News

Feintuning für die Körperabwehr

12.12.2017

Wie das Protein Roquin Immunreaktionen moduliert: LMU-Wissenschaftler haben die komplexen Mechanismen aufgeklärt, mit denen es die Arbeit regulatorischer Immunzellen steuert.

Das RNA-Bindeprotein Roquin spielt bei der Regulation des Immunsystems eine zentrale Rolle. Es steuert die Aktivierung und Differenzierung von T-Zellen und verhindert überschießende Immunreaktionen. Ohne Roquin kommt es zu Autoimmun- bzw. autoinflammatorischen Erkrankungen. Für ein besseres Verständnis dieser Krankheiten ist eine detaillierte Aufklärung der Roquin-Funktionen wichtig. Der LMU-Immunologe Vigo Heissmeyer hat nun mit seinem Team Roquin in einem bestimmten T-Zelltyp ausgeschaltet und konnte damit die komplexen Steuerungsmechanismen weiter offenlegen. Über Ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin Immunity.

In Zusammenarbeit mit Partnern an der LMU, am Helmholtz Zentrum München, an der Universität Basel und am Helmholtz Zentrum in Braunschweig untersuchten die Wissenschaftler eine Mauslinie, in der Roquin ausschließlich in den sogenannten regulatorischen T-Zellen (Treg), einer T-Zell-Untergruppe, ausgeschaltet ist. „Dabei zeigte sich überraschenderweise, dass die T-Zell-Aktivierung fast genau so stark ist, wie wenn Roquin in allen T-Zellen ausgeschaltet wird“, sagt Heissmeyer. „Der Anteil der Tregs an diesem Effekt ist also sehr groß.“ Regulatorische T-Zellen haben die Aufgabe, die Immunreaktion zu dämpfen. Einerseits unterdrücken sie die Aktivierung noch ruhender sogenannter naiver T-Zellen, andererseits reprimieren sie die Funktion von aktivierten T-Zellen wie z.B. im Follikel des Lymphknotens, wo sie die B-Zellhilfe von T-Zellen in der Produktion von Antikörpern hemmen. Für letztere Funktion differenziert ein gewisser Anteil der Tregs zu sogenannten follikulären regulatorischen T-Zellen (Tfr), die physisch in die Keimzentren der Follikel des Lymphknotens einwandern. „Ohne Roquin läuft diese Differenzierung sehr stark in eine Richtung. Es entstehen übermäßig viele Tfr-Zellen. Dadurch kommt es zu einer funktionellen Verengung des Tregs-Programms, die Tregs können ihre anderen Aufgaben nicht ausreichend erfüllen“, sagt Heissmeyer. Schon die Lokalisation der Tfr-Zellen im Keimzentrum verhindert nach Ansicht der Wissenschaftler, dass diese Zellen als Inhibitoren für naive T-Zellen wirksam werden. Deswegen können die naiven Zellen stärker aktiviert werden und sich in T-Helferzellen differenzieren, die dann andere, B-Zell-unabhängige Immunreaktionen vorantreiben.

Wenn Roquin fehlt, greift dies, was die Tregs angeht, also auf zwei Weisen in die Steuerung der Immunreaktion ein: Die Hemmung in der Aktivierung von naiven T-Zellen ist vermindert, wodurch bestimmte Immunreaktionen verstärkt werden, die Antikörperproduktion in den Lymphfollikeln dagegen wird nach Ansicht der Wissenschaftler eher effektiver gehemmt. „Auf dieser zellulären Basis haben wir die molekularen Mechanismen der Roquinfunktion untersucht und konnten durch genomweite Expressionsanalysen nachweisen, dass Roquin einen für Zellen essenziellen Signalweg an mehreren Stellen inhibiert und damit auf äußerst komplexe Weise gleichzeitig in verschiedenen Zellen die Immunreaktion moduliert“, sagt Katharina Essig, Erstautorin der Studie. Die neuen Erkenntnisse können nach Ansicht der Wissenschaftler nicht nur erklären, wie Roquin überschießende Immunantworten verhindert, sondern sie eröffnen darüberhinaus auch neue Perspektiven, wie über die Regulation von Roquin zukünftig Erkrankungen mit zentraler Beteiligung des erworbenen Immunsystems moduliert werden könnten.Immunity 2017

Wonach suchen Sie?