den vergangenen Jahrzehnten erschienen Hunderte von Medikamentenwirkstoffen in Tierversuchen so vielversprechend, dass sie auch am Menschen in aufwendigen Studien, beispielsweise gegen die Alzheimer-Demenz, erprobt wurden. Doch nur einer wurde letztlich zur Behandlung der Patientinnen und Patienten zugelassen.

Allein diese bescheidene Quote belegt, wie dringend die Medikamentenentwicklung experimentelle Modelle braucht, die auf menschlichen Zellen beruhen und Effekte und Risiken möglicher neuer Wirkstoffe besser abbilden. Zusätzlich ist auch die Grundlagenforschung auf realistische Modelle angewiesen, um die genetischen und molekularen Grundlagen von Hirnerkrankungen wie Parkinson, Alzheimer oder Schlaganfall zu entschlüsseln.

Beteiligt an der Blut-Hirn-Schranke

Menschliche, aus Stammzellen abgeleitete Endothelzellen | © LMU Klinikum / Dichgans

Eine der offenen Fragen ist zum Beispiel, welche Rolle Störungen der Blut-Hirn-Schranke bei neurologischen Erkrankungen spielen. Diese ist ein komplexes System mehrerer Zelltypen, vor allem Endothelzellen der innersten Schicht der Blutgefäßwände, aber auch glatte Muskel- und Gliazellen.

Sie formen einerseits eine nahezu undurchdringbare passive Barriere und sorgen andererseits auch aktiv dafür, dass für das Gehirn wichtige Stoffe durchgelassen und potenziell gefährliche Stoffe aus dem Blut ausgeschlossen werden. „So schafft diese Schranke im Gehirn eine ganz bestimmte Umgebung, ohne die die Nervenzellen nicht reibungslos arbeiten könnten“, erklärt der Münchner Neurowissenschaftler Paquet.

2018 begann sein Team, ein Modell der Blut-Hirn-Schranke im Labor nachzubauen. Grundlage dafür bilden sogenannte induzierte pluripotente Stammzellen (iPS) des Menschen. Aus ihnen haben die Experten des Instituts für Schlaganfall- und Demenzforschung (ISD) alle nötigen Zelltypen für eine Blut-Hirn-Schranke hergestellt. Mit einigen Tricks der Molekular- und Zellbiologie haben es die Forschenden dann geschafft, dass sich diese Zellen in einer gelartigen Matrix auch zu einem funktionierenden dreidimensionalen Gewebe formen, das auf den mikroskopischen Bildern den Blutgefäßen im Gehirn sehr ähnlich ist.

„In enger Zusammenarbeit mit dem Labor von Martin Dichgans konnten wir auch zeigen, dass sich in diesem Modell Krankheitsprozesse erforschen lassen", so Paquet weiter. „Beispielsweise haben wir herausgefunden, dass die Blut-Hirn-Schranke nicht mehr richtig funktioniert, wenn in den Endothelzellen ein sogenanntes Risiko-Gen verändert ist, welches häufig bei Patienten mit Schlaganfällen auftritt“, sagt Dichgans.

Das experimentelle System steht jetzt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern weltweit zur Verfügung, wenn sie Forschungsfragen rund um die Blut-Hirn-Schranke beleuchten wollen. „Das System lässt sich in jedem Labor schnell innerhalb einiger Wochen etablieren“, sagt Paquet. Er hofft darauf, dass sich die Entwicklung neuer Therapien für neurologische Erkrankungen mit dem Modell aus München beschleunigen wird.

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