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ERC Grants: Zwei Forschungsprojekte der LMU ausgezeichnet

06.09.2022

Der Europäische Forschungsrat vergibt zwei sogenannte Proof of Concept Grants an Wissenschaftler der LMU. Erfolgreich waren Projekte aus Medizin und Computerlinguistik.

Der Mediziner Sebastian Kobold und der Computerlinguistiker Hinrich Schütze werden vom Europäischen Forschungsrat (ERC) bereits seit 2017 mit einem ERC Starting beziehungsweise Advanced Grant gefördert. Nun haben die beiden Forscher für ihre Projekte darauf aufbauend einen Proof of Concept Grant (PoC) erhalten. Mit dieser Förderung unterstützt der ERC Forscher dabei, ihre Ergebnisse aus der Forschung in die Praxis zu überführen. Die Fördersumme beträgt rund 150.000 Euro.

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Porträt von Professor Kobold, er lächelt, trägt ein Jacket sowie ein kariertes Hemd mit Krawatte

© LMU Klinikum

Prof. Dr. med. Sebastian Kobold ist Leiter der Arbeitsgruppe Immunpharmakologie und Stellvertretender Direktor der Abteilung für Klinische Pharmakologie am LMU Klinikum. Der Mediziner entwickelt Immuntherapien zur Behandlung von Krebserkrankungen.

Die akute myeloische Leukämie (AML) ist eine bösartige Erkrankung des blutbildenden Systems. Vor allem für Patienten, bei denen die Erstbehandlung versagt oder die danach einen Rückfall erleiden, ist die Prognose schlecht. Der Einsatz genetisch spezifisch modifizierter Immunzellen (CAR-T-Zellen) hat die Therapiemöglichkeiten bei verschiedenen Blutkrebsarten revolutioniert und könnte die Heilungschancen verbessern. Allerdings kann es zu schwerwiegenden Nebenwirkungen kommen. Auch bei der AML ist der Einsatz von CAR-T-Zellen derzeit mit gravierenden Nebenwirkungen verbunden, die die Dosierung und Wirksamkeit einschränken, da die verwendeten Zielstrukturen für AML-Zellen nur wenig spezifisch sind. Im Rahmen seiner mit einem ERC Starting Grant geförderten Forschung hat Kobold AML-spezifische Zielstrukturen identifiziert und chimäre Antigenrezeptoren (CAR) entwickelt, die an diese Zielstrukturen andocken und in T-Zellen integriert werden können. Im Rahmen seines Proof of Concept Projekts T2Lead (Define a lead candidate for clinical development of a novel T cell therapy) wird Kobold nun die geeignetsten CAR-Kandidaten identifizieren und deren medizinisches und kommerzielles Potenzial untersuchen, um ihren klinischen Einsatz voranzubringen.

Sebastian Kobold arbeitete nach seinem Medizinstudium in Bordeaux, Homburg und Zürich am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. 2010 wechselte er an das LMU Klinikum, wo er eine experimentelle Forschungsgruppe in der Abteilung für Klinische Pharmakologie aufbaute. Seit 2019 hat der Mediziner eine Professur für Experimentelle Immunonkologie an der LMU inne.

© WWW.FROMMEL.DE

Prof. Dr. Hinrich Schütze ist Inhaber des Lehrstuhls für Computerlinguistik und leitet das Centrum für Informations- und Sprachverarbeitung. Sein Forschungsschwerpunkt ist die maschinelle Verarbeitung von Sprache.

Hate Speech ist ein weltweites Phänomen, das im digitalen Raum zunehmend um sich greift. Technologieunternehmen gehen das Problem an, indem sie Inhalte mit Hilfe von Modellen des maschinellen Lernens filtern, die auf großen Datensätzen trainiert wurden. Auf die meisten Sprachen können diese Methoden mangels verfügbarer Trainingsdaten jedoch nicht angewendet werden. Da Hate Speech zudem in hohem Maße vom kulturellen Kontext abhängt, werden reaktionsfähige Klassifikatoren benötigt, die sich an das jeweilige Umfeld anpassen. Hinrich Schütze entwickelt Verfahren, mit denen Sprache besser analysiert werden kann. Die neue Förderung basiert auf bisherigen Ergebnissen seines mit einem ERC Advanced Grant geförderten Projekts zu mehrsprachigen Repräsentationsmodellen in ressourcenarmen Umgebungen, für die wenig Trainingsdaten verfügbar sind. Im Rahmen des Proof of Concept Projekts Respond2Hate (Responsive classifiers against hate speech in low-resource settings) zielt Schütze auf die Entwicklung einer Pilot-Browsererweiterung ab, die es den Nutzern ermöglicht, hasserfüllte Inhalte selbst aus ihren Social-Media-Feeds zu entfernen – auch in Ländern, die in derzeitigen Trainingsdatensätzen wenig repräsentiert sind. Dazu wird er von ihm entwickelte anpassungsfähige Modelle, die sich durch linguistische Datenverarbeitung und Deep Learning Methoden kontinuierlich verbessern, für die Filterung von Hate Speech validieren.

Hinrich Schütze promovierte in Computational Linguistics an der Stanford University in Kalifornien, USA. Anschließend arbeitete er fünf Jahre am Xerox Palo Alto Research Center und weitere fünf Jahre im Silicon Valley bei Suchmaschinen- sowie Textminingunternehmen. 2004 übernahm Schütze eine Professur für Computerlinguistik in Stuttgart, bevor er 2013 an die LMU wechselte.

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